Die Macht
Kennedy fürchtete, dass er gerade an diese Menschen dachte, an die Kinder, die Mütter, Väter und Großeltern, die bei dem Bombenangriff ums Leben kommen würden. Es war ein schmutziger Job, den sie zu verrichten hatten.
Ohne sich vom Fenster abzuwenden, schüttelte der Präsident den Kopf. »Wissen Sie, in diesem Augenblick hasse ich die Israelis dafür, dass sie mich in diese Situation gebracht haben.«
Irene Kennedy hatte in ihrer eigenen Laufbahn lernen müssen, schwierige Entscheidungen zu treffen, und nahm seine Bemerkung deshalb mit einem besorgten Stirnrunzeln auf. »Tun Sie den Israelis da nicht ein wenig Unrecht, Mr. President?«, wandte sie ein. Als sich der Präsident ihr zuwandte, fügte sie hinzu: »Es sind ja nicht sie, die ausgerechnet unter einem Krankenhaus Atomwaffen bauen. Das macht Saddam Hussein, und sonst niemand. Er setzt all diese Menschen einem solchen Risiko aus. Und er ist es, der uns in diese Situation gebracht hat.«
11
Situation Room, Mittwochmorgen
General Flood wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen und war deshalb nur mit vier Offizieren der Streitkräfte gekommen – je einem von der Air Force, der Navy, den Marines und der Army. Als der Präsident zusammen mit Irene Kennedy den Situation Room betrat, saßen die vier hohen Militärs bereits am gegenüberliegenden Ende des Tisches. Ohne zu zögern, erhoben sie sich zackig, als ihr Oberbefehlshaber eintrat.
»Guten Morgen, Gentlemen, bitte nehmen Sie wieder Platz«, forderte sie der Präsident auf und setzte sich ans Kopfende des Tisches.
Michael Haik, der Sicherheitsberater des Präsidenten, trat gleich nach ihnen ein und nahm, so wie Kennedy, an der Seite des Präsidenten Platz. Die Stabschefin des Präsidenten war nicht zu der Sitzung gebeten worden, was General Flood durchaus begrüßte. Er wollte nicht, dass Valerie Jones ihre politischen Aspekte in die Entscheidungsfindung einbrachte; seiner Ansicht nach ging es hier darum, die verschiedenen militärischen Optionen zu erörtern und dem Präsidenten genau darzulegen, wie lange es dauern würde, um die nötigen Vorkehrungen zu treffen.
General Flood saß dem Präsidenten gegenüber am anderen Ende des Tisches. Er war mit seinen ein Meter dreiundneunzig und rund hundertdreißig Kilo eine überaus stattliche Erscheinung. »Mr. President«, begann Flood, »Ihrer Anordnung entsprechend habe ich mit meinen Mitarbeitern verschiedene Optionen und Einsatzpläne für Sie ausgearbeitet. Der erste Plan ist Ihnen ja bereits bekannt. Wenn Sie den entsprechenden Befehl geben, könnten wir binnen weniger Minuten eine Salve Tomahawk-Marschflugkörper abfeuern, um das Ziel auszuschalten. Diese Option hätte den Vorteil, dass wir keine Fliegercrews in einen riskanten Einsatz schicken müssten. Der Nachteil ist, dass wir nicht garantieren können, dass die Tomahawks das Hauptziel zerstören würden.«
Der Präsident war sich nicht sicher, was der General genau meinte. »Könnten Sie das etwas näher ausführen?«, forderte er ihn auf.
»Die Satellitenbilder, die uns Dr. Kennedy gegeben hat, lassen den Schluss zu, dass unter dem Krankenhaus ein Kommandobunker errichtet wurde. Gegen derart stark gepanzerte Ziele könnte man mit Tomahawks nichts ausrichten. Wir würden lediglich das Krankenhaus zerstören und dabei einiges an Kollateralschäden in Kauf nehmen.«
»General Flood«, brummte der Präsident missbilligend.
»Tut mir Leid, Sir«, entschuldigte sich der General, der wieder einmal vergessen hatte, dass der Präsident die sterile militärische Ausdrucksweise ganz und gar nicht schätzte. »Wir würden lediglich das Krankenhaus zerstören und dabei die meisten, wenn nicht alle Menschen darin töten. Außerdem besteht natürlich ein gewisses Risiko, dass eine der Tomahawks ein Gebäude in der Umgebung trifft. Je nachdem, wie viele Missiles wir einsetzen, liegt dieses Risiko bei fünf bis zehn Prozent.«
»Was wäre die nächste Option?«
»Wir könnten unsere F-117A-Stealth-Fighter vom 48 th Fighter Wing einsetzen, die in der Holloman Air Force Base in New Mexiko stationiert sind. Mit diesen Tarnkappenbombern könnten wir praktisch unbemerkt und mit großer Präzision zuschlagen. Unsere Chancen, die Atomwaffen auszuschalten, wären bei dieser Variante bedeutend höher, aber immer noch etwas eingeschränkt.«
»Warum denn das?«, wollte der Präsident wissen.
»Um ein derart stark gepanzertes Ziel auszuschalten, braucht man panzerbrechende Bomben. Der Bombenschacht der
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