Die Macht der Seelen 1 - Finding Sky
Hexen, Geistern und Zombies. Die Atmosphäre war nahezu perfekt: eine stockdunkle, mondlose Nacht und als i-Tüpfelchen wallte sogar leichter Nebel auf. Zoe hatte sich als Vampir verkleidet, mit rot gefüttertem Umhang und langen weißen Eckzähnen. Tina ging als Zauberer mit einem spitzen Hut, langem Umhang und kleinen aufgemalten Silbersternen im Gesicht. Nelson war als hirntoter Zombie verkleidet - wofür er kein großartiges Kostüm brauchte (ha, ha). Ich fühlte mich ein bisschen unbehaglich in meinem knalleng sitzenden Skelett-Anzug.
Nelson klopfte an meinen Gipsschädel. »Klopf, Klopf, wer ist da?«
»Ich bin’s, Sky.«
Er lachte. »Du siehst toll aus. Woher hast du den Anzug? Aus dem Kostümverleih?«
Ich nahm die Maske ab. »Nein, den hat Simon genäht.«
»Krass.«
»Er und Sally sitzen zu Hause rum in genau dem gleichen Kostüm.«
Im Scherz zog er mich in Richtung unseres Hauses. »Echt cool. Komm, lass uns bei euch klingeln!«
Ich stieß ihm mit dem Ellbogen in die Rippen. »Wenn du den anderen diesen Vorschlag machst, ziehe ich dir höchstpersönlich dein totes Hirn zu den Ohren raus und verfüttere es an deine Zombie-Kumpel.«
»Autsch! Sehr anschauliche Drohung - gefällt mir!«
Mich fröstelte leicht in meinem Kostüm. »Könnten wir uns mal langsam in Bewegung setzen, Tina?«
»Ja, los geht’s!«
Tina drückte jedem von uns eine Laterne in Kürbisform in die Hand und dann zogen wir los, um uns das Treiben in den Straßen anzuschauen. Kinder in den abenteuerlichsten Kostümen marschierten in Begleitung ihrer Eltern vorbei. Das ursprüngliche Geistermotto schien sich im Laufe der Zeit verselbstständigt zu haben, denn offenkundig sprach nichts dagegen, dass kleine Mädchen ihre Lieblingsprinzessinnen-Kleider anzogen oder kleine Jungs als Spiderman gingen. Im Mittelpunkt stand ganz eindeutig das Horten von Süßkram und nicht das Angst-und-Schrecken-Verbreiten. Ein paar ältere Kids lieferten sich eine Wasserpistolenschlacht, aber die meisten Kinder waren zu sehr damit beschäftigt, sich in den Zuckerrausch zu futtern, als dass sie an Haustüren, die sich beim Anklingeln nicht öffneten, randaliert hätten.
Als wir uns Tinas Haus näherten, tauchte aus dem Nebel ein Werwolf auf, mit riesigen Zottelpfoten und einer Maske, aus deren Ohren Haare sprossen, und schloss sich unserer Gruppe an. In jeder anderen Nacht hätte sein Erscheinen für Panik gesorgt, aber an Halloween zuckte niemand auch nur mit der Wimper. Der Werwolf schlüpfte durch die Menge und schlich sich an mich heran. Vornübergebeugt knurrte er in mein Ohr.
»Zed?«, kreischte ich.
»Pst. Es soll niemand mitkriegen, dass ich hier bin. Und bitte schick mir auch keine Gedanken rüber für den Fall, dass jemand mithört.«
Ich kicherte. Es war schon beinahe absurd, wie sehr ich mich darüber freute, dass er hergeschlichen war, um mich zu sehen. »Ah, Wolfman, du bist der Meister der Verstellung und hältst alle Schurken zum Narren.«
»Ich falle gar nicht weiter auf, stimmt’s? Ich wusste, dass du im Dunkeln hier draußen rumturnen würdest, drum bin ich gekommen.«
An den wahren Horror, der uns in dieser Nacht des gespielten Horrors drohte, hätte Zed mich nicht erinnern müssen. Daher war ich mehr als froh, ihn bei mir zu haben.
Eine Zottelpfote schob sich um meine Taille. »Ich weiß allerdings nicht, ob ich mit deinem Kostüm so ganz einverstanden bin. Hättest du dir nicht einen Umhang oder so was Überwerfen können?«
»Mir ist echt kalt. Daran hat Simon nicht gedacht, als er das Kostüm für mich gemacht hat.«
Er schlüpfte aus seinem Mantel und legte ihn mir um die Schultern. »Dein Dad hat das Kostüm gemacht? Reden wir hier über denselben Kerl, der dich einsperren möchte, bis du dreißig bist? Hat er seit unserer letzten Begegnung einen Charakterwandel durchlebt?«
»Das Kostüm ist ein Kunstwerk. Er hat nicht bedacht, wie seine Tochter darin aussehen würde, ihm ging’s nur um die Gestaltung. Er und Sally sitzen übrigens zu Hause und tragen genau das gleiche.«
Er gluckste leise.
»Und wissen deine Eltern Bescheid, dass du ausgegangen bist?«, fragte ich.
»Nein, sie sind noch immer der Meinung, wir sollten uns verschanzen und Haus und Hof verteidigen. Offiziell schraube ich also gerade in der Garage an meiner Maschine herum. Xav deckt mich.«
»Und wenn sie was merken? Wie werden sie reagieren?«
Er runzelte die Stirn. »Das kann ich nicht sehen Das ist schwierig bei der eigenen Familie. In einem
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