Die Macht der Medusa
innerlichen Veränderung behalten.
Miranda schaute ihr zu. Sie hielt das Glas mit Rosé in der Hand und lächelte vor sich hin. Ihre Augen strahlten. Es war wie ein kleines Wunder für sie, aber darüber wollte sie nicht weiter nachdenken. Es zählten nur der Erfolg und die Zukunft.
Sie schaute zur Seite und hob den Arm an. Die Schlange hatte sich wieder an ihren Platz zurückgezogen, und dort würde sie auch bleiben. Sie sah so tot aus, aber Miranda wußte, daß es so nicht war. Sie lebte, sie schlief nur, und sie würde zur richtigen Zeit wieder erscheinen, um sie zu schützen. Aus dem Bad kehrte Alina zurück. Das Gesicht hatte sie zu einem Lächeln verzogen. Sie war auch im Schlafzimmer gewesen und hatte dort eine Menge Geld gefunden. Mit den Scheinen wedelte sie vor Miranda’s Nase herum. »Es kann nie schaden, denke ich.«
»Sehr gut. Und jetzt?«
»Werden wir gehen. Medusa wartet auf uns. Sie liebt uns, und wir lieben sie...«
***
Als Suko und ich vor dem Haus der Horror-Oma anhielten, kam Jane Collins kurz an die Tür und winkte uns zu.
»Das kann lange dauern«, sagte ich. »Sarah will bestimmt wissen, um was es geht.«
»Das weiß man nicht.«
»Okay, wir werden trotzdem mit ihr reden müssen. Das sind wir ihr schuldig. Außerdem sitzt uns die Zeit nicht im Nacken.«
Durch den sommerlichen Vorgarten gingen wir auf die Haustür zu. Es würde wieder ein warmer Tag werden. Schon jetzt schien die Sonne und dampfte die letzte Feuchtigkeit der Nacht weg. Im Garten leuchteten die Blumen in allen Farben und wehten uns ihren Duft entgegen.
Ich dachte daran, daß wir noch kurz mit Sir James gesprochen hatten. Er war sehr ernst gewesen, wie auch Suko und ich, denn wir wußten um die Kraft, um die Magie und auch um die Gefährlichkeit dieser mörderischen Medusa.
Ich stieß die Tür auf und sah Jane zusammen mit Lady Sarah stehen. Die Horror-Oma winkte mir zu und forderte mich auf, doch hereinzukommen. Suko sollte dann die Tür schließen. Lady Sarah war richtig in Form. Ich schüttelte den Kopf und sagte zu Jane, daß wir keine Zeit hatten, aber sie beruhigte mich. »Es ist wichtig und nicht einfach nur Spaß.«
»Dann eben doch.«
Im Wohnzimmer hatte Sarah das Fenster geöffnet. Hinter dem Haus lag ein Hof mit Bäumen und Bänken. Das waren so etwas wie kleine Ruhezonen für die Menschen, die hier in der Umgebung lebten, und dieser Hof war auch als Ort der Kommunikation angenommen worden.
Das helle Licht hatte seinen Schein innerhalb des Zimmers ausgebreitet und strahlte rücklings gegen die Gestalt der Horror-Oma, so daß sie beinahe wie ein Märchenwesen wirkte.
Suko und ich wurden umarmt, und natürlich mußten wir uns setzen und Tee trinken.
Auch Jane und Sarah nahmen Platz. Die Horror-Oma schaute mich skeptisch an und schüttelte dabei den Kopf. »Du bist ein wenig nervös, John.«
»Das kann ich nicht leugnen.«
»Jane hat mir alles erzählt. Sie und ich waren noch länger auf den Beinen, und dabei ist mir etwas eingefallen. Sie hat mir erklärt, wo ihr euch herumgetrieben habt, und ich erinnerte mich daran, daß es da eine alte Legende gibt. Sie ist nicht nur in meinem Kopf entstanden, John, ich habe sie auch nachgelesen in einem Buch über Sagen und Legenden, die sich um den Süden Londons ranken.«
»Ist das eine Spur?«
»Nun sei nicht so ungeduldig. Es ist die Geschichte einer Frau, die mit Schlangen zusammengelebt hat und von den anderen Menschen verstoßen wurde. Es war eine sehr schöne und noch junge Frau. Um die Jahrhundertwende herum hatte sie dort ein Haus. Es lag im Wald, war nur schwer zu erreichen, und es kamen auch kaum Besucher zu ihr, obwohl es hieß, daß sie Krankheiten heilen könnte. Aber man fand auch Tote in der Nähe. Menschen, die einen ungewöhnlichen Tod gestorben waren und danach versteinerten.«
»Die alte Medusa-Geschichte«, sagte ich.
»Genau die, John.«
»Was passierte mit dieser schönen Frau?«
»Sie starb.«
»Eines natürlichen Todes?«
»Nein. Man versenkte sie in einen Löschteich, nachdem man sie im Schlaf überrascht und gefesselt hatte. Man beschwerte ihren Körper mit Steinen, sie glitt in die Tiefe und wurde nicht mehr gesehen. Aber sie soll angeblich noch immer herumspuken. Besonders in warmen Sommernächten. Es gibt angeblich Menschen, die sie und die Schlangen gesehen haben. Dazu könnte Rita Forman gehört haben.«
Ich schaute Jane an. »Und? Was sagst du dazu?«
»Das wäre eine Lösung.«
Suko fragte: »Gibt es einen Ort, an den
Weitere Kostenlose Bücher