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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Nathaniels Herz klopft jetzt so schnell, wie Regen auf eine Windschutzscheibe trommelt, und er legt sich die Hand auf die Brust, damit die anderen das nicht hören.
    Seine Mommy sitzt in der ersten Reihe. Ihre Augen sind geschwollen, und bevor sie ihn ansieht, wischt sie sich mit den Fingern darüber. Nathaniel muß an all die anderen Male denken, wo sie so getan hat, als würde sie nicht weinen, wo sie gelächelt hat, obwohl sie doch Tränen auf den Wangen hatte.
    Vorn im Saal ist auch noch ein großer Mann, seine Haut ist braun wie die einer Kastanie. Das ist der Mann, der im Supermarkt war, der die Polizei gerufen hat, damit seine Mutter weggeholt wurde.
    Der Anwalt, der neben seiner Mutter sitzt, steht auf und geht auf Nathaniel zu. Er mag den Anwalt nicht. Immer, wenn der Anwalt zu ihnen nach Hause gekommen ist, haben seine Eltern sich hinterher angeschrien. Und gestern abend, als Nathaniel zum Üben hier im Saal war, war der Anwalt richtig gemein zu ihm.
    Jetzt legt er Nathaniel eine Hand auf die Schulter. »Nathaniel, ich weiß, du machst dir Sorgen wegen deiner Mommy. Ich auch. Ich möchte, daß sie wieder glücklich und zufrieden ist, aber dazu mußt du mir ein paar Fragen beantworten.« Nathaniel nickt. »Mr. Brown, das ist der große Mann da drüben, wird dir auch einige Fragen stellen. Aber denke immer daran: Ich bin hier, um deiner Mommy zu helfen.«
    Dann geht er mit Nathaniel nach vorn. Es sind mehr Leute da als gestern abend – ein Mann, in einem schwarzen Umhang mit einem Hammer in der Hand, ein anderer, dem die Haare in kleinen Locken vom Kopf abstehen, eine Frau mit einer Schreibmaschine. Seine Mom. Und der große Mann, der böse zu ihr war. Sie gehen zu dem kleinen Käfig, wo Nathaniel gestern schon gesessen hat. Er klettert auf den Stuhl, der zu niedrig ist, faltet dann die Hände auf dem Schoß.
    Der Mann in dem schwarzen Umhang fragt: »Haben wir denn für den Jungen keinen höheren Stuhl?«
    Alle blicken sich im Saal um. Der, der beinahe wie ein Polizist aussieht, spricht aus, was alle sehen können. »Wohl nicht.«
    Der Mann in dem Umhang seufzt, reicht Nathaniel dann ein dickes Buch. »Dann setz dich bitte auf die Bibel, Nathaniel.«
    Er tut es, zappelt ein wenig hin und her, bis er einigermaßen bequem sitzt. »Nathaniel«, sagt der Mann jetzt, »ich bin Richter Neal. Schön, daß du schon so ein großer Junge bist. Ich möchte, daß du uns jetzt ein paar Fragen beantwortest, ja?«
    Nathaniel nickt, und der Richter lehnt sich zufrieden zurück. »Gut, jetzt wird dir zuerst Mr. Brown ein paar Fragen stellen.«
    Nathaniel blickt den großen Mann an, der aufsteht und lächelt. Er hat ganz weiße Zähne. Wie ein Wolf. Er ist so groß, daß er fast bis zur Decke geht, und als er ihn auf sich zukommen sieht, stellt Nathaniel sich vor, wie der Mann seiner Mutter weh tut und sich dann zu Nathaniel umdreht und ihn in zwei Hälften beißt.
    Er holt tief Luft und bricht in Tränen aus.
    Der Mann bleibt abrupt stehen, als hätte er das Gleichgewicht verloren. »Geh weg!« ruft Nathaniel. Er zieht die Knie hoch und drückt sein Gesicht dagegen.
    Â»Nathaniel.« Mr. Brown kommt langsam näher, streckt eine Hand aus. »Ich stelle dir bloß ein paar Fragen. Einverstanden?«
    Nathaniel schüttelt den Kopf, aber er blickt nicht auf. Vielleicht kann er sie alle mit einem Blick zu Eis machen und mit dem nächsten in Brand stecken.
    Â»Wie heißt denn deine Schildkröte?« fragt der große Mann.
    Nathaniel versteckt Franklin unter den Knien, damit auch der den Mann nicht ansehen muß. Er hält sich die Hände vors Gesicht, lugt zwischen den Fingern hindurch und sieht, daß der Mann noch näher gekommen ist. Nathaniel dreht sich auf dem Stuhl zur Seite, als könnte er durch die Stäbe der Rückenlehne rutschen.
    Â»Nathaniel«, versucht der Mann es erneut.
    Â»Nein«, schluchzt Nathaniel. »Ich will nicht!«
    Der Mann wendet sich ab. »Euer Ehren. Dürfen wir näher treten?«
    Nathaniel späht über den Rand des Kastens, in dem er sitzt, und sieht seine Mutter. Auch sie weint, aber das ist ja auch klar. Weil der Mann ihr weh tun will. Sie hat bestimmt genauso große Angst vor ihm wie Nathaniel.

    Fisher hat gesagt, ich soll nicht weinen, weil ich dann aus dem Saal verwiesen werde. Aber ich kann nichts dagegen machen

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