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Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2

Titel: Die Macht der Sechs - das Erbe von Lorien ; Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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genau sehen konnte, worum es sich handelte.«
    »Was war es?«, fragt Sam.
    Ich schüttele den Knopf, knülle meine Serviette zusammen und verbrenne sie auf meiner Handfläche. Dann schaue ich zur Hintertür auf die sinkende Sonne hinaus, eine Glut aus Orange und hellem Pink. Es erinnert mich an die Sonnenuntergänge, die Henri und ich immer von unserer Veranda in Florida beobachtet haben. Ich wünschte, er wäre jetzt hier und könnte uns dabei helfen, das alles zu verstehen.
    »John? Was war es? Was hatte er da?«
    »Er hatte Amulette. Drei. Die Mogadori müssen eins davon nach jeder Ermordung an sich genommen haben. Und dieser große Anführer, oder was immer er sein mag, trug sie wie olympische Medaillen um seinen Hals und stand so lange da, bis ich es erkennen konnte. Alle Amulette haben blau aufgeleuchtet und als ich erwachte, leuchtete meines ebenfalls.«
    »Du meinst also, es handelt sich um eine Vorahnung? So als hättest du dein Schicksal gesehen? Oder kann es auch sein, dass du bloß einen wirren Traum hattest, weil du ziemlich unter Stress stehst?«, fragt Sam.
    Ich schüttele den Kopf. »Ich glaube, Sechs hat recht und das sind alles Visionen. Ich glaube auch, dass sie tatsächlich gerade genauso passieren. Was mich allerdings am meisten beunruhigt, ist die Möglichkeit, dass der Anführer-Typ, der da in dieses Schiff gestiegen ist, womöglich genau hierherkommt. Und wenn Sechs richtig liegt, was die Geschwindigkeit von Raumschiffen angeht – dann dürfte es nicht lange dauern, bis er hier ist.«

11
    Die Erinnerungen, die ich an die Zeit vor unserer Ankunft in Santa Teresa habe, sind nur Bruchstücke einer langen Reise, die nie zu enden schien. Ich erinnere mich an meinen leeren Magen, meine wunden Füße und die schreckliche Müdigkeit, die ich fast immer verspürte. Ich erinnere mich, dass Adelina um Kleingeld und Nahrungsmittel bettelte, erinnere mich an die Seekrankheit und das damit verbundene Erbrechen. Ich erinnere mich an die angewiderten Blicke der Passanten. Ich erinnere mich an jedes Mal, wenn wir unsere Namen wechselten. Und ich erinnere mich an den unförmigen Kasten, den Adelina sich weigerte zurückzulassen, egal wie grässlich unsere Situation auch wurde. An jenem Tag, als wir schließlich an die Tür klopften, die dann von Schwester Lucia geöffnet wurde, stand er auf dem Boden, fest zwischen Adelinas Füßen eingeklemmt. Ich weiß, dass sie ihn irgendwo in den Schatten einer dunklen Ecke des Waisenhauses versteckt hat. Meine tagelangen Suchaktionen haben bisher nichts ergeben, aber ich gebe nicht auf.
    Am Sonntag, eine Woche nach Ellas Ankunft, sitzen wir während der Messe gemeinsam in der hintersten Bank. Es ist ihre erste Messe. Sie ist für Ella genauso interessant wie für mich, nämlich gar nicht. Abgesehen vom Schulunterricht hält Ella sich seit dem Tag, an dem ich ihr geholfen habe, das Bett zu machen, mehr oder weniger in meiner Nähe auf. Wir gehen zusammen zur Schule und wieder zurück, nehmen Frühstückund Abendessen gemeinsam ein und sprechen zusammen unser Nachtgebet. Ich habe mich sehr an sie gewöhnt und gemessen an der Art, wie sie mich ständig verfolgt, weiß ich, dass auch sie mir ziemlich zugetan ist.
    Vater Marco redet seit fünfundvierzig Minuten. Schließlich mache ich die Augen zu, denke an meine Höhle und überlege, ob ich Ella heute dorthin mitnehmen sollte. Die Idee ist jedoch mit einigen Problemen verbunden. Erstens gibt es kein Licht in der Höhle und Ella wird in der Dunkelheit niemals so gut sehen können wie ich. Und zweitens ist der Schnee noch nicht geschmolzen. Ich weiß nicht, ob Ella es schaffen wird, den Kletterpfad zur Höhle zu bewältigen. Doch am meisten beunruhigt mich der Gedanke, dass ich sie einer Gefahr aussetzen könnte, wenn ich sie mitnehme. Die Mogadori können jeden Moment auftauchen und dann wäre Ella völlig schutzlos. Doch selbst angesichts dieser Hindernisse und Bedenken möchte ich sie sehr gern mitnehmen. Ich möchte ihr meine Bilder zeigen.
    Am Dienstag, kurz bevor wir zur Schule aufbrechen wollten, hatte ich Ella über ihr Bett gebeugt angetroffen. Während ich noch an meinem Frühstückszwieback kaute, sah ich über ihre Schulter. Wütend versuchte sie, eine perfekte Zeichnung unseres Schlafraums vor mir zu verbergen. Die Details, die technische Genauigkeit jeder einzelnen Ritze in der Wand, sowie ihre Fähigkeit, noch den winzigsten Sonnenstrahl einzufangen, der am Morgen durchs Fenster dringt, waren erstaunlich. Es

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