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Die Macht der Steine

Die Macht der Steine

Titel: Die Macht der Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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überhaupt hergekommen? Sie hat gewonnen.«
    Belshezar schnitt eine Grimasse. »Nein. Ich kann uns zu den oberen Ebenen bringen, direkt unter dem Turm. Die meisten Galerien sind noch intakt. Wenn wir eine Steuertrommel finden, die derjenigen gleicht, welche Durragon eingefangen hat, dann kann sie uns vielleicht mehr erzählen.«
    Musa Salih schlenderte in den Eingangskorridor und schmauchte seine verkrustete Pfeife. Belustigt beobachtete er Ezekis Bemühungen, einen Würfel zu befragen, der Ähnlichkeit mit dem Exemplar aufwies, das der Frau gefolgt war. »Es sagt nichts«, beklagte er sich bei ihnen, als das Gerät seine unterbrochene Verrichtung wieder aufnahm. »Es muß wohl ein Relais sein, ein Bote.«
    Musa deutete mit den Pfeifenstiel. »Meine Herren, Breetod versucht gerade, einen Stein über die äußere Barriere zu werfen, aber sie verschiebt sich immer weiter. Er ist sehr zornig. Er will nämlich eine Nachricht an Durragon absetzen. Das wird ihn beschäftigen, aber was sollen wir jetzt tun?«
    »Folgt mir«, sagte Belshezar. Musa warf Ezeki einen Blick zu, und sie liefen hinter ihm her.
     
    »Eine Einheit meldet, daß sie die oberen Ebenen verlassen«, sagte der Kleiderständer. »Anscheinend suchen sie nach dir.«
    »Gut. Dann warten wir.« Sie tastete nach dem versteckten Messer. Plötzlich erzitterte der Kleiderständer und blieb stehen. Sie wandte sich um und betrachtete ihn. Das Insekt hob summend von ihrer Schulter ab. »Was ist los?« fragte sie.
    »Ein Fehler…«
    Ein Beben lief durch den Boden. Ein paar Meter von ihrer Position entfernt, im breiten Fahrzeugkorridor, taten sich Risse in den stöhnenden Wänden auf. Die Echos eines rumpelnden Geräusches hallten um sie wider und kulminierten in einem ohrenbetäubenden Schrei. Der Boden neigte sich, und Reah fiel auf Hände und Knie. Der Kleiderständer geriet ins Rollen und kippte um. Als sie ins Rutschen kam, versuchte sie, sich irgendwo auf dem Boden festzuhalten. Die Risse in den Wänden und in der Decke wurden größer. Dampfende Flüssigkeiten aus beschädigten Stadt-Teilen rauschten in Kaskaden durch die Risse, Alkoholnebel wallten auf.
    Reah rollte sich auf den Rücken und legte sich flach hin. Sie sah, wie eine ganze Sektion eines Nebenturmes wegbrach, sich neigte und während des Sturzes kollabierte. Die ganze Stadt schien zu brüllen. Sie preßte die Hände auf die Ohren und legte sie dann wieder auf den Boden, um nicht abzurutschen. Das Ende des Korridors führte jetzt direkt ins Freie. Hinter der Lücke konnte sie Trümmer umherfliegen und eine Wolke aufsteigen sehen, und dahinter den Stumpf des Turmes, der taumelnd und zerbröselnd am äußeren Ring der Stadt lehnte und in sich zusammenfiel.
    Der Kleiderständer schnellte in die Höhe und rollte los. Im letzten Moment versuchte er, die Arme anzulegen und anzuhalten, aber da war er auch schon hinter der Abbruchkante des Bodens verschwunden. Für einige Sekunden war es ruhig in der Stadt. Reah lag mit offenem Mund und schmerzenden Knien da, wobei die Echos der Schreie in ihrem Kopf nachhallten.
    Dann wurde der Alarm deaktiviert. Synthetische Stimmen mahnten die Bewohner der Appartements zur Ruhe. Ein hektisches Murmeln lief durch die ganze Stadt, es wurden Warnungen und Schadensmeldungen weitergegeben. Kriechend wich Reah einem Transporter aus. Er versuchte, den Korridor zu blockieren, ließ aber statt dessen den Gang mit mahlenden Ketten nur noch tiefer absacken und stürzte dann in die Grube.
    Nach einigen Minuten stabilisierten die weit unterhalb stehenden Widerlager und Stützpfeiler in einer titanischen Anstrengung die Reste des Turmes in einem prekären Gleichgewichtszustand. Reah nahm diesen Vorgang als ein Zittern und einen langsamen, liftartigen Aufstieg wahr. Dann befand der Korridor sich wieder in der Horizontalen, und sie wagte es, sich zu erheben, wobei die Knie so heftig zitterten, daß sie fast zusammengebrochen wäre.
    Reah konnte den Hergang rekonstruieren. Einige der schwächeren Strukturen, die auf völlig abgestorbenen Teilen ruhten, waren kollabiert und hatten den Nebenturm mitgerissen. Die Stadt in Bewegung zu setzen, war von vornherein ein Risiko gewesen, und nun war der Schadensfall eingetreten. »Wieviel?« fragte sie sich. »Wieviel ist verloren?« Weinend trat sie an die gezackte Kante des Bodens.
     
    Ezekis gebrochener Arm hing schlaff hinab. Wie ein Wolf heulte er im Staub und in der Finsternis, verfluchte Gott, verfluchte seine Eltern, verfluchte alle, die

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