Die Macht der Steine
Konstruktion leise Geräusche von sich gab. Sie hob einen Finger und schob ihn ins Blickfeld der Männer.
Breetod registrierte die Bewegung aus dem Augenwinkel und wandte langsam den Kopf. Ihm standen Schweißperlen auf der Stirn und kullerten in die Augen, daß er blinzeln mußte. Belshezar zeigte auf den Kleiderständer. »Dort ist ein Arbeiter – er weiß hier Bescheid.«
Reah wartete, bis die Männer sich im Korridor befanden und nickte dann.
»Bald werden medizinische Einheiten eintreffen, um euch zu versorgen«, verkündete der Kleiderständer. »Bitte bleibt, wo ihr seid.«
Ezeki sank auf die Knie und schwenkte den Kopf wie ein krankes Tier. Er schluckte schwer und schaute zu den Wundern des Stadtinneren empor. Alles hier war sauber, warm und behaglich. Der Boden unter seinen Knien und Zehen war weich und elastisch. Die Luft war angefüllt mit den von der Vitalität der Stadt kündenden Lauten, die fast wie Musik klangen. Die Stadt mochte vielleicht krank sein, aber sie war alles andere als hinfällig.
Musa Salih brachte ein hijab, ein Amulett, zum Vorschein und drückte es auf beide Augen, wobei seine Beine zitterten. »Sie haben uns zu tief geritzt«, diagnostizierte er. »Wir sind geschwächt.«
Reah griff in ihre Kutte und zog ein Messer heraus, das sie einem toten Gartenroboter abgenommen hatte.
Belshezar sah den Arbeiter herumwirbeln. Dieser zeigte auf ihn und kündigte an, daß er sie überprüfen würde. Dann trat Reah hinter dem Pfeiler hervor. Sie war in ein rotes Gewand gehüllt und hatte das Messer im Ärmel versteckt. Breetod zog das Schwert. Musa Salih lächelte nur.
»Was sucht ihr hier?« fragte Reah gleichmütig.
»Wir sind im Kampf verwundet worden«, log Ezeki. »Die Stadt hat uns Zuflucht gewährt.«
»Ihr habt euch die Wunden selbst zugefügt«, erwiderte Reah. »Ihr habt euch selbst aufgeschlitzt, um hereingelassen zu werden.«
Belshezar runzelte die Stirn. »Warum bist du denn immer noch hier? Du bist doch gesund.«
»Ich kontrolliere jetzt die Stadt.«
»Weib, deine Eitelkeit ist unglaublich«, sagte Musa Salih in der alten Mundart. »Tritt zurück und laß die Männer ihre Arbeit tun. Vertraust du denn nicht auf Allah?«
»Aus welchem Dorf kommst du?« fragte sie auf Englisch.
»Aus der Medain, den Städten im Norden. Du sprichst die alte Sprache?«
Reah antwortete nicht. »Ich will, daß ihr alle verschwindet. Die Stadt wird eure Wunden verbinden und euch dann am Stadtrand absetzen, wo ihr euch wieder euren Soldaten anschließen könnt.«
»Wir sind Schutzsuchende«, behauptete Musa Salih und grinste sie zähnebleckend an. »Du kannst uns nicht zurückweisen.« Er sprach noch immer in der alten Mundart. Früher, so dachte sie, mußte er wohl ein Gelehrter gewesen sein.
»Ich weise euch nicht zurück. Ich behandele euch und lasse euch dann frei, wie wilde Tiere, die ihr nun einmal seid.«
»Genauso wenig kannst du uns Essen, Trinken und Informationen versagen. Das schreibt der Codex unseres Volkes vor.«
»Du machst gemeinsame Sache mit Nasrany und Judah und willst mir etwas über den Codex unseres Volkes erzählen?«
»Sie sind Menschen wie du und ich«, sagte Musa, wobei er nun in die englische Sprache verfiel. »Sind wir denn nicht alle vor langer Zeit ins Exil geschickt worden, Gläubige und käfir gleichermaßen? Wir waren alle nicht vollkommen.«
»Woran auch immer es uns gefehlt hat, die Städte können uns bei der Suche nicht behilflich sein. Belshezar, zeige ihnen die Krankenstation. Die Stadt sieht alles. Kein elender Soldat kann…« Sie brach mitten im Satz ab und schüttelte den Kopf; dann wandte sie sich dem Kleiderständer zu. »Du beaufsichtigst sie und sagst mir Bescheid, wenn sie gegangen sind.«
Belshezar ging um sie herum, wobei er sich indessen schwach und erschöpft fühlte. »Du lügst«, behauptete er. »Du bist noch immer verrückt. Die Stadt kann dich nicht heilen.«
»Es kümmert mich nicht, was du denkst«, erwiderte Reah. Sie lächelte die anderen freudlos an. »Seid vorsichtig. Diese Stadt steckt voller Geister. Je eher ihr sie verlaßt, desto besser für euch.« Zu den Jägern sagte sie: »Dat Polis will euch nit, comprende?«
Dann wandte sie sich ab und ging in Richtung des Abwärmeschachtes davon.
Sie wollte sie auf keinen Fall in der Stadt haben. Sie würden nur ihre Pläne durchkreuzen – die Stadt würde sie nicht verjagen, solange sie nicht gesund waren, und bis dahin konnten sie jede Menge Unheil anrichten. Die
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