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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Blutung war nicht zum Stillstand zu bringen. Und so starb Elizabeth wenige Stunden später, während Frederic hilflos an ihrem Bett saß.
    In den Stunden vor der Morgendämmerung, als sich Frederics Kummer in tödliche Wut verwandelte, fürchtete Robert um sein Leben. »Mann, Sie sind ja ein Metzger … ein Mörder! Agatha haben Sie ohne Gefahr entbunden, aber bei meiner Frau haben Sie versagt! Ich wünschte, es wäre umgekehrt gewesen.«
    Obgleich Blackford vor Angst zitterte, verabscheute er Frederic mehr denn je. Wie konnte dieser Mann Agatha nur so kaltherzig den Tod wünschen? Es erleichterte ihn ein wenig, dass er den Vergewaltigern die Schuld zuschieben konnte. Und damit Frederics Angst bestärkte, dass das Kind nicht von ihm sei. »Ich habe getan, was in meiner Macht stand!«, sagte er. »Nach der Vergewaltigung war Elizabeth einfach noch nicht stark genug für eine Geburt.« Als Frederic die Stirn runzelte, fügte er hinzu: »Wahrscheinlich stammt das Kind auch von diesen Verbrechern.«
    Frederic erbleichte und wandte sich ab. Doch im Lauf der nächsten Tage wandelte sich seine Wut in tiefe Trauer. Er bereute seinen unbeherrschten Ausbruch und entschuldigte sich bei Robert. Gleichzeitig lud er ihn ein, sich auf Charmantes als Arzt niederzulassen. Doch Robert lehnte ab, weil ihn seine geliebte Agatha in England erwartete. Als Frederic ihm einen Brief an sie mitgab, bestätigten sich seine schlimmsten Befürchtungen. Frederic wollte die Dinge in Ordnung bringen: Er wollte Agatha heiraten und damit Pauls Geburt legitimieren.
    Während der Rückreise überlegte Robert, was zu tun war, aber er kam zu keiner Entscheidung. Es spielte auch keine Rolle mehr. Robert Blackford senior hatte Agatha kurzerhand mit Thomas Ward, einem ihrer früheren Verehrer, verheiratet, der nichts von Agathas Niederkunft ahnte und überzeugt war, dass sie ihn liebte. Kraft- und mutlos hatte sich Agatha zum ersten Mal dem Willen ihrer Eltern gebeugt. Robert konnte nicht genau sagen, warum er ihr den Brief trotzdem gab, aber ihre Reaktion sprach für sich: Agatha schluchzte an seiner Schulter, und danach erlaubte sie ihm, sie die ganze Nacht hindurch zu lieben.
    Als sie eng umschlungen ausruhten, sagte sie: »Wir sind nicht geschlagen, Robert. Im Gegenteil. Darauf werden wir aufbauen … du musst darauf aufbauen … Im Augenblick kann ich ja nicht bei meinem Sohn sein, du aber schon. Elizabeth soll für ihre Schuld bezahlen. Was wäre einfacher, als ihren Sohn leiden zu lassen? Fahre nach Charmantes und richte dir eine Praxis ein. Habe ein Auge auf Paul und gemahne Frederic stets daran, dass er sein Erstgeborener ist. Sein rechtmäßiger Erbe. Paul soll glänzen, während Elizabeths Sohn …«
    Ungläubig starrte Robert in Agathas verzerrtes Gesicht. Er spürte, dass sie nicht mehr ganz zurechnungsfähig war, und aus tief empfundener Reue sagte er das, was sie hören wollte. »Für dich, meine Liebste, tue ich alles.«
    »Ich liebe dich, Robert«, seufzte Agatha, »und ich werde dich immer lieben. Du bist der einzige Mensch, dem ich je etwas bedeutet habe. Eines Tages werde ich zu dir kommen, und dann werden wir für immer … zusammen sein …«
    Ihre Worte griffen ihm ans Herz … und von da an bestimmte das leichtsinnig gegebene Versprechen sein Leben. Er kehrte in die Karibik zurück und erfüllte Jahr für Jahr seine Mission. Bis gestern. Gestern hatte er endlich die Wahrheit erkannt, die er so viele Jahre lang nicht hatte sehen wollen: Agatha war von Frederic besessen.
    Robert seufzte tief und zerrte seinen Koffer zur Tür.
    John schloss die Tür und sah seinen Vater an. Es behagte ihm nicht, dass sie ausgerechnet hier reden wollten, wo ihre schlimmsten Auseinandersetzungen stattgefunden hatten.
    »Halte dich zurück«, hatte Charmaine ihn beschworen. »Dein Vater gibt sich die größte Mühe.« John tat ihr den Gefallen, ohne jedoch rechte Freude zu empfinden. Warum halten nur alle meine Frauen zu meinem Vater?
    »Setz dich zu mir, John«, lud Frederic ihn ein.
    Sie waren allein. »Hat sich Richecourt verspätet?«
    »Nein. Ich wollte zuerst mit dir allein sprechen.«
    John machte sich auf das Schlimmste gefasst. Sein Vater reichte ihm mehrere Papiere. »Ich denke, dass alles seine Richtigkeit hat«, sagte er, »aber bevor du es liest, möchte ich dir meine Entscheidungen erklären.«
    »Deine Entscheidungen? Ich dachte, es sei alles entschieden?«
    »Von deiner Seite vielleicht, aber nicht von meiner.«
    John wollte protestieren,

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