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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Stücke reißen. Wenn Sie in den Zeugenstand gehen, kann selbst ich Ihnen nicht mehr helfen.«
    Ich starre ihn an, eine Ewigkeit. »Na und?« sage ich.

    Â»Anruf für dich«, erklärt Caleb und läßt das schnurlose Telefon aufs Bett fallen. Als ich keine Anstalten mache, danach zu greifen, fügt er hinzu: »Es ist Patrick.«
    Es gibt also doch noch etwas, das stark genug ist, mich aus meiner Erstarrung und meinem Selbstmitleid zu reißen – die Möglichkeit zu handeln. Und ich muß wissen, wo er ist.
    Â»Patrick?« Ich halte den Hörer ans Ohr.
    Â»Ich hab ihn gefunden, Nina. Er ist in Louisiana. In einer kleinen Stadt namens Belle Chasse. Er ist Priester.«
    Blitzartig weicht alle Luft aus meiner Lunge. »Hast du ihn festgenommen?«
    Er zögert. »Nein.«
    Â»Hast du …« Ich kann nicht zu Ende sprechen. Ein Teil von mir hofft verzweifelt, daß er mir etwas Entsetzliches gestehen wird, das ich unbedingt hören möchte. Und ein anderer Teil von mir hofft, daß das, zu dem ich geworden bin, nicht auch ihn vergiftet hat.
    Â»Ich hab mit dem Kerl geredet. Aber ich konnte ihm doch nicht sagen, daß ich ihn im Visier habe oder daß ich aus Maine bin. Wir hatten das ja schon mal, zu Anfang, mit Nathaniel – gib einem Kinderschänder einen Tip, und er haut ab, und wir kriegen nie ein Geständnis. Gwynne ist bestimmt noch gerissener, denn er weiß schließlich, daß sein Halbbruder getötet wurde, wegen eines sexuellen Mißbrauchs, den Gwynne selbst begangen hatte.« Patrick stockt. »Also hab ich ihm erzählt, ich sei auf der Suche nach der passenden Kirche für meine Trauung. Was Besseres ist mir so schnell nicht eingefallen.«
    Tränen schießen mir in die Augen. Patrick war so nah an ihm dran. »Nimm ihn fest. Um Gottes willen, Patrick, leg sofort auf und geh zu ihm und –«
    Â»Nina, hör auf. In Louisiana bin ich kein Cop. Die Straftat ist nicht hier verübt worden. Ich brauche einen Haftbefehl aus Maine, um diesen Gwynne zu kriegen, und selbst dann könnte er gegen die Auslieferung Rechtsmittel einlegen.« Nach kurzer Pause sagt er: »Und was, meinst du, würde mein Chef dazu sagen, wenn er herausfindet, daß ich meine Dienstmarke dazu mißbrauche, Informationen in einem Fall zu sammeln, für den ich gar nicht zuständig bin?«
    Â»Aber Patrick … du hast ihn gefunden.«
    Â»Ich weiß. Und er wird seine Strafe bekommen. Nur nicht heute.«
    Er erkundigt sich, ob es mir gutgeht, und ich lüge ihn an. Wie kann es mir gutgehen? Ich bin wieder da, wo ich angefangen habe. Nur daß jetzt, wenn mir wegen der Ermordung eines Unschuldigen der Prozeß gemacht worden ist, Nathaniel in ein weiteres Verfahren verwickelt werden wird. Während ich im Gefängnis sitze, muß er seinem Peiniger gegenübertreten, den Alptraum erneut durchleben.
    Patrick verabschiedet sich, und ich starre das Telefon in meiner Hand an.
    Beim ersten Mal hatte ich sehr viel mehr zu verlieren.
    Â»Was machst du denn?«
    Ich ziehe mir gerade einen Pullover über, da sehe ich Caleb im Schlafzimmer stehen. »Wonach sieht es denn aus?« Ich knöpfe meine Jeans zu.
    Â»Patrick hat es geschafft, daß du aufstehst«, sagt er, und in seiner Stimme schwingt ein ungewohnter Ton mit.
    Â»Patrick hatte eine Information für mich, deshalb bin ich aufgestanden«, stelle ich klar. Ich will um Caleb herumgehen, aber er versperrt mir den Weg. »Bitte. Ich muß weg.«
    Â»Nina, du gehst nirgendwohin. Das Armband.«
    Ich blicke in das Gesicht meines Mannes. Auf seiner Stirn sind feine Linien, die ich noch nie gesehen habe, und mit einigem Schrecken begreife ich, daß ich sie verursacht habe.
    Ich bin ihm eine Antwort schuldig.
    Â»Patrick hat den Namen des Knochenmarkspenders herausgefunden. Es ist der Priester, der im Oktober in St. Anne’s zu Besuch war. Der mit der Katze. Er heißt Arthur Gwynne, und er ist an einer Kirche in Belle Chasse, Louisiana.«
    Caleb wird blaß. »Warum … warum erzählst du mir das?«
    Weil ich beim ersten Mal allein gehandelt habe, obwohl ich dir zumindest meinen Plan hätte mitteilen sollen. Weil du, wenn du vor Gericht danach gefragt wirst, nicht aussagen mußt. »Weil es«, sage ich, »noch nicht vorbei ist.«
    Er weicht zurück. »Nina. Nein.« Ich stehe auf, aber er packt mein Handgelenk, zieht mich

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