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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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ich bin auch nicht herumgeschlichen. Ich bin lediglich auf der Suche nach meiner Schwester. Ich vermisse Rebecca seit gestern Vormittag.«
    »Was sollte Ihre Schwester denn ausgerechnet hier verloren haben, Mr Remmen?« Charmaine war misstrauisch. In ihren Ohren klang die Entschuldigung dürftig. Sie legte sich Marie über die Schulter und tätschelte ihr den Rücken, bis die Kleine sich langsam beruhigte.
    »Seien Sie nicht böse, Mademoiselle«, bat Jeannette. »Wenigstens wissen wir jetzt, wen ich gesehen habe.« Sie sah Wade anbetend an. »Sie sind nicht zufällig meiner Schwester begegnet, oder?«
    »Nein, Jeannette, leider nicht.«
    Yvette wusste, dass sie sich irgendwie aus der misslichen Lage befreien musste. Andererseits hatte sie schreckliche Angst um ihre Schwester und die kleine Marie. Also tat sie erst einmal, was Father Benito verlangte. Sie zeigte ihm die geschnitzte Schatulle ihrer Mutter, die jedoch so gut wie leer war. »Mamas schönste Schmuckstücke fehlen ja!«, empörte sie sich und starrte den Priester vorwurfsvoll an.
    »Halt den Mund!« Er fuchtelte mit der Pistole herum. Offenbar hatte ihm Agatha als Erstes Colette Duvoisins Schmuckstücke ausgehändigt. »Es muss noch irgendwo im Haus Geld geben. Womöglich einen Safe? Wo ist er?«
    Yvette führte die beiden Männer in die Räume ihres Vaters und deutete auf die Schublade seines Schreibtisches, wo er nicht nur wichtige Dokumente, sondern auch einen Beutel voller Goldmünzen verwahrte. Und ihre Börse aus dem Spielsalon, wie sie überrascht feststellte. Den Safe in der Wand erwähnte sie mit keinem Wort. Offenbar waren die Männer zufrieden. Father Benitos Augen glänzten vor Gier, als er die Laterne abstellte, dann einen Beutel in den anderen füllte und den prallen Sack in seinen Händen wog. »Noch ein bisschen mehr, und wir könnten ihn nicht mehr heben! Es wird Zeit, dass wir uns auf den Weg machen, Ryan.«
    John Ryan war ebenfalls zufrieden. Er nahm dem Priester den Beutel aus der Hand und band ihn an seinen Gürtel.
    »Darf ich jetzt gehen?«, fragte Yvette kleinlaut.
    »Alles zu seiner Zeit, meine Kleine. Alles zu seiner Zeit.«
    »Aber meine Schwester ängstigt sich zu Tode, wenn ich nicht bald zurückkomme.«
    Der Priester lachte in sich hinein. »Wenn sie so dumm ist wie du und Ärger sucht, so kann sie den bekommen.«
    Im ersten Moment war Yvette beleidigt, aber dann merkte sie, dass die Geringschätzung ihren Zorn nur vergrößerte. So schnell gab sie sich nicht geschlagen. Wenn sie kühlen Kopf bewahrte, konnte sie womöglich ungeschoren davonkommen. Dann war allein das Geld ihres Vaters verloren. Aber das ließ sich ersetzen.
    Die Männer führten ihre Geisel auf demselben Weg zurück, auf dem sie gekommen waren. Father Benito leuchtete, und John Ryan drehte Yvette den Arm auf den Rücken, damit sie ihm nicht entkommen konnte. Auf dem Weg durch den Ballsaal blieben sie wie angewurzelt stehen, als sich dicht vor ihnen plötzlich die Tür zur Kapelle öffnete.
    Charmaine machte einen Satz und konnte nur mit Mühe einen Schrei unterdrücken, als ihr Father Benito eine Pistole entgegenstreckte. Aber ihr Entsetzen steigerte sich noch, als sie Yvette und den Mann erblickte, der das Mädchen gepackt hielt. Sie stieß einen gellenden Schrei aus, als sie sich unvermittelt dem größten Albtraum ihres Lebens gegenübersah: John Ryan!
    »Wie kommst du hierher?«, schrie sie. Das Gebrüll ihrer Tochter, das von den Wänden widerhallte, schien sie gar nicht zu hören.
    »Aber, aber, Haley Charmaine. Wie ich gehört habe, bist du inzwischen zu Geld gekommen. Und genau wie damals hast du deinen Dad vergessen. Es wird Zeit, dass du deinen Reichtum mit mir teilst.«
    »Aber wie … wie bist du denn hierhergekommen?«
    »Ich stelle hier die Fragen«, erklärte Father Benito barsch. Er wandte sich seiner Geisel zu. »Sieh nur, Yvette, deine Schwester hat dich tatsächlich gesucht. Wahrlich schade, dass sie nicht so klug war, in ihrem Zimmer zu bleiben.« Er bedeutete Charmaine mit der Waffe, ihre brüllende Tochter zu beruhigen.
    »Sie hat sich erschreckt!«, protestierte Charmaine. »Da kann ich nichts machen!«
    »Sie weckt noch das ganze Haus auf!«, bellte Ryan.
    Aufgeregt stellte Father Benito die Laterne ab. »Komm zu mir!«, befahl er und drohte Jeannette mit der Waffe. »Sofort!« Er packte ihren Arm und zerrte sie zu sich.
    Charmaine schnappte nach Luft, als er dem Mädchen den Lauf der Pistole an die Schläfe drückte. »Nein …

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