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Die Macht des Zweifels

Titel: Die Macht des Zweifels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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greife zum Telefon und rufe ihn an. »Nina«, sagt er. »Haben Sie schon einen Blick in die Zeitung geworfen?«
    Â»Ja, wir sind nicht zu übersehen. Übrigens, haben Sie inzwischen die DNA -Ergebnisse des Priesters bekommen?«
    Â»Sie meinen die Probe von der Unterhose? Nein.« Er zögert. »Der Fall ist jetzt natürlich ad acta gelegt. Möglicherweise hat irgend jemand den Laborleuten gesagt, sie könnten sich die Mühe sparen.«
    Unwahrscheinlich. Die Mitarbeiter des Staatsanwaltes dürften alle zu beschäftigt gewesen sein, um an eine solche Kleinigkeit zu denken. »Wissen Sie, ich würde den Bericht wirklich gern sehen.«
    Â»Er hat aber keinerlei Auswirkungen auf Ihren Prozeß –«
    Â»Fisher«, sage ich mit Nachdruck. »Ich bitte Sie höflichst darum. Sagen Sie Ihrer Sekretärin, sie soll Quentin Brown anrufen und ihn bitten, den Bericht an Sie zu faxen. Ich muß ihn sehen.«
    Er seufzt. »Also gut. Ich melde mich wieder bei Ihnen.«
    Ich lege den Hörer wieder auf die Gabel und setze mich an den Tisch. Draußen spaltet Caleb Holz, reagiert seine Frustration mit jedem wuchtigen Schlag ab. Gestern nacht, als er mit warmer Hand unter der Decke nach mir tastete, streifte er mein elektronisches Plastikarmband. Prompt drehte er sich von mir weg.
    Ich nehme meine Kaffeetasse und lese noch einmal die zwei Zahlenspalten des Laborberichtes. Caleb liegt falsch, basta. All diese Buchstaben und Zahlen beweisen schwarz auf weiß, daß ich eine Heldin bin.

    Quentin Brown überfliegt den Laborbericht ein weiteres Mal und legt ihn dann auf eine Ecke seines Schreibtisches. Nichts Neues. Alle Welt weiß, warum sie den Priester getötet hat. Entscheidend ist, daß das alles nun keine Rolle mehr spielt. In dem bevorstehenden Prozeß geht es nicht um sexuellen Mißbrauch, sondern um Mord.
    Die Sekretärin, eine verdrießliche, blaßblonde Frau namens Rhonda oder Wanda oder so ähnlich, steckt den Kopf zur Tür herein. »Kann denn hier kein Mensch anklopfen?« knurrt Quentin.
    Â»Haben Sie den Laborbericht über Szyszynski?« fragt sie.
    Â»Der liegt hier. Wieso?«
    Â»Der Verteidiger hat gerade angerufen. Er will ihn sofort zugefaxt bekommen.«
    Quentin reicht ihn der Sekretärin. »Wieso denn die Eile?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Quentin versteht das nicht. Fisher Carrington muß doch wissen, daß die Informationen seiner Mandantin weder nützen noch schaden können. Andererseits kann es der Anklagevertretung ja egal sein – Nina Frost wird schuldig gesprochen werden, ganz bestimmt, und daran wird kein Laborbericht über einen Toten etwas ändern. Als die Sekretärin die Tür hinter sich schließt, hat Quentin Carringtons Bitte schon wieder vergessen.

    Marcella Wentworth kann Schnee nicht ausstehen. Sie hat genug davon gehabt, schließlich ist sie in Maine aufgewachsen und hat fast zehn Jahre dort gearbeitet. Sie haßt es, schon morgens beim Aufwachen zu wissen, daß man sich den Weg zum Auto freischaufeln muß. Sie haßt das Gefühl, Skier unter den Füßen zu haben. Sie haßt es, wenn die Räder auf vereistem Schnee durchdrehen. Der glücklichste Tag in Marcellas Leben war der, an dem sie ihren Job im Kriminallabor von Maine aufgab, nach Virginia zog und ihre Schneestiefel in einen Abfalleimer auf einem Parkplatz am Highway warf.
    Seit drei Jahren arbeitet sie nun schon bei CellCore, einem privaten Labor. Marcella ist das ganze Jahr über sonnengebräunt und besitzt nur einen leichten Wintermantel. Aber an ihrem Arbeitsplatz hat sie eine Ansichtskarte aufgehängt, die sie letztes Jahr zu Weihnachten von der Staatsanwältin Nina Frost bekommen hat. Man sieht die unverkennbaren Umrisse ihres Heimatstaates. Und der Text lautet: Once a Mainiac, always a Mainiac .
    Marcella betrachtet gerade die Postkarte und denkt, daß die da oben im Norden wahrscheinlich schon die ersten Schneeflocken haben, als Nina Frost anruft.
    Â»Sie werden Sie es mir nicht glauben«, sagt Marcella, »aber ich habe gerade an Sie gedacht.«
    Â»Ich brauche Ihre Hilfe«, erwidert Nina. Typisch Nina Frost – kommt immer gleich zur Sache. Seit Marcella nicht mehr in Maine arbeitet, hat Nina einige wenige Male angerufen und sie um ihren sachverständigen Rat gebeten, wenn sie sich in einem Fall absichern wollte. »Ich habe einen DNA -Test, den ich überprüfen lassen

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