Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky
Erfahrung erspart geblieben ist.«
»Du warst dabei zu kippen?«
»Ja, allerdings! Ohne dich bin ich kein netter Mensch, Sky. Die Vorstellung, mittels meiner Gabe meinen Willen durchzusetzen, egal, ob zu Unrecht oder auf Kosten anderer, fand ich immer reizvoller.« Er machte eine Grimasse, merklich geknickt wegen seines Geständnisses. »Aber du hast mir wieder genug Hoffnung gegeben, um durchzuhalten, bis auch du so weit bist, deine Gabe freizusetzen. Sobald das geschehen ist, besteht für mich keine Gefahr mehr, dass ich jemals wieder so werde, wie ich mal war.«
»Aber noch steht alles auf der Kippe?«
Mir war nicht klar gewesen, dass ich seine Entwicklung behinderte, wenn ich weiterhin so viel zweifelte. Falls irgendetwas schiefging und er sein Gleichgewicht verlor, wäre es also meine Schuld, da ich nicht den Mumm aufbrachte herauszufinden, was in meinem Inneren verborgen lag? »Was soll ich denn machen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Du brauchst Zeit. Ich mache mir mehr Sorgen um dich als um mich.«
»Aber ich mache mir Sorgen um dich.«
»Danke, aber du sollst erst mal die Zeit haben, die du brauchst, ohne dabei irgendeiner Gefahr ausgesetzt zu sein.«
Savant-Attentäter - sollte es so etwas wirklich geben? Die Kugeln waren jedenfalls verdammt echt gewesen, daran gab’s nichts zu rütteln. »Du glaubst also, dass dieser Savant auf die Seite des Bösen übergetreten ist?«
»Ja, er und die Schützen haben gemeinsame Sache gemacht. Vielleicht belauscht er uns ja immer noch -wir wissen es einfach nicht. Es ist schwierig, telepathische Mitteilungen über eine größere Entfernung gezielt an nur eine Person zu schicken. Uns ist so etwas bislang noch nie untergekommen. Allerdings hätten wir damit rechnen können.«
Das Ganze machte ihm sichtlich zu schaffen und es frustrierte ihn, dass er nicht auf alle meine Fragen eine Antwort parat hatte. »Wieso hättet ihr damit rechnen können? Ihr seid doch erst durch diese Zeugen-Geschichte in die Sache hineingezogen worden. Mit dem Ende des Prozesses ist doch auch die Gefahr für euch vorbei, oder?«
»Nicht ganz!« Er machte ein schuldbewusstes Gesicht und mir schwante, dass er wohl noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt hatte.
»Wir sind nicht nur Zeugen ... wir sind Ermittler. Wir sind nicht nur in den aktuellen Prozess verwickelt, wir haben über die Jahre hinweg mit vereinten Gaben schon Hunderte von Straftätern hinter Gitter gebracht. Das ist unser Job sozusagen.«
»Aha. Das heißt im Klartext also, dass ihr ziemlich viele Feinde habt, richtig?«
»Gesetzt den Fall, sie wissen, dass wir für ihre Verurteilung verantwortlich sind, aber das sollen sie ja nie erfahren. Die Informationen, die wir sammeln, werden an die Behörden weitergeleitet, damit sie Beweise zusammentragen können, die vor Gericht standhalten. Unser Platz ist nicht im Zeugenstand, sondern im Hintergrund.«
Es dauerte eine Weile, bis ich das, was er mir erzählte, in seiner ganzen Tragweite erfasst hatte. Sie waren so etwas wie die Geheimwaffe der Gesetzeshüter, bekämpften tagein, tagaus das Böse.
»Wie macht ihr das?«
Er schloss kurz die Augen. »Wir arbeiten zusammen -wir sehen, was passiert ist.«
»Ihr seht es? Ihr seht all diese schrecklichen Sachen ... die Morde, die Verbrechen?«
»Es wäre viel schlimmer, wenn wir die Augen davor verschließen würden. Wir würden uns mitschuldig machen, wenn wir nicht helfen würden, die Verbrechen aufzuklären.«
»Aber eure Familie hat darunter zu leiden, stimmt’s?«
Er zuckte die Achseln. »Ist doch egal, wenn man bedenkt, wie viel Gutes wir damit bewirken.«
In diesem Moment wurde mir klar, wie mutig und engagiert die Benedicts waren und dass sie darauf verzichteten, ihre Savant-Fähigkeiten zur Durchsetzung eigener Interessen zu nutzen. Sie hätten auch in der Welt umherreisen können auf der Suche nach ihren Seelenspiegeln, aber stattdessen setzten sie alles aufs Spiel, um Verbrechensopfern zu helfen. Aber das bedeutete auch, dass sie nie ein normales Leben führen, niemals aus den Schatten heraustreten könnten; immer wieder müssten sie die hässlichen Taten durchleben, die von den abscheulichsten Verbrechern begangen worden waren. Sie hatten einen sehr steinigen Weg gewählt; ich jedoch hatte nicht das Zeug dazu, so edelmütig zu sein. Ein Großteil meines Lebens hatte sich auf der Schattenseite abgespielt. Ich konnte nicht dahin zurückkehren -noch nicht einmal für Zed.
»Ich habe Angst, Zed.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher