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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Nathaniel im Arm, Caleb neben mir. Fisher hat es irgendwie geschafft, daß auch sein Gesicht mit im Bild ist. Quer darüber, in fetten, schwarzen Lettern: M OMMY .
    Caleb räumt Nathaniels leere Cornflakes-Schüssel ab, als unser Sohn in sein Spielzimmer rennt, um mit seinen Plastikdinosauriern Jurassic Park zu spielen. Ich schiele auf die Zeitung. »Ich bin das Paradebeispiel für eine schlechte Mutter«, sage ich.
    Â»Immer noch besser als die Mörderin von Maine.« Er deutet mit dem Kinn auf den Tisch. »Was ist in dem Umschlag?«
    Der Umschlag sieht aus wie die, die wir im Büro für Hausmitteilungen verwenden, mit einer roten Kordel zugebunden. Er steckte in der Zeitung zwischen dem Lokal- und dem Sportteil. Ich drehe ihn um, aber er hat keinen Absender.
    Drinnen ist ein Bericht vom Kriminallabor, ein Schaubild, wie ich schon so viele gesehen habe. Eine Tabelle mit Ergebnissen in acht Spalten, die jeweils eine andere Stelle in der menschlichen DNA markiert. Und zwei Zahlenreihen, die an jeder Stelle identisch sind.
    Ergebnis: Das DNA -Profil, das anhand des von der Unterhose gewonnenen genetischen Materials ermittelt wurde, entspricht dem DNA -Profil von Szyszynski. Demzufolge kann nicht ausgeschlossen werden, daß das genetische Material der Probe von ihm stammt. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine andere, unbekannte Person ein identisches genetisches Material aufweist, ist eins zu sechs Milliarden, was in etwa der Weltbevölkerung entspricht.
    Anders ausgedrückt: Pater Szyszynskis Sperma wurde in der Unterhose meines Sohnes gefunden.
    Caleb späht mir über die Schulter. »Was ist das?«
    Â»Meine Absolution«, seufze ich.
    Caleb nimmt mir das Blatt aus der Hand, und ich deute auf die erste Zahlenreihe. »Das ist die DNA , die aus Szyszynskis Blutprobe gewonnen wurde. Und die Reihe darunter ist die DNA , die sie aus dem Fleck in der Unterhose gewonnen haben.«
    Â»Die Zahlen sind alle gleich.«
    Â»Genau. Die DNA ist ja im ganzen Körper gleich. Deshalb lassen die Cops, wenn sie zum Beispiel einen Vergewaltiger festgenommen haben, eine Blutprobe entnehmen. Entscheidend ist, wenn die DNA aus der Blutprobe mit den sichergestellten Beweisen übereinstimmt, wird der Bursche mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schuldig gesprochen.« Ich sehe zu ihm hoch. »Das bedeutet, daß er es war, Caleb. Er war der Täter. Und –« Meine Stimme verliert sich.
    Â»Und was?«
    Â»Und ich habe das Richtige getan«, schließe ich.
    Caleb legt das Blatt mit der Vorderseite nach unten auf den Tisch und steht auf.
    Â»Was hast du?« frage ich.
    Er schüttelt langsam den Kopf. »Nina, du hast nicht das Richtige getan. Du hast es doch gerade selbst gesagt. Wenn die DNA im Blut des Verdächtigen mit den Beweisen übereinstimmt, wird er schuldig gesprochen. Wenn du also gewartet hättest, hätte er seine Strafe bekommen.«
    Â»Und Nathaniel hätte in dem Gerichtssaal sitzen müssen, er hätte jeden Augenblick der Tat noch einmal durchleben müssen, weil der Laborbericht ohne seine Aussage nichts wert gewesen wäre.« Unwillkürlich schießen mir Tränen in die Augen. »Ich hab gedacht, daß Nathaniel schon genug durchgemacht hat.«
    Â»Ich weiß, was du gedacht hast«, sagt Caleb leise. »Das ist ja das Problem. Was ist denn mit den Dingen, die Nathaniel verarbeiten mußte, weil du das getan hast? Ich sage nicht, daß du das Falsche getan hast. Ich sage nicht, daß ich nicht selbst daran gedacht habe. Aber selbst, wenn es gerecht war … oder angemessen … Nina, es war gewiß nicht das Richtige .«
    Er zieht seine Stiefel an und öffnet die Küchentür, läßt mich mit den Laborergebnissen allein. Ich lege den Kopf auf die Hände und atme tief durch. Caleb irrt sich, er muß sich irren, denn wenn er sich nicht irrt, dann –
    Als mein Blick wieder auf den Umschlag fällt, stellt sich mir eine andere Frage. Wer hat ihn mir so heimlich zukommen lassen? Irgendwer von der Staatsanwaltschaft wird ihn vom Labor bekommen haben. Vielleicht hat Peter ihn in die Zeitung geschoben, oder eine mitfühlende Sekretärin, die meint, damit hätte eine Verteidigung aufgrund von Unzurechnungsfähigkeit noch bessere Aussichten. Auf jeden Fall ist es ein Dokument, das ich eigentlich nicht haben dürfte.
    Und von dem ich Fisher daher auch nichts erzählen darf.
    Ich

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