Die Macht
ich Ben Freidman einige sehr direkte Fragen stellen werde – aber im Moment glaube ich nicht, dass die Bagdad-Krise irgendetwas damit zu tun hat. Unsere Satellitenbilder sagen uns, dass unter diesem Krankenhaus irgendetwas Ungewöhnliches gebaut wurde – aller Wahrscheinlichkeit nach ein Bunker. Außerdem wissen wir, dass Saddam seit längerem die Entwicklung von Atomwaffen vorantreibt. Was die andere Sache betrifft, so wissen wir von Donatella, dass sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Mossad eine Vereinbarung mit Freidman getroffen hat. Er kassiert ein Drittel des Honorars, dafür organisiert er alles für sie. Laut Donatella war das Honorar für den Cameron-Auftrag eine halbe Million Dollar. Sie behauptet, dass Israel niemals so viel zahlen würde.«
»Aber wer war es dann?«
»Das weiß ich nicht, Sir.«
Hayes hob frustriert die Hände. »Na großartig. Haben Sie irgendeine Idee, wie wir das herausfinden können?«
»Ja. Wenn die Zeit dafür reif ist, werden wir Ben Freidman fragen.«
»Und Sie glauben, dass er uns eine ehrliche Antwort gibt?«
»Ja, das glaube ich, Sir. Und ich erwarte mir sogar noch einiges mehr von ihm.«
Hayes sah sie erstaunt an. Die Art, wie sie soeben gesprochen hatte, erinnerte ihn an Thomas Stansfield. »Würden Sie mir Ihren Plan verraten?«
»Nein«, sagte Irene Kennedy kopfschüttelnd. »Sie haben schon genug, um das Sie sich kümmern müssen, wenn ich an die Bagdad-Krise denke. Glauben Sie mir, wenn es so weit ist, werden Sie eine sehr wichtige Rolle übernehmen, wenn es darum geht, die Wahrheit aus Ben Freidman herauszubekommen.«
34
Fort Bragg, North Carolina,
Samstagmorgen
Gleich am nächsten Morgen stieg Rapp in einen CIA-Learjet, um die kurze Strecke von Washington hinunter nach Fayetteville, North Carolina, zurückzulegen. Sein Gepäck bestand aus zwei großen Seesäcken und einer Reisetasche. Die Seesäcke enthielten verschiedene Waffen samt Munition, die er auf der bevorstehenden Mission vielleicht brauchen würde, sowie einige andere notwendige Kleinigkeiten. In der Reisetasche hingegen hatte er eine Art Überraschung verstaut – etwas, das er in den vergangenen Jahren entwickelt und perfektioniert hatte.
Als das Flugzeug startete, blickte Rapp aus dem kleinen Fenster und erlaubte sich einen letzten Gedanken an Anna. Danach durfte es kein Zurückblicken mehr geben. Er brauchte jetzt seine ganze Konzentration für die bevorstehende Aufgabe, die Atomwaffen unschädlich zu machen. Es tat ihm weh, an Anna zu denken. Er fragte sich, wo sie wohl gerade war – ob sie bereits unterwegs nach Amerika war oder vielleicht gerade auf der sonnigen Terrasse der atemberaubenden Villa saß, die er an der Amalfi-Küste gemietet hatte. Er stellte sich vor, wie es wäre, neben ihr zu liegen, seinen Arm unter ihrem Kopf, seine Hand an ihrer nackten Hüfte, während sie ihn mit ihren wunderschönen grünen Augen verträumt ansah, mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen. Genau so hatte er sie so oft vor sich gesehen – warum hatte es nicht so bleiben können?
All seine Hoffnungen auf ein ganz normales Leben waren mit einem Schlag zunichte gemacht. Nein, es war töricht von ihm gewesen, von einem anderen Leben zu träumen. Er war nun mal ein Killer. Männer wie er heirateten nicht eine Frau wie Anna. Es lagen Welten zwischen ihnen beiden. Sie machte sich Gedanken darüber, mit wem er geschlafen hatte, bevor sie sich kennen gelernt hatten, während er sich mit der Frage beschäftigte, wer Peter Cameron angeheuert hatte, um ihn zu töten. Wenn man das Ganze aus einer gewissen Distanz betrachtete, hätte man fast darüber lachen können. Aus dieser Sicht erschien ihm Anna ziemlich selbstsüchtig. Sie brachte eben kein Verständnis für den Einsatz auf, den er in seinem Job gezeigt hatte, und wenn sie das nicht konnte, dann hatten sie ein ernstes Problem. Gewiss, sie war ihm dankbar, dass er sie davor bewahrt hatte, vergewaltigt und wahrscheinlich getötet zu werden. Sein geheimes Leben bei der CIA war gut und schön, solange es darum ging, dass er ihr das Leben gerettet hatte – doch ansonsten war es in ihren Augen eine verabscheuungswürdige Sache. Und es war geradezu lächerlich, dass ihre Beziehung wegen etwas so Kindischem wie Eifersucht in die Brüche ging. Vielleicht war sie ganz einfach nicht die Richtige für ihn.
Auf diese Weise verarbeitete Rapp die Tatsache, dass seine Träume wie eine Seifenblase zerplatzt waren. Anna hatte ihm immer wieder versichert, dass es
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