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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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hing. Es zeigte einen Mann auf einem weißen Pferd, der einem Drachen eine Lanze ins Herz stach.
    Vielleicht hatten die Drachen nicht mehr auf die Arche gepaßt, und deshalb sah man heute keine mehr.
    Â»Der heilige Georg war sehr tapfer«, sagte eine Stimme hinter ihm, und Nathaniel merkte, daß er nicht allein war. »Und du?« fragte der Priester mit einem langsamen Lächeln. »Bist du auch tapfer?«

    Wenn Nina seine Frau wäre, hätte Patrick in der ersten Reihe des Zuschauerraums gesessen. Er hätte ihren Blick gesucht, sobald sie durch die Tür in den Gerichtssaal gekommen wäre, um ihr zu zeigen, daß er immer für sie da war, egal, was passierte. Niemand hätte zu ihm nach Hause kommen müssen, um ihm das Ergebnis der Anklageeröffnung mitzuteilen.
    Als Caleb endlich die Tür aufmacht, ist Patrick richtig wütend auf ihn.
    Â»Sie kommt auf Kaution raus«, sagt er ohne jede Begrüßung. »Du mußt einen Scheck über zehntausend Dollar zum Gericht bringen.« Er starrt Caleb zornig an, die Hände in den Jackentaschen vergraben. »Ich nehme wohl an, daß du ihr den kleinen Dienst erweisen wirst. Oder hattest du vor, deine Frau gleich zweimal an einem Tag im Stich zu lassen?«
    Â»Du meinst, so wie sie mich im Stich gelassen hat?« entgegnet Caleb. »Ich konnte nicht kommen. Ich hatte niemanden, der auf Nathaniel aufpaßt.«
    Â»Blödsinn. Du hättest mich bitten können, auf ihn aufzupassen. Und genau das werde ich jetzt auch tun. Fahr los und hol Nina ab. Sie wartet.« Er verschränkt die Arme, zwingt Caleb, Farbe zu bekennen.
    Â»Ich denk nicht dran«, sagt Caleb, und eine Sekunde später drückt Patrick ihn schon gegen den Türrahmen.
    Â»Was ist los mit dir, verdammt noch mal?« stößt er hervor. »Sie braucht dich jetzt.«
    Caleb, größer und stärker, holt zum Schlag aus, und Patrick landet in der Gartenhecke. »Ich lasse mir von dir nicht sagen, was meine Frau braucht.« Im Hintergrund ruft eine zaghafte Kinderstimme nach dem Vater. Caleb dreht sich um, geht ins Haus und schließt die Tür hinter sich.
    Patrick liegt ausgestreckt zwischen den Büschen und schnappt nach Luft. Was soll er jetzt tun? Er kann Nina nicht im Gefängnis lassen, er hat aber auch nicht genug Geld zur Verfügung, um ihre Kaution zu stellen.
    Plötzlich geht die Tür wieder auf. Caleb steht vor ihm, einen Scheck in der Hand. Patrick nimmt ihn, und Caleb nickt ihm dankbar zu. Es ist eine Entschuldigung, ein Geschäft, abgeschlossen im Namen der Frau, die ihrer beider Leben aus dem Gleichgewicht gebracht hat.

    Ich werde Caleb vorwerfen, daß er nicht zu der Verhandlung gekommen ist, aber erst nachdem ich Nathaniel so lange an mich gedrückt habe, bis er fast mit mir verschmilzt. Nervös warte ich, bis der Hilfssheriff die Zelle aufschließt und mich in den Vorraum des Sheriffbüros führt. Dort wartet ein vertrautes Gesicht, aber nicht das richtige.
    Â»Ich hab die Kaution bezahlt«, sagt Patrick. »Caleb hat mir den Scheck gegeben.«
    Â»Er …« setze ich an, und dann fällt mir wieder ein, wer da vor mir steht. Es ist zwar Patrick, aber dennoch. Ich blicke ihn mit großen Augen an, als er mich aus dem Lieferanteneingang des Gerichtsgebäudes führt, um der Presse aus dem Weg zu gehen. »Ist er wirklich tot? Schwörst du mir, daß er wirklich tot ist?«
    Patrick packt meinen Arm und zieht mich herum. »Hör auf.« Sein Gesicht ist von Kummer zerfurcht. »Bitte, Nina. Hör auf damit.«
    Er durchschaut mich; natürlich durchschaut er mich. Er ist schließlich Patrick. In gewisser Weise ist es eine Erleichterung, ihm nichts mehr vormachen zu müssen, endlich Gelegenheit zu haben, mit jemandem zu sprechen, der es verstehen wird. Wir gehen zu seinem Auto. Der ganze Parkplatz steht voller Übertragungswagen mit Satellitenschüsseln auf dem Dach. Patrick wirft mir etwas Schweres auf den Schoß, eine dicke Ausgabe des Boston Globe .
    ÃœBER DEM GESETZ , lautet die Schlagzeile. Und darunter: Priester in Maine ermordet – biblische Rache einer Staatsanwältin . Ein Farbfoto zeigt mich, wie ich von Patrick und den Gerichtsdienern zu Boden gerissen werde. In der rechten Ecke ist Pater Szyszynski in einer Blutlache zu sehen. Ich fahre mit dem Finger über Patricks Profil. »Du bist berühmt«, sage ich leise.
    Patrick antwortet

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