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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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Tragweite. Sie barg ihr Gesicht in den Händen und weinte. »Was soll ich nur tun, Robert? Was soll ich nur tun?«
    »Ist ja gut«, tröstete er sie. Diese Angst nahm er ihr doch nur zu gern von den Schultern. »Weißt du … ich wüsste schon einen Weg.«
    Verzagt sah sie auf. »Und welchen?«
    »Du bleibst einfach hier!«
    »Ich soll einfach hierbleiben? Aber …«
    »Denk doch nur … du wärst allein mit Frederic, hättest ihn ganz für dich.«
    »Einfach hierbleiben?«, murmelte sie wieder.
    »Genau … wenn wir abreisen. Wenn Agatha fort ist, kannst du Frederics Gefühle vielleicht für dich gewinnen … und deine Schwester vor einer unglücklichen Zukunft bewahren.«
    Robert beobachtete ihre nachdenkliche Miene und wusste, dass sie fieberhaft überlegte. »Und wenn er nichts für mich empfindet, ist mein Ruf ruiniert«, wandte sie ein.
    »Das ist richtig. Aber selbst wenn nichts daraus wird … Mr Davenport zieht seinen Antrag auf jeden Fall zurück. Männer wie er heiraten keine Mädchen mit zweifelhaftem Ruf – ganz gleich, ob etwas daran ist oder nicht.«
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Du hast recht«, sagte sie, doch im nächsten Moment war sie wieder ernst. Offenbar hatte sich ihr Gewissen gemeldet. »Und Agatha?«
    »Ich würde sagen, dass du ihr einen großen Gefallen tust«, sagte er gleichmütig.
    »Trotzdem …« Elizabeth schien unentschlossen. »Es kommt mir wie Betrug vor. Was, wenn …«
    Er ließ sie nicht aussprechen. »Die Entscheidung musst du selbst treffen. Das kann ich dir nicht abnehmen.«
    »Aber … aber wie … wie soll ich es anstellen? Ich kann doch schlecht sagen, dass ich nicht mitfahre. Ich muss auf jeden Fall mit aufs Schiff.«
    Na endlich! »Du hast das Problem erfasst …« Er tat, als ob er nachdenken müsse, obwohl sein Plan seit Tagen feststand. »Vor der Abfahrt herrscht immer ein großes Chaos. Ich kann Frederic und Vater ablenken, sodass du unbeobachtet von Bord verschwinden könntest. Mutter und Agatha werden in ihren Kabinen auspacken und annehmen, dass du in deiner Kabine bist.«
    »Und wenn mich ein Matrose aufhält?«
    »Dann sagst du einfach, dass du etwas im Wagen vergessen hast.«
    »Und was, wenn Mutter und Vater entdecken, dass ich nicht an Bord bin? Sicher verlangen sie, dass das Schiff umkehrt.«
    »Umso schneller musst du sein. Das Beste aus der Situation machen … keine Zeit verlieren .«
    »Ich sollte Agatha einweihen.«
    »Das kannst du gern tun. Aber sei sicher, dass sie mit Mutter redet!«, entgegnete er kalt, weil er mit diesem Einwand gerechnet hatte. »Du weißt, dass deine Schwester dich nicht leiden kann. Sie würde sich sogar die Nase abschneiden, wenn sie dich damit ärgern könnte.« Er lächelte, als sie eine Grimasse zog. Robert hatte recht. Agatha verachtete sie.
    Robert hatte nie erfahren, wie genau die Sache abgelaufen war. Wie versprochen lenkte er seinen Vater und Frederic ab. Später, als das Schiff schon einige Zeit unterwegs war, kontrollierte er Elizabeths Kabine. Sie war leer. Und was das Interesse der Familie an seiner kleinen Schwester anlangte, sollte er ebenfalls recht behalten. Sie ließen sich die Mahlzeiten in die Kabine bringen, und so bemerkte niemand, dass Elizabeth gar nicht an Bord war.
    Roberts zweite Aktion sollte sicherstellen, dass das Schiff nicht mehr umkehrte. Kurz vor der Morgendämmerung wuchtete er einen der Ballaststeine über die Reling, und fast gleichzeitig ertönte der Schrei »Mann über Bord!« aus den Rahen. Innerhalb der nächsten Stunde hatte man alle Passagiere ausfindig gemacht. Alle bis auf Elizabeth. Man setzte Boote aus, doch die Suche blieb ergebnislos. Man ging davon aus, dass Elizabeth den Sonnenaufgang an Deck bewundern wollte und dabei über die Reling gestürzt war. Man hielt eine Andacht ab, und den Rest der Reise verbrachte die Familie in Trauer. Nicht einmal Agatha schöpfte Verdacht … bis Frederic drei Monate später mit Elizabeth am Arm in Liverpool von Bord ging.
    Nie hatte Robert Agatha so außer sich erlebt wie damals, als sie wie ein in die Enge getriebenes Tier getobt und um sich geschlagen hatte. Doch Frederic beeindruckte sie damit nicht. Er löste seine Verlobung mit Agatha und machte stattdessen Elizabeth einen Heiratsantrag. Als Robert senior Einspruch erhob, eröffnete ihm Frederic, dass er Elizabeth kompromittiert habe. Agatha schrie, dass er ihren Ruf genauso beschädigt habe, doch Frederic berief sich darauf, dass ihr Besuch auf Charmantes im Schutz der

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