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Die Macht der Medusa

Die Macht der Medusa

Titel: Die Macht der Medusa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Augen.
    Neben der Nase zeichnete sich ihr Weg ab. Die Haut bildete dort zwei Buckel, und sie blieben so bestehen, bis die Schlangen ihr Ziel erreicht hatten.
    Von unten her drangen sie in die Augen ein.
    Erst jetzt brüllte Rob Gilmore. Nur ein kurzer Schrei drang über die Lippen, denn zugleich schlug der Tod bei ihm zu. Die Schlangen huschten aus seinen Augen hervor. Feuchte, schnelle, zuckende und sich windende Körper, die durch ihren Druck auch den Inhalt der Augen hervorgestoßen hatten. Wieder peitschten sie durch die Luft. Beide Frauen hielten ihr die Arme entgegen, als wollten sie einigen Vögeln ihren Landeplatz zeigen.
    Bei ihnen waren es Schlangen, die genau die Plätze einnahmen, die sie schon kannten.
    Sekunden später sahen sie aus wie gemalt. Nichts wies mehr darauf hin, daß sie noch vor kurzem dreidimensional gewesen waren.
    »Geschafft!« flüsterte Miranda und küßte ihre Freundin auf die Wange.
    Alina war noch skeptisch. »Ich schaue lieber nach.«
    Ihr ehemaliger Freund lag bewegungslos auf dem Tisch. Unter Alinas Füßen knirschte Glas, als sie sich dem Mann näherte. Sie empfand kein Bedauern. Er war für sie erledigt und nicht mehr existent. Vergangenheit, eine Episode.
    Sie schaute dorthin, wo einmal die Augen des Mannes gewesen waren. Die gab es nicht mehr. Dafür fiel ihr Blick hinein in die leeren Höhlen, und sie hatte das Gefühl, bis tief in die Schächte einer höllischen Welt zu schauen.
    Sein Herz schlug nicht mehr. Es gab überhaupt nichts, was sich bei ihm noch bewegte. Sie tastete mit der Hand nach, drückte auf den Körper und hörte, wie sie von ihrer Freundin angesprochen wurde.
    »Ist er schon soweit?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Sollen wir warten?«
    »Wir können etwas trinken.«
    »Ich hole eine Flasche. Wo der Kühlschrank steht, weiß ich«, sagte Miranda.
    Sie verschwand. Alina griff nach einem Sitzkissen und schleuderte damit die Scherben aus dem Weg in eine Ecke der Terrasse, wo sie nicht störten.
    Sie stellte die Stühle so hin, daß sie den auf dem Tisch liegenden Mann flankierten. So wartete sie auf Miranda, die die Flasche bereits entkorkt und auch zwei frische Gläser mitgebracht hatte.
    Der Rosé gluckerte in die Gläser. Miranda lachte dabei. Sie freute sich über den Sieg, der schon mehr einem Triumph glich. Dann überreichte sie der Freundin ein Glas.
    »Worauf trinken wir?«
    »Auf die Medusa!«
    »Ja, auf unsere Königin. Auf die Schlangen und auf das Blut!« Die Gläser stießen gegeneinander, und ein heller Ton wehte über die Terrasse hinweg.
    Danach senkte sich die Stille über die kleine Insel. Als hätte der Tod persönlich alle störenden Geräusche gestoppt. Es sprach auch niemand. Sie tranken, schauten in die Nacht, hingen ihren Gedanken nach, und nur allmählich drangen die Geräusche der Nacht aus der Tiefe zu ihnen hoch. Sie waren nicht zu unterscheiden. Ein gleichmäßig klingendes Brausen und Summen erreichte sie. Man konnte sich daran gewöhnen, so daß man es später nicht mehr wahrnahm.
    Miranda trink ihr Glas leer. Sie hatte Durst gehabt und schenkte sofort nach. Dabei blickte sie die Freundin an. »Ob es schon so weit mit ihm gekommen ist?«
    »Keine Sorge.« Alina streckte ihre rechte Hand aus und ließ sie über den Körper gleiten. Dabei lachte sie kurz und girrend auf. »Ja, er hat sich verändert.«
    »Das will ich fühlen.« Miranda griff rasch nach.
    Eine Sekunde später strahlten auch ihre Augen. »Ja, du hast recht. Er... er... ist versteinert. Das ist unsere Nacht, Schwester. Ja, das ist unsere Nacht.«
    »Nein, meine Liebe«, erwiderte Alina versonnen. »Es ist nicht nur unsere Nacht. Es ist vor allen Dingen die Nacht der Medusa.« Nach dieser Antwort schaute sie zum Himmel, als würde sich dort ein übergroßes Schlangenhaupt abzeichnen...
    ***
    Alina Gray kannte die Abende und Nächte mit Rob aus der Vergangenheit. Sie wußte, daß er ein Handy-Freak war, aber wenn sie zusammen waren, hatte er das Ding ausgestellt. Seine normale Telefonnummer kannte sowieso kaum jemand. Man erreichte ihn eben über Handy, aber das war abgeschaltet, so konnten die Frauen davon ausgehen, nicht davon gestört zu werden.
    Sie ließen den versteinerten Toten auf der Terrasse liegen. Alina ging durch die Wohnung und stopfte das in eine Reisetasche, was ihr gehörte. Kleidung, Kosmetikartikel, einen kleinen Teddybären, der einmal ihr Talisman gewesen war. Sie hatte ihn auch als Erwachsene nicht aus der Hand gegeben und würde ihn trotz ihrer

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