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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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passiert.«
    Er knallt den Hörer auf – wütend auf seinen idiotischen Kollegen, wütend auf Gwynne, vor allem wütend auf sich selbst, weil er die Sache nicht selbst in die Hand genommen hat, als er in Louisiana war. Aber er hatte nun mal nicht vergessen können, daß er Polizeibeamter war, daß er an gewisse Vorschriften gebunden war. Daß Nina nein gesagt hatte, auch wenn sie es in Wirklichkeit anders wollte.
    Patrick starrt das Telefon eine Weile an.
    Dann schnappt er sich seine Jacke und verläßt das Polizeirevier, fest entschlossen, eine Veränderung herbeizuführen, statt sich von ihr überrollen zu lassen.

    Wider Erwarten ist es der schönste Tag meines Lebens geworden. Zuerst wurde Nathaniel für nicht verhandlungsfähig erklärt. Dann bat Caleb mich nach der Anhörung, auf Nathaniel aufzupassen, sogar über Nacht, weil er einen Auftrag an der kanadischen Grenze hat. »Macht es dir was aus?« fragte er höflich, und ich kriegte nicht einmal eine Antwort zustande, so überglücklich war ich. Ich male mir schon aus, wie Nathaniel in der Küche neben mir steht und wir sein Lieblingsessen kochen, wie wir uns sein Shrek -Video zweimal hintereinander ansehen, zwischen uns eine Schüssel Popcorn.
    Doch Nathaniel ist müde vom Tag. Um halb sieben schläft er auf der Couch ein und wird auch nicht wach, als ich ihn nach oben trage. Im Bett öffnet sich seine Hand auf dem Kissen, als wollte er mir ein verstecktes Geschenk darreichen.

    Quentin verteilt den Rasierschaum auf Wangen und Kinnpartie, zieht dann das Rasiermesser über die Haut. Heute ist er nicht nervös. Es wird einen immensen Medienandrang geben, aber er kann mit stichhaltigen Beweisen aufwarten. Schließlich hat er die Tat der Angeklagten auf Video. Wenn die Geschworenen sich die Aufnahme erst einmal angesehen haben, wird Fisher die Wirkung auf sie nicht mehr neutralisieren können.
    Â»Verdammt!« Quentin zuckt zusammen, als er sich schneidet. Der Rasierschaum brennt in der Wunde, und er drückt mit finsterer Miene ein Papiertaschentuch auf die Stelle. Er muß es eine Weile festhalten, während ein paar Tropfen Blut zwischen seinen Fingern hervorquellen. Irgendwie erinnert ihn dieser Anblick an Nina Frost.
    Er knüllt das Taschentuch zusammen und wirft es quer durch den Raum in den Abfalleimer. Ziel getroffen.

    Ich habe bereits alles anprobiert: das schwarze Kostüm, das blaßrosa Kostüm, den Kordsamtpullover, eine Hose mit flachen Schuhen. Ich bin sauer auf Fisher, weil er nicht daran gedacht hat, mir etwas zu besorgen, worin ich verloren und jung aussehe.
    Ich weiß zwar, was ich anziehen muß, damit Geschworene glauben, daß ich alles unter Kontrolle habe. Aber ich weiß beim besten Willen nicht, in welcher Kleidung ich hilflos wirke.
    Auf der Uhr am Bett ist es plötzlich fünfzehn Minuten später, als es sein sollte.
    Ich ziehe den Pullover über. Er ist gut zwei Nummern zu groß. Als ich mir eine Strumpfhose überziehe, sehe ich, daß sie eine Laufmasche hat. Ich nehme eine andere – aber die ist auch kaputt. »Bitte nicht heute«, sage ich leise und reiße die Schublade mit meiner Unterwäsche auf, finde aber auch nach endlosem Kramen keinen Ersatz.
    Â»Verdammt!« Ich trete gegen das Bein der Kommode, prelle mir dabei die Zehen derart schmerzhaft, daß mir die Tränen kommen. Ich ziehe die ganze Schublade heraus, kippe den restlichen Inhalt auf den Boden und schleudere die Schublade durch den Raum.
    Als meine Beine nachgeben, lande ich auf der weichen Wolke aus Unterwäsche. Ich ziehe die Knie an den Körper, stülpe den Pullover darüber, lege das Gesicht auf die Arme und heule los.

    Â»Mommy war gestern abend im Fernsehen«, sagt Nathaniel, als sie in Calebs Pick-up zum Gericht fahren. »Als du unter der Dusche warst.«
    Caleb, der ganz in Gedanken ist, kommt fast von der Straße ab, als er hört, was sein Sohn da sagt. »Ich hab doch gesagt, du sollst nicht fernsehen.«
    Nathaniel zieht die Schultern hoch, und sofort tut es Caleb leid. In letzter Zeit denkt er immer gleich, daß er etwas falsch gemacht hat. »Ist ja nicht schlimm«, sagt Caleb. Er zwingt sich, konzentriert zu fahren. In zehn Minuten ist er im Gericht. Dann kann er Nathaniel in Monicas Obhut geben, vielleicht fallen ihr ja bessere Antworten ein.
    Nathaniel ist aber noch nicht fertig. Er zögert einen Moment, dann

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