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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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auf einen Marsch vor. Er legte die Hand auf die glatte Oberfläche des Zylinders. »Du wirst uns helfen, die Stadt zu infiltrieren, nicht?« Er wollte autoritär klingen, aber die jüngste Wendung hatte ihn doch überrascht.
    Der Zylinder blieb ihm die Antwort schuldig.
     
    Reah beobachtete die großen spinnenbeinigen Transporter, die in den langen Korridoren warteten und mit Tranchen von tragenden Teilen beladen wurden. Normalerweise dienten viele dieser Transporter selbst als Schotts oder als Sektionen von Stützstreben und mächtigen Trägern, welche die ganze Stadt durchzogen. Nun wurde die Stadt Schicht für Schicht abgetragen, wobei sie einer Routine folgte, die bei ihrer Errichtung vor mehr als tausend Jahren programmiert worden war. Jedes Teil verfügte über seinen eigenen Speicher. Beigeordnete Steuereinheiten koordinierten die Demontage. Und der Architekt wachte über die ganze Stadt.
    Sie hatte ihren Part gespielt. In wenigen Stunden würde sich die Stadt über die Ebene und die Hügel ergießen und Kurs auf das alte Flußbett und Akkabar nehmen.
    Sie stand auf einem Balkon, der eines der größten eingeschlossenen Areale der Stadt überblickte. Einen Kilometer über dem Boden zog sich die Versammlungshalle um den Zentralturm. Ihr Boden hatte einen Durchmesser von sechshundert Metern. Licht strömte aus den abgewinkelten Fenstern am Übergang zwischen Halle und Turm. Die auf fleckigen transparenten Flächen dargestellten Motive changierten kontinuierlich und automatisch und verwandelten den Boden in ein gigantisches Kaleidoskop, einen Garten aus Lichtblumen, der nachts zu einer gespenstischen Galerie für Bilder aus längst vergangenen Zeiten mutierte. Reah hatte sich noch nie überwinden können, nachts durch die Versammlungshalle zu gehen, denn dort konzentrierte die Stadt ihre Träume und Erinnerungen, erschuf Visionen von Männern und Frauen in schlichter, wundervoller Kleidung und Kindern, die nichts am Körper trugen außer Armbändern und Tiaras sowie Darstellungen seltsamer Tiere, die aus den Experimenten der Städteplaner resultierten.
    Bis jetzt hatte Reah keine Vorstellung von der wirklichen Größe der Stadt gehabt. Ihr Blick verlor sich in der Komplexität der Transporter und Stadt-Teile, die sich in Reihe auf dem Montageboden formierten. Sie sah, daß nun schon die Querschiffe abgebaut wurden, wobei sie von neu abgewickelten Kabeln und den hilfreichen Extremitäten der unteren Sektionen unterstützt wurden. Von ›Hand‹ weitergereicht, an Seilen hängend, laufend und rollend und sogar fliegend, verteilte Wiederauferstehung sich auf dem Grasland, verlegte seine stachelige Front nach vorne und drängte Durragons Armee zurück. Aber Reah wußte, daß die Zeit kommen würde, wo auch die Stacheln abgebaut wurden, und dann mußte sie sich auf die unkoordinierten mobilen Verteidigungseinrichtungen verlassen, um die Männer am Durchbruch zu hindern.
    Das auf ihrer Schulter sitzende Insekt summte, und sie tippte auf seinen Kopf.
    »Diese Einheit kann die verwundeten Bittsteller nicht lokalisieren«, meldete der Kleiderständer. »Der Architekt ist von ihrem Fehlen in Kenntnis gesetzt worden, aber alle Komponenten konzentrieren sich jetzt auf den Marsch und die externe Verteidigung.«
    Reah wandte den Blick vom Montageboden ab. »Beschaffe mir einen schnellen Korridortransporter und bringe ihn hierher. Wir werden selbst nach ihnen suchen.«
     
    Auf der Suche nach etwas, das auch nur ansatzweise den Anschein einer Kommandozentrale vermittelte, ließ Ezeki keine Kammer aus. Die Stadt mußte über eine solche Zentrale verfügen – aber wo?
    Belshezar rannte ihm nach. »Musa Salih sagt, daß die Stadt sich selbst zerlegt«, sagte er atemlos. »Ich glaube, daß sie sich auf eine Wanderung vorbereitet.«
    »Hier unten gibt es kein Kontrollzentrum. Es muß oben in der Nähe des Turmes sein – und dort steckt sie nämlich auch.«
    »Nein, sie befindet sich nicht mehr dort. Der Turm ist bereits abgebaut worden. Wir können nichts mehr tun, außer nach Möglichkeit zu verschwinden.«
    Ezeki schüttelte den Kopf. »Wir können doch der Stadt folgen und warten, bis sie sich wieder zusammensetzt.«
    »Das wird sie nicht mehr tun! Städte gehen nur zum Sterben in die Berge.«
    »Nicht, wenn sie von einem rationalen Wesen kontrolliert werden.«
    »Aber die Frau ist nicht rational. Sie ist irre.«
    Ezeki warf einen letzten Blick in einen kleinen Vorratsraum und zuckte die Achseln. »Warum sind wir dann

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