Die Macht der Macht
Zusätzlich gelten kulturelle Normen. Auch berufliche Situationen verlangen von uns häufig die bewusste Kontrolle unserer Körpersprache. Verhandlungen sind meist nicht immer der geeignete Rahmen, um Gefühle zu zeigen. Frauen dürfen in unserer Kultur emotionaler sein als Männer, aber auch dafür gibt es relativ enge Grenzen. Wir spüren dann Unwohlsein, wenn Emotionen zu hemmungslos gezeigt werden; ein Zuviel an Ärger über Kleinigkeiten gilt als kindisch, unerwachsen oder übertrieben. Und was zu viel ist oder eine Kleinigkeit, bestimmen wir gerne für andere – oder die anderen für uns.
Körpersprache können wir nicht eins zu eins interpretieren. Jede Übersetzung von Körpersprache ist eine Interpretation, die Signale sind immer in Zusammenhang mit anderen Faktoren wie beispielsweise dem kulturellen Hintergrund oder der konkreten Situation zu sehen. Zu Fehlern in der Auslegung führt häufig die Konzentration auf einzelne Elemente, z.B. nur auf den Gesichtsausdruck. Körpersprache ist grundlegender, unmittelbarer und damit schwieriger zu manipulieren als die gesprochene Sprache.
Manche können diese Signale sehr geschickt und bewusst einsetzen. Sind Sie dieser Manipulation hilflos ausgeliefert? Nein! Zumindest Hinweise auf bewusst eingesetzte Täuschung gibt es. Anzeichen sind Brüche im Verhaltensmuster. Passen zum Beispiel Körperhaltung und Inhalt nicht zusammen, wird etwa die Versicherung ungeteilter Wertschätzung mit einer leichten Vergrößerung der räumlichen Distanz verbunden, dann schließenwir auf Unwahrheiten in der Aussage. Im Falle eines Zweifels dominiert die Aussage der Körpersprache unsere Wahrnehmung. Ähnlich wirken Brüche in den Mikroemotionen, das heißt, dass die Bewegungen und der Inhalt nicht parallel erfolgen, beispielsweise wenn ein Lächeln um Sekundenbruchteile zu spät einsetzt. Um derartige Täuschungen erkennen zu können, müssen Sie sich sehr auf Ihren Gesprächspartner konzentrieren. Je mehr Aufmerksamkeit Sie anderen widmen, umso besser können Sie solche Signale wahrnehmen.
An amerikanischen Flughäfen patrouillieren inzwischen Behaviour Detection Officers. Ihren Job haben sie dem in der Zwischenzeit verstorbenen Osama Bin Laden zu verdanken – und der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde TSA. Die Offiziere sind darin ausgebildet, anhand körperlicher Merkmale potenzielle Terroristen zu identifizieren. Paul Ekman, der Nestor der psychologischen Erforschung menschlicher Emotionen, behauptet, tatsächlich erkennen zu können, ob jemand lügt oder etwas zu verbergen habe. Ernsthaft forschende Kollegen allerdings bezweifeln diese vollmundige Behauptung. Ebenso kommt Paul Ekman selber in seinem Buch Telling Lies zu der Aussage: »Although micro expressions always show concealed emotions, there are two important cautions. First, there is no way to know from the micro expression whether the concealment is deliberate and whether the person showing the expression truly does not know how he or she is feeling. Second, a concealed emotion does not in itself prove that the person already has committed or intends to commit an offense.« (S. 356).
Ein anderes Beispiel für die Schwierigkeit entsprechender Rückschlüsse sind die Befunde des Polygraphen – des Lügendetektors. Alle Experten, auch die seriösen Anwender des Geräts, sind sich darin einig, dass die Erregung einer Person damit verlässlich gemessen werden kann. Ich messe in solchen Situationen allerdings nur, ob jemandangespannt ist – dafür kann es aber eine Reihe von Gründen geben, von tatsächlicher Schuld über die Irritation aufgrund des Vorwurfs bis zur Erregung über Gewaltakte wie Terrorismus oder Mord an sich.
Lässt man erfahrene Menschen wie Polizeibeamte, Staatsanwälte oder Richter den Wahrheitsgehalt von Zeugenaussagen beurteilen, so entspricht auch ihre Trefferquote in der Regel dem Zufall. Erfahrene Ermittler sind sich ihrer Sache sehr sicher, sehr viel mehr als durchschnittliche Bürger, mit ihrem Urteil liegen sie aber genauso oft daneben.
Nützlicher für Sie ist es, wenn Sie daran arbeiten, Ihre Körpersprache gezielt einzusetzen. Sie vermitteln damit Botschaften, unterstreichen Ihre Aussagen und schützen sich gegebenenfalls vor Missverständnissen. Körpersprache kann – in einem gewissen Rahmen – eingeübt und kontrolliert werden, Training kann für die Kommunikation sensibilisieren und die Kommunikation deutlich erleichtern. Ihr Sozialverhalten verbessert sich, wenn Sie für
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