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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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See schleicht … Ich bin Auntie gefolgt … sie gab ihm einen Beutel … ich glaube mit Schmuck …
    John sprang auf und rannte zur Tür, aber Paul packte ihn am Arm. »Wohin willst du?«
    »In die Kirche!«
    Der lateinische Singsang hallte von den Wänden der Kapelle wider, und die morgendliche Kühle schwand zusehends, als mit den Sonnenstrahlen auch die Hitze ins Kirchenschiff drang. Father Benito kehrte der kleinen Gemeinde den Rücken zu und beeilte sich ein wenig mit der Zeremonie. Er hob die Hostie zum Kruzifix empor. » Hoc est enim corpus meum … «
    In diesem Moment knallte die Tür geräuschvoll gegen die Wand. Der Priester verharrte in andächtiger Stille und reckte das Brot zum Himmel, aber innerlich verfluchte er die rüde Unterbrechung der heiligen Zeremonie. Schritte hallten durch den Mittelgang, doch Benito widerstand der Versuchung, sich umzudrehen. Er legte die Hostie auf den Teller zurück, aber als er den Kelch heben wollte, wurde ihm gewaltsam der Arm auf den Rücken gedreht, sodass der Kelch umstürzte, über den Altar rollte und roter Wein das weiße Leinen verunzierte. Brutal wurde Benito herumgerissen, bis er einem blindwütigen John Auge in Auge gegenüberstand. »Was wissen Sie? Heraus mit der Sprache!«
    Charmaine schrie auf, als Johns Fäuste Benitos Gewänder packten und ihn dicht zu sich heranzogen. Aus dem Augenwinkel sah Benito, wie Paul die Kapelle betrat. »Was wissen Sie?«, brüllte John wieder.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, stotterte Benito.
    »Das wissen Sie verdammt genau! Heraus damit, bevor ich Ihnen hier und jetzt das Lebenslicht ausblase!«
    Charmaine wollte aufspringen, aber Frederic hielt sie fest und starrte unverwandt auf die Szene, die sich vor dem Altar abspielte. »Was machst du da, John?«, rief sie besorgt. »Was ist los?«
    Aber John hatte nur Augen für den Priester und legte ihm die Hände um den Hals. »Sie wurden von meiner Tante bezahlt! Wofür?«
    »Das waren Spenden für die Bedürftigen«, krächzte Father Benito.
    »Wollen Sie sterben?« John verstärkte seinen Griff, sodass Benito die Augen aus dem Kopf quollen.
    »John, lass ihn los!«, schrie Charmaine entsetzt. Dann bemerkte sie Paul. Warum ist er hier? Was geht hier vor?
    »Sie haben die Wahl! Sagen Sie mir die Wahrheit, dann verschone ich Sie. Verstanden?«
    Endlose Minuten geschah gar nichts, nur Benitos Gesicht färbte sich immer stärker. Hilflos sah Charmaine von Frederic zu Paul, aber beide starrten wie gebannt auf die Szene. Inzwischen war die kleine Gemeinde aufgesprungen und stand wie erstarrt da. Totenstille lag über dem Raum. Als Charmaine schon glaubte, dass der Priester ohnmächtig umsinken würde, vernahm sie plötzlich seine raue Stimme. »Ihre Tante und Ihr Onkel haben Colette vergiftet …«
    Der Mann verdrehte die Augen, und seine Lider flatterten. »Weiter, Benito!«, zischte John und lockerte seinen Griff ein wenig, damit der Mann Luft holen konnte. »Reden Sie, Sie Bastard!«
    »Blackford … er hat den Jungen entführt … und im See ertränkt.«
    Entsetzen malte sich auf Benitos Zügen, als John ihn wie besinnungslos würgte und in die Höhe hob, sodass er den Boden unter den Füßen verlor.
    Charmaine schrie aus vollem Hals, aber Paul stürzte sich bereits auf seinen Bruder, und George schützte den Altar. John stieß den Priester so heftig von sich, dass der Mann taumelte und rückwärts zu Boden fiel. »Ich sollte Sie umbringen, Sie gieriger Scharlatan!«
    Paul ging dazwischen und gestattete, dass Benito sich aufrappelte. »George, nimm Bud mit und bringt den Mann ins Gefängnis.«
    »Nein!«, widersprach Frederic. »Bringt ihn erst einmal in den Stall und wartet dort auf mich.«
    George schob den Priester hinaus, und die Stallknechte, die der Messe beigewohnt hatten, schlossen sich ihnen an. Jeannette klammerte sich an Charmaine, barg ihr Gesicht an ihrem Busen und schluchzte haltlos. Yvette dagegen stand aufrecht wie ein Soldat und starrte fassungslos und ungläubig vor sich hin.
    »John! O John!« Als Frederic sie endlich losließ, wollte Charmaine zu ihm laufen, aber John hörte sie gar nicht und eilte zur Kirchentür.
    »Wohin gehst du denn?«, rief sie ihm nach.
    Doch sie bekam keine Antwort und sah nur hilflos zu Paul.
    Der rannte ihm nach. »Wo willst du denn hin, John?«
    »Zu Westphal. Komm mit.«
    Wie betäubt zog sich die übrige Familie in den Wohnraum zurück. Frederic sank auf einen Sessel und zog Jeannette auf seinen Schoß. Sie barg ihr Gesicht

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