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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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die ihren Knöchel umklammerten, und hatte das Gefühl, dass ihre Lunge platzte.
    Und dann war sie plötzlich frei! Als sie prustend und keuchend auftauchte, brannte ihre Lunge wie Feuer. Noch eine Sekunde länger, und sie hätte die Qual nicht überlebt.
    Mit einem Mal war Wade neben ihr und ermutigte sie, zum Strand zurückzuschwimmen. Sie strengte sich an und schwamm genauso, wie John es ihr beigebracht hatte. Völlig ausgepumpt erreichte sie schließlich die Brandung. Die Wellen schwappten über sie hinweg und trugen sie bis in knöcheltiefes Wasser, wo sie erschöpft auf dem Sand liegen blieb. Bud und Charmaine kamen angerannt und halfen ihr auf den Strand. Als Charmaine das Mädchen in ihren Bademantel wickelte, kroch Wade auf allen vieren aus dem Wasser.
    Minuten später erreichten auch George und die Stallknechte die Küste und suchten das Meer nach den Flüchtenden ab. Das gekenterte Boot trieb jenseits der Brandungslinie kieloben auf den Wellen, aber von Benito St. Giovanni oder John Ryan war keine Spur zu entdecken.
    »Sie haben eine Menge Gold und Schmuck gestohlen«, stieß Yvette zwischen klappernden Zähnen hervor. »John Ryan hat sich einen Beutel voller Münzen um den Bauch gebunden. Der hat ihn bestimmt nach unten gezogen. Ich glaube außerdem nicht, dass Father Benito schwimmen kann. Er hatte Todesangst!«
    »Mein Vater konnte wahrscheinlich auch nicht schwimmen.« Schaudernd drehte Charmaine dem Meer den Rücken zu. Sie zitterte von Kopf bis Fuß. »Wir wollen nach Hause gehen«, sagte sie leise.
    Jeannette kniete neben Wade, der sein Hemd übergestreift hatte und schwer atmend im Sand saß. »Vielen Dank, dass Sie meine Schwester gerettet haben!«
    Wade lächelte. »Gern geschehen, Jeannette.«
    »Ich möchte mich ebenfalls bedanken«, sagte Charmaine. »Wer weiß, was ihr passiert wäre, wenn Sie heute Nacht nicht da gewesen wären!«
    »Sie sollten sich bei Johnny bedanken!«, rief Yvette. »Er hat mir doch das Schwimmen beigebracht.«
    »Mit Benitos Hand um deinen Knöchel wärst du nirgendwohin geschwommen«, entgegnete Wade.
    Erst jetzt begriff Yvette, dass Wade Remmen sie aus der Tiefe befreit hatte. »Vielen Dank, dass Sie mich gerettet haben.«
    Als der Morgen dämmerte, saßen sie alle um den Esstisch versammelt und sprachen über die unglaublichen Ereignisse der Nacht. George erklärte, wie sie John Ryan nach Charmantes gelockt und zu Benito St. Giovanni ins Gefängnis geworfen hatten. Als Charmaine alles wusste, konnte sie ihrem Mann nicht länger böse sein. Sie dachte an ihren Abschied. Was würdest du tun, wenn du deinen Vater für das bestrafen könntest, was er deiner Mutter angetan hat? John hatte ihre innersten Ängste und ihr Verlangen nach Gerechtigkeit gespürt und danach gehandelt. Im Gegensatz zu der Polizei hatte er John Ryan aufgespürt und ihn nach Charmantes gelockt, um ihn für sein Verbrechen büßen zu lassen. Es sollte geheim bleiben, um ihr unnötige Ängste zu ersparen. Aber weder er noch Paul hatten vorhersehen können, was in ihrer Abwesenheit geschehen würde.
    Die Sonne war schon lange aufgegangen, als sich die Gesellschaft endlich auflöste. Charmaine lud Wade ein, sich noch einige Zeit im Herrenhaus zu erholen. Doch er lehnte ab. Er wollte unbedingt nach Hause, falls Rebecca inzwischen zurückgekommen war. George bot ihm seine Hilfe bei der Suche an und gab ihm den Tag frei. »Ich werde mich persönlich darum kümmern«, versprach er, als Wade auf Champion nach Hause ritt. »Bis morgen haben wir jeden Stein einzeln umgedreht.«
    Mercedes und Loretta zufolge hatte sich die kleine Marie in den Schlaf geweint. Charmaine nahm Mercedes ihre schlafende Tochter ab und zog sich zurück. In der Stille ihres Zimmers sank sie auf die Knie und dankte Gott, dass kein Mitglied ihrer Familie zu Schaden gekommen war.
    Sonntag, 30. Dezember 1838
    Rebecca verweigerte jedes Wort. Wenn Paul die Kabine betrat, wandte sie sich ab und rührte auch das Essen nicht an, das er ihr brachte. Nachts lag er allein im Bett und fragte sich am Morgen, wo sie und ob sie überhaupt geschlafen hatte. Es sollte ihm recht sein, wenn sie ihm zürnte. Das Ganze war schließlich ihre Idee gewesen. In besagter Nacht hatte sie Gelegenheit genug gehabt, seine Kabine zu verlassen. Trotzdem ärgerte er sich über sich selbst, ärgerte sich, dass er dauernd über sie nachdachte … dass er sie nicht aus dem Kopf bekam.
    Als er am Abend vor der Ankunft in New York seine Kabine betrat, schlief Rebecca tief

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