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Die Macht des Feuers

Die Macht des Feuers

Titel: Die Macht des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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hatte er ebenso wie Nyeberg begriffen, daß diese Sache ihn schlagartig in eine Position hebeln würde, von der er heute früh noch nicht einmal zu träumen gewagt hatte.
    Nyeberg beugte sich über die Patientin, deren Lider sich in der Ohnmacht so schnell wie Schmetterlingsflügel bewegten, und versuchte noch einmal, ihren Puls zu messen - ohne Erfolg. Dann schaute er die verbliebenen Pfleger und Schwestern an und meinte: »Sie haben gehört, was ich eben gesagt habe! Schaffen Sie die Patientin runter in einen freien OP! Und zwar schnell! Bevor unsere lebende Tote wirklich zur Leiche wird!«
    Fünf Minuten später lag die Unbekannte auf dem Operationstisch im 5. OP des West Medical Center, angestrahlt von dem Halogenstrahler, der an einem Schwenkarm von der Decke hing.
    Während sich die Neuigkeit von der vermeintlichen lebenden Toten wie ein Buschfeuer in der gesamten Klinik ausbreitete, ging Dr. Nyeberg daran, die Patientin, deren Wohl plötzlich für keinen mehr von sonderlichem Interesse war, einer Reihe von Tests zu unterziehen, um in Erfahrung zu bringen, was mit der Frau los war. Warum sie lebte und gleichzeitig dennoch eindeutig tot war.
    Nyeberg begann die Versuche damit, die Reizbarkeit der Patientin zu erforschen, und zwar im Hinblick darauf, daß es sich bei ihr genaugenommen um eine Leiche handelte. Er griff nach drei Stahlnadeln, die neben ihm auf dem metallenen Rollwagen in der Instrumentenschale lagen, und führte sie an von der Pathologie genau vorgeschriebenen Stellen in den Leib der Frau ein: direkt unter dem rechten Auge in das verbrannte, unmittelbar neben dem Mundwinkel und in die Flexorengruppe des Unterarms. Dann klemmte er Kabel an die Stahlnadeln und verband diese mit einer starken Batterie, deren Stromabgabestärke sich mittels eines Drehschalters genau regulieren ließ.
    »Okay«, sagte Nyeberg und nickte Dr. Waters zu, der ihm bei den Versuchen zur Hand gehen würde. »Fangen wir an. Geben Sie Strom auf die Nadeln! Beginnen wir mit vier Volt!«
    »Ja, Sir.« Waters drehte den Schalter auf vier Volt hoch, der Stromstärke, die eine Taschenlampenbatterie besitzt. Wenn die Patientin medizinisch gesehen tatsächlich tot war, würde diese geringe Strommenge, die ein lebender Mensch noch nicht einmal registrieren würde, bereits ausreichen, um zumindest eine schwache Zuckung auszulösen, einen Muskelreflex, der aufzeigte, daß ihr Körper seine elektrochemischen Vorgänge eingestellt hatte.
    Doch nichts geschah. Die Frau auf dem OP-Tisch rührte sich nicht.
    Dr. Nyeberg fluchte. Dann wurde ihm klar, daß die Patientin wahrscheinlich noch nicht lange genug tot war, daß sich ihre körperinternen Funktionen hatten komplett neutralisieren können, und zischte Waters angespannt zu: »Gehen Sie auf zwanzig Volt!«
    Der Assistenzarzt gehorchte.
    Aber noch immer lag die Patientin vollkommen reglos auf dem Operationstisch. Lediglich ihre Augenlider zuckten, wie sie es bereits die ganze Zeit über taten.
    »Verdammt!« grollte Nyeberg. Langsam wurde er unruhig. Bei dieser Stromstärke würde sich die Muskulatur eines Leichnams normalerweise zusammengezogen haben. Doch die Patientin rührte sich nicht. Sie verhielt sich genau wie ein Mensch, durch den man zwanzig Volt schickte. Ihr Körper, der von den Schwestern notdürftig mit Mullbinden und Salbe behandelt worden war, glich die elektrische Schwankung aus.
    Plötzlich kamen Nyeberg Zweifel. Was war, wenn sich die Patien-tin lediglich in einer bis dato unbekannten Art von Koma befand, bei dem sich die Herzfrequenz drastisch verlangsamte? Wenn sie sich in Wirklichkeit nur im Tiefschlag befand?
    Dann war Nyebergs medizinische Sensation gestorben!
    »In Ordnung, Waters«, murmelte er, ohne die Patientin eine Sekunde aus den Augen zu lassen. »Erhöhen Sie die Stromstärke auf siebzig Volt!«
    »Siebzig Volt?« echote Waters irritiert.
    Nyeberg nickte. »Siebzig Volt!« wiederholte er streng. Wenn die Frau nicht tot war, würde diese Stromstärke ihren Körper in krampfhafte Zuckungen versetzen. Falls sie aber wirklich medizinisch tot war, würde die Reizung lediglich durch die Elektrizität zur Kontraktion der Augenlider und des Mundes führen. Außerdem sollten sich die Finger in einer stark fibrillären Zuckung bewegen.
    Wenn es jetzt nicht klappte, konnte er seinen Aufstieg an den Himmel der modernen Medizin vergessen, bevor er überhaupt begonnen hatte. Darum verfolgte er gebannt, wie Dr. Waters den Drehschalter langsam höher stellte.
    Vierzig

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