Die Macht des Amuletts
Kräutergeruch war würzig und stark; sie sah, dass duftender Qualm aus einem Weihrauchbrenner im Hintergrund stieg. In allen Ecken schienen Gesichter, die in Spiegel und Kerzen geschnitzt waren, sie zu beobachten.
»Hallo«, rief sie leise. »Ist jemand da?« Die Glockenspiele klirrten, eine zarte, unheilvolle Warnung. Also hier hatte Mick sie bekommen. Sandy betrachtete sie und fand sie geschmacklos, grobe Metallreste und krummes Holz, aber als sie wieder klangen, fragte sie sich, wie das Halbdunkel sie getäuscht haben könnte, denn jetzt waren es zierlich gravierte, kostbare, elegante Formen, manche aus Silber, und ihr Geläute war leicht und anmutig. Ein Vorhang bewegte sich. Ein kleiner, hässlicher Mann schob sich durch, sein Kopf war kahl, die hellen Augen zusammengekniffen. Er trug ein rotes Halstuch und eine Moriskenjacke, die aus zerlumpten Stoff streifen zusammengenäht war.»Wollen Sie etwas kaufen?«, fragte er grinsend. »Nein.« Sandy starrte ihn an. »Ich suche Mick. Jemand sagte, er wäre hier.«
»Mick?« Höhnisch stieß er den Namen aus. »Mick Carter.«
Der Mann lachte spöttisch. »Ich weiß. Ihr neuer kleiner Sterblicher. Mal sehen.«
Er ging so schnell weg, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Sie fühlte sich unbehaglich in dem Stand mit seinem süßen Geruch nach Räucherstäbchen und Ölen, mit den dunklen Stoffgehängen in den Ecken, auf denen winzige Monde glitzerten. Sie schob das Baby weiter hinaus in die Sonne und bemerkte, wie die vertrauten Geräusche des Jahrmarkts hier lauter schienen. »Mick ist nicht hier.«
Eine große, rothaarige Frau lehnte an der Zeltstange. Sandy starrte sie an. Sie hatte geglaubt, Rowan sei älter, aber das war nicht viel mehr als ein Mädchen mit klarem, glattem Gesicht.
»Jemand hat mir gesagt, er wäre da.« »Er ist nicht da.« Rowan kam heraus; sie trug ein langes grünes Kleid und war barfuß. »Vielleicht ist er bei den Sessions.«
Auch ihre Augen waren grün, hell und scharf. Sandy kam es vor, als würde die Frau sich über sie lustig machen. »Dann versuche ich es dort.« Sie löste die Bremse am Kinderwagen; Anna gluckste. »Wenn Sie ihn sehen, sagen Sie ihm bitte, er soll zum Abendessen nach Hause kommen?« »Wenn ich ihn sehe.« Rowan betrachtete das Baby. »Sie ist hübsch. Ist das seine Schwester?«
Sie kam näher und beugte sich über den Kinderwagen. Sandy befiel plötzlich eine ganz unbegründete Unruhe; am liebsten hätte sie das Baby herausgeholt und festgehalten. Stattdessen sagte sie: »Sie heißt Anna.« »Sie sollten nicht so großzügig Namen nennen.« Rowan schaute auf. »Namen sind Macht.« Sie lächelte neugierig. »Sagen Sie, was hält er von Ihnen? Lehnt er Sie ab? Schließlich sind Sie nicht sehr viel älter als er.« Die Dreistigkeit der Frau machte Sandy sprachlos. Sie wurde rot vor Wut.
»Mick und ich kommen gut miteinander aus.« »Das hat er mir erzählt. Ich frage mich, ob es stimmt.« Rowan berührte ein Glockenspiel; es läutete leise. »Überlegen Sie doch mal«, sagte sie ruhig. »Jahrelang hatte er seinen Vater für sich allein. Jetzt kommen Sie daher. Er muss sich ausgestoßen fühlen.«
Sandy war es, als griffe eine kalte Hand nach ihrem Herzen. Sofort wusste sie, dass es Furcht war; sie wollte weg, wollte sich nicht noch mehr davon anhören.
»Ich habe es doch gesagt. Uns geht es gut.« Hastig drehte sie den Kinderwagen herum.
»Und seine richtige Mutter? Ich weiß, dass er an sie denkt.« Wutentbrannt fuhr sie herum. Rowans Augen funkelten spöttisch, ihnen entging nichts. »Bleiben Sie weg von ihm«, flüsterte Sandy. Rowan lachte. »Ah, aber er bleibt nicht weg von mir. Er liebt die Musik. Noch mehr als Sie. Sogar noch mehr als seinen Vater. «
Als Sandy wütend und verängstigt über das zertrampelte Gras davonlief, ohne auf das Holpern des Kinderwagens zu achten, starrte sie ins Leere. Hinter dem Eisstand blieb sie abrupt stehen.
»Es ist nicht wahr«, murmelte sie erbittert vor sich hin. »Es ist nicht wahr. «Katie trat gegen den Stapel Hufeisen. Sie rutschten und glitten metallisch klappernd durcheinander. »Was soll denn das?«
»Martins Einfall.« Ihr Vater hob das verschwitzte Gesicht vom Schmiedefeuer, seine Schürze war rußgeschwärzt. Er streckte sich, als hätte er Rückenschmerzen. Sie starrte ihn an.
»Er nagelt sie überall an die Stände.« Calum grinste. »Eisen, verstehst du? Das hält die Unirdischen fern.« Katie strich sich einen orangen Zopf aus dem Gesicht und fragte:
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