Die Macht der ewigen Liebe
Jahr hatte ich mir nicht vorstellen können, dass jemand sein Leben für mich aufs Spiel setzen würde. Ich liebte diese Menschen.
Als hätte er meine Gedanken gehört, flackerte in Gabriels Augen kurz Wärme auf, doch der Funke erlosch sofort wieder.
»Meinen Standpunkt kennt ihr sowieso«, setzte Lucy hinzu.
»Also warten wir auf Seamus«, sagte Asher, und um den Tisch herum war zustimmendes Gemurmel zu hören.
Darauf gingen wir verschiedene Möglichkeiten durch, wie wir uns effektiver wappnen konnten, falls Seamus sich doch als Feind entpuppte. Gabriel nutzte das als Ausrede, um sich mit den Worten davonzumachen, er wolle mal schnell durch die Nachbarschaft patrouillieren, um sich zu vergewissern, dass die O’Malleys die Einzigen waren, die uns beobachteten, und dass sie uns nicht einkreisten.
Er verließ den Raum, ohne mich auch nur einmal anzusehen oder in Ashers Richtung zu blicken, und ich fragte mich, welche Unterhaltungen während meiner Abwesenheit geführt worden waren. Hatten sie sich in die Haare bekommen?
Schließlich forderte der lange Tag von allen seinen Tribut. Erin war die Erste, die Gute Nacht sagte, kurz darauf folgten Lucy und Lottie. Asher und ich waren plötzlich allein. Er mied meinen Blick mit demselben alten Schuldbewusstsein, und ich schätzte, es bedrückte ihn, dass ich in seiner Gegenwart entführt worden war. Genau wie er es befürchtet hatte: Er war nicht imstande gewesen, mich zu beschützen. Schade, dass es so gekommen war, wo wir uns doch in den Minuten, bevor Seamus’ Männer aufgetaucht waren, endlich ausgesprochen und ausgesöhnt hatten.
Ich nestelte am Rand meiner Serviette herum. »Wie geht’s deinem Kopf?«
Mit düsterer Miene berührte er seine Stirn. Sie mussten ihm einen ganz schönen Schlag versetzt haben, auch wenn nichts mehr davon zu sehen war. »Geht schon wieder. Als die anderen mich auf dem Bürgersteig gefunden haben, hat Erin mich geheilt.«
Ich lächelte boshaft. »Vielleicht freut’s dich zu hören, dass ich Seamus gezeigt habe, was ich davon halte, dass er dich verletzt hat.«
»Was hast du gemacht?«, fragte Asher argwöhnisch.
»Sagen wir’s mal so: Seamus und seine Männer werden von nun an Messer und Gabel in meiner Nähe meiden.«
Meine Bemerkung verwirrte ihn, aber er lachte. »Du überraschst mich immer wieder. Wann immer ich denke, ich würde dich kennen, tust du etwas, das mich davon überzeugt, dass ich nicht die leiseste Ahnung von dir habe.« Er stand auf und schob seinen Stuhl zurück, während ich den Tisch abräumte.
»Remy?«
Ich sah auf und entdeckte, dass er mich mit schmerzverzerrter Miene ansah. Er umklammerte die Stuhllehne so fest, dass sämtliche Farbe aus seinen Fingerknöcheln wich.
»Du solltest wissen …« Er mahlte mit dem Kiefer, als fiele es ihm schwer zu sprechen. »Ich habe Gabriels Gesicht gesehen, als ihm aufging, dass sie dich mitgenommen hatten. So eine Miene habe ich an ihm nicht mehr gesehen seit …« Er verstummte und atmete schwer. »… seit Sam und unsere Eltern ums Leben kamen.« Als ich zu sprechen versuchte, bedachte Asher mich mit einem so zornigen Funkeln, dass ich den Mund gleich wieder zuklappte. Er räusperte sich. »Mein Bruder ist der beste Mensch, den ich kenne. Die einzige Person, die deiner würdig ist. Ich liebe dich, und es wird mich umbringen, euch beide zusammen zu sehen, aber ich werde mich nicht zwischen euch stellen. Wenn es das ist, was er sich wünscht, dann solltest du mit ihm zusammen sein. Sei glücklich, mo cridhe. Du verdienst es.«
Damit machte er auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.
Ich weiß nicht, wie lange ich allein dasaß und weinte, bevor ich mich in mein Zimmer schleppte. Ich wurde aus den unzähligen Gefühlen nicht schlau, mit denen mein Herz zu kämpfen hatte. Asher war meine erste Liebe, und ich trauerte um uns und um das, was hätte sein können. Unsere Freundschaft musste sich verändern, und das machte mich traurig. Ich sorgte mich, wie sich das Verhältnis zwischen Asher und Gabriel entwickeln würde. Dass ich Asher Schmerzen verursachte, obwohl ich ihn noch liebte, wenn auch anders als zuvor,tat mir leid. Und an vorderster Stelle stand meine Hoffnung, dass die Sache zwischen Gabriel und mir etwas Richtiges sein könnte und all den Kummer wert war, den wir seinem Bruder bereiteten. Vielleicht stellte sich Gabriel dieselben Fragen und war mir deshalb den ganzen Abend aus dem Weg gegangen. Was ich wusste, war, dass ich mich vorwärtsbewegen und
Weitere Kostenlose Bücher