Die Macht der verlorenen Zeit: Roman
Männer große Mühe, sich an der Bordkante festzuhalten. »Es ist nur eine Patrone im Lauf«, sagte Benito mit drohendem Unterton. »Wenn du mich erschießt, wird Mr Ryan dir den Hals umdrehen, und wenn du ihn erschießt, werde ich das besorgen! Also, sei brav und leg die Waffe hin.«
Die Pistole wog schwer. Yvette brauchte beide Hände, um sie über den Kopf zu heben und den Abzug durchzuziehen. Der Rückschlag ließ sie rückwärtstaumeln. Mit einem lauten Fluch zog sich Giovanni an der Bordkante hoch und rutschte ins Boot. Zu spät! Yvette schleuderte die Waffe mit aller Kraft über Bord. Benito schäumte vor Wut. Er packte Yvettes Haar und schlug ihr mitten ins Gesicht. Ungerührt trat das Mädchen zu und traf ihn an seiner verwundbarsten Stelle. Der Priester klappte vornüber, und sein Brüllen hallte durch die Luft. Yvette grinste nur … und dankte Joseph im Stillen für alle Tricks, die er ihr beigebracht hatte.
»Kümmern Sie sich nicht um sie!«, brüllte Ryan. »Wir müssen schnellstens die verdammte Brandung hinter uns bringen! Den Schuss hat bestimmt jeder auf der Insel gehört!«
Benito holte mehrere Male Luft und sprang ins Wasser. Mit gewaltiger Kaftanstrengung schoben sie das Boot über die letzte Klippe und kletterten anschließend hinein. Giovanni warf Ryan eines der Ruder zu und ergriff selbst das zweite. »Bleib sitzen!«, fuhr er Yvette an, als diese aufstehen wollte, und drohte ihr mit dem Ruder.
Yvette täuschte Reue vor. Sie senkte den Kopf … und sah verstohlen zum Strand zurück. In ihrer Angst hielt sich Jeannette die Hände vors Gesicht und sah nicht, dass jemand in vollem Tempo aus dem Wald auf sie zurannte und sich außerdem zwei Reiter aus westlicher Richtung näherten. Als Benito und Ryan die Ruder ins Wasser tauchten und durchzogen, sahen sie es ebenfalls.
Wade schleuderte Stiefel und Strümpfe von sich und riss sich das Hemd vom Körper, bevor er sich in halsbrecherischer Geschwindigkeit in die Brandung stürzte.
Benito fluchte lauthals. »Verdammt, schneller!«, feuerte er Ryan an und seufzte erleichtert, als sie endlich tieferes Wasser erreichten.
Plötzlich stand Yvette auf und zog sich bis auf die Unterwäsche aus.
»Verdammt, Mädchen!«, schimpfte der Priester. »Bist du jetzt vollkommen verrückt? Setz dich hin!«
»Warum werfen wir sie nicht einfach über Bord?«, schlug Ryan vor, als der Schwimmer ihnen immer näher kam. »Sie ist doch nur unnötiger Ballast.«
»Nein … bitte nicht!« Yvette zitterte am ganzen Körper. »Ich kann doch nicht schwimmen!«
Die beiden Männer lächelten sich zu. Mehr brauchte Ryan nicht. Er sprang auf und streckte die Arme nach dem Mädchen aus. In diesem Moment neigte sich das Boot so gefährlich zur Seite, dass er sich auf seine Füße konzentrieren musste, um das Gleichgewicht zu halten. Aber das Schaukeln nahm kein Ende.
»Mann, setzen Sie sich hin!« Giovanni ließ das Ruder los und klammerte sich an die Bordwand. »Oder wollen Sie, dass wir beide im Wasser landen?«
»Er ist viel zu dumm, um das zu verstehen«, bemerkte Yvette herausfordernd.
Außer sich vor Wut stürzte sich Ryan auf sie. »So redet keiner mit mir!«
Diesmal neigte sich das Boot zur anderen Seite, sodass die Bordwand eine lähmende Sekunde lang unter die Wasseroberfläche tauchte und Wasser ins Boot lief, bevor es sich wieder aufrichtete.
Entsetzt schrie der Priester auf. »Sie bringen uns noch um! Setzen Sie sich gefälligst, bevor wir kentern!«
Yvette nutzte die Gelegenheit und trampelte mit aller Kraft von einem Fuß auf den anderen. Dabei kicherte sie hysterisch. Das Boot schaukelte immer mehr, das Wasser schwappte von einer Seite auf die andere, und die Neigung wurde immer dramatischer.
Panisch klammerte sich Benito an die Bootswand. »Werfen Sie sie endlich über Bord!«, bellte er.
Yvette erwartete Ryans Angriff. Als er auf sie zustürzte, verlagerte sie ihr Gewicht auf dieselbe Seite, sodass das Boot viel zu tief eintauchte, umschlug und alle Insassen ins Wasser fielen.
Sie tauchte tief ins kalte Wasser ein und hielt unzählige Sekunden lang den Atem an. Als sie endlich auftauchte und nach Luft schnappte, strampelte sie wie ein Hund, um sich an der Oberfläche zu halten. In derselben Sekunde wurde sie unsanft nach unten gezerrt. Ihr Fuß war gefangen, und sie trat wie verrückt um sich, doch die menschliche Fessel, die sie tiefer nach unten zog, ließ sich nicht abschütteln. Sie beugte sich hinunter und versuchte, die Finger aufzubiegen,
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