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Die Macht des Feuers

Die Macht des Feuers

Titel: Die Macht des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Daumen vorsichtig das rechte Augenlid der Frau auseinander.
    Die Papille war unscharf begrenzt, ischämisch gesäumt. Die Venen wiesen eine deutliche Fragmentation auf. Hinzu kam, daß die Macu-la rotbraun war, fast schwarz.
    Dr. Nyeberg entfuhr ein fassungsloses Stöhnen. Er stand da wie erstarrt. Seine Gedanken rasten. Das durfte doch nicht wahr sein, zum Teufel!
    Waters bemerkte, daß mit Nyeberg etwas nicht stimmte.
    »Was haben Sie, Sir?« fragte er besorgt. »Ist Ihnen nicht gut? - Sir?
    Wollen Sie sich für eine Minute ausruhen?«
    Es dauerte einen Moment, bis es Dr. Nyeberg gelang, sich zu fangen. Schließlich blickte er auf und sah Waters über den Untersuchungstisch hinweg benommen an. Statt auf seine Frage zu antworten, sagte er: »Haben Sie sich vorhin die Augen der Patientin angeschaut?«
    »Natürlich«, sagte Waters.
    »Und? Was haben Sie dabei festgestellt?«
    »Nun«, sagte der junge Assistenzarzt. »Die Papille scheint zu verblassen. Außerdem hat sich die Macula dunkel verfärbt.«
    Dr. Nyeberg nickte. »Korrekt. Und was sagt Ihnen das?«
    Waters war verwirrt. »Wie meinen Sie das, Sir?«
    »Na, kommt Ihnen das nicht ungewöhnlich vor?«
    Waters dachte einen Moment darüber nach. Dann schüttelte er den Kopf. »Eigentlich nicht«, sagte er. »Bei Brandopfern treten häufig Veränderungen im Augenhintergrund auf.«
    »Das schon«, bestätigte Nyeberg. »Aber nicht solche.«
    Waters runzelte die Stirn. »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nur, daß die bei der Patientin feststellbaren Symptome bei normalen Menschen für gewöhnlich nicht auftreten«, erklärte der Arzt. »Oder genauer: bei lebenden Menschen.«
    Waters sah ihn an. »Was soll das heißen?« fragte er. Seine Miene spiegelte komplette Verwirrung.
    »Das soll heißen«, sagte Dr. Nyeberg langsam, »daß man Dinge wie eine Dunklerfärbung der Macula, ein Abblassen der Papille, Ve-nenfragmentation und dergleichen in der Regel ausschließlich bei Personen findet, die seit ein bis drei Stunden verschieden sind. Hinzu kommt, daß angesehen von der Hirnfrequenz anscheinend sämtliche Vitalfunktionen der Patientin inexistent sind. Um es kurz und auch für Laien mit Diplom verständlich zu machen: Vom rein medizinischen Standpunkt aus betrachtet ist die Frau, die wir hier vor uns haben, tot .«
    *
    Im dem Augenblick, als Dr. Nyeberg sich diese Worte sagen hörte, wußte er plötzlich mit absoluter Gewißheit, daß es einen Gott gab, dem das Wohl seiner Schäfchen wirklich am Herzen lag, denn jene Frau, die da vor ihm auf dem Untersuchungstisch lag, war schlicht und einfach eine medizinische Sensation von derart großer Tragweite, daß man es nicht einmal abschätzen konnte.
    Eine lebende Tote!
    So etwas hatte die Welt noch nicht gesehen!
    Unvermittelt wurde Nyeberg klar, daß die Tage des Trübsinns für ihn vorüber waren. Keine Vierundzwanzig-Stunden-Schichten in der Notaufnahme mehr. Keine abgetrennten Gliedmaßen. Er würde wie ein Stern in den Zenit der modernen Medizin aufsteigen und dort? leuchten als der Entdecker und Erforscher einer lebenden Toten!
    Doch er mußte sicherstellen, daß ihm dabei niemand in die Quere kam. Er ließ seinen Blick über die Pfleger und Schwestern gleiten, die um ihn herumstanden und ihn fassungslos ansahen, kaum in der Lage zu glauben, was sie gerade gehört hatten, und sagte in einem autoritäreren Tonfall, als er jemals zuvor an den Tag gelegt hatte: »Okay, Ladies und Gentleman, diese Sache bleibt so lange unter uns, bis wir mit Sicherheit festgestellt haben, daß es sich bei der Patientin tatsächlich um eine Tote handelt, die - auf welche Art und Weise auch immer - lebt. Wir wollen schließlich keine falschen Hoffnungen oder sogar Panik verbreiten, oder?«
    »Nein, Sir«, sagte Waters, auf einmal so unterwürfig wie eine Pudeldame beim Anblick eines Schäferhundrüden. »Natürlich nicht. Was schlagen Sie vor?«
    »Unterrichten Sie Cooper von dem Fall«, erwiderte Nyeberg bedächtig. Professor Cooper war der Direktor des Krankenhauses, ein Mann mit vielseitigen gewinnbringenden Ambitionen, der Dr. Nye-berg vermutlich bis zum Anschlag in den Arsch kriechen würde, wenn er begriff, welches Potential in dieser Angelegenheit steckte. »Erklären Sie ihm, wie es aussieht, und kommen Sie dann runter in den Operationssaal, wohin wir die Patientin bringen werden, um sie eingehender zu untersuchen.«
    Waters nickte. »Alles klar, Sir! Sofort!« Er wandte sich ab und verließ die Notaufnahme im Laufschritt. Offenbar

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