Die Macht der Macht
Beeinflussung werden weit überschätzt. Wenn wir uns wohl fühlen und den Gesprächspartner sympathisch finden, halten wir eine Botschaft für glaubwürdiger.
»Es ist keine Frage, dass es weniger attraktive Menschen in unserer Gesellschaft schwerer haben, in allen Bereichen«, sekundiert Frank Naumann, Berliner Autor und Kommunikationstheoretiker. Schöne Menschen gelten als intelligenter und sozial kompetenter. Sonja Bischoff, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg, ergänzt: »Nur mit Wissen kann niemand eine besondere Ausstrahlung erhalten, die heutzutage vor allem für Führungskräfte ausgesprochen wichtig ist.« In einer Langzeitstudie untersuchte sie die Bedeutung des Aussehens als wichtige Determinante bei der Einstellung von Personal. Stuften das Aussehen 1986 lediglich sieben Prozent als wichtig ein, sind es 2003 bereits 28 Prozent. Schöne Menschen sind demnach selbstbewusster und wirken zielstrebiger. Karl Bosshard von der Kienbaum Personalberatung stellt fest: »Massives Übergewicht kann die Karriere bremsen.« Ein straffer Bauch symbolisiert eben: »Ich esse nicht, ich arbeite.« Auch Erika Otto von der SCS Personalberatung meint: »Weniger attraktive Menschen haben es auf jeden Fall schwerer, innerhalb eines Unternehmens aufzusteigen.«
Daniel S. Hamermesh, Sue Killam Professor an der Universität von Texas und Professor für Wirtschaftsökonomie an der Universität von Maastricht, hat eine umfangreiche Studie mit vielen Sekundäranalysen einschlägiger Untersuchungen durchgeführt. Sein eindeutiges Fazit spiegelt sich in dem Buchtitel Beauty Pays wider. Er zeigt, dass attraktive Menschen bei Einstellungen bevorzugt werden, dass Sie bessere Arbeitsergebnisse attestiert bekommen und besser bezahlt werden.
Auch bei Politikern entscheidet Attraktivität oft über den Wahlerfolg – vor allem bei Politneulingen. Eine ganze Reihe wissenschaftlicher Studien belegt: Wer besser aussieht, bekommt bei Wahlen mehr Stimmen. Ob Österreich, USA, Finnland oder Frankreich: Überall, wo Wissenschaftler die Attraktivität von Kandidaten mit ihren Wahlerfolgen verglichen, stießen sie auf diesen Zusammenhang. »Schönheit liegt nicht im Auge des Betrachters«, betont Marcus Klein, Professor für Politische Soziologie an der Universität Hannover. Überall werden dieselben Menschen als schön angesehen. In der Politik profitieren die Attraktiven, weil Wähler ein makelloses Äußeres mit Kompetenz und Durchsetzungsfähigkeit verbinden.
Bernd Guggenberger lehrt als Professor für politische Wissenschaften an der Freien Universität Berlin. Er bringt den Sachverhalt auf eine einfache Formel: »Schönheit ist Macht.« Verglichen mit der Realität sind im Fernsehen schöne Menschen um den Faktor zwölf überrepräsentiert. Darum wird auch in der Politik Schönheit ein immer wichtigerer Faktor. Wir orientieren uns an den gewohnten Bilderwelten. Den zweiten wichtigen Grund sieht Bernd Guggenberger darin, dass wir in einer für den Betrachter zunehmend komplexen und unübersichtlichen Welt leben. Wir suchen daher nach klaren und einfachen Regeln. Statt viel Zeit zu investieren, um sich ein umfassendes Bild von der Position eines Kandidaten zu machen, orientiert sich die Mehrheit der Wähler an wenigen hervorstechenden Merkmalen. Schönheit reduziert auf einen Schlag Komplexität und damit die Unsicherheit der Entscheidung.Wer kompetent und überlegen aussieht, hat schon gewonnen. Gutes Aussehen verschafft Macht.
In Sekundenbruchteilen machen wir uns ein Bild von anderen Menschen – einschließlich der Zuschreibung auch komplexer Eigenschaften. Wir entscheiden spontan, was von dem anderen zu halten ist. Ein Relikt der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Für unsere Vorfahren war es überlebenswichtig, sehr schnell die richtige Entscheidung zu treffen. Flucht oder Verteidigung? Unser Gehirn benutzt Abkürzungen, um zu schnellen Entscheidungen zu kommen. Eine davon ist der Halo-Effekt: Wenn unser Gegenüber eine gute Eigenschaft hat, schreiben wir ihm, ohne das zu hinterfragen, andere gute Eigenschaften zu. Ist also jemand offensichtlich gut aussehend, halten wir ihn auch für sympathisch und ehrlich.
Zum ersten Eindruck tragen ineinander verwoben eine Vielzahl von Elementen bei – Gesichtsausdruck, Stimme, Gestik, Körperhaltung, Kleidung, die Art und Weise, wie wir angesprochen werden, und vieles mehr. Deutliche Signale werden dabei eher und stärker als undeutliche
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