Die Macht
weiter. Wenig später war Rapp bei ihr und nahm einen neuen Anlauf, sie zu überzeugen.
»Donny, es tut mir Leid, dass ich dir so schlechte Nachrichten bringe, aber ich bin wirklich hier, um dir zu helfen. Ich sehe doch, dass du vor irgendetwas Angst hast.«
Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu und ging weiter.
»Du glaubst mir nicht. Du denkst, ich könnte dir nicht helfen? Donny, sag mir, wer dich in die Sache hineingezogen hat – dann schwöre ich dir, dass dir nichts geschieht.«
»Bitte … sei einmal für fünf Minuten still. Mehr will ich im Moment gar nicht von dir. Sag einfach nichts, bis wir auf der anderen Seite des Parks sind.«
Rapp wollte schon einen weiteren Einwand vorbringen, überlegte es sich dann aber anders. Donatella war eine sehr willensstarke Frau. Sie musste von sich aus zur Einsicht kommen, dass es das Beste war, ihm zu sagen, wer sie angeheuert hatte. Rapp atmete tief ein, nahm ihre Hand und drückte sie kurz. Er beneidete sie nicht um die Situation, in der sie sich befand. Ihr Auftraggeber – wer immer es war – hatte ihr offenbar verschwiegen, wer hinter Peter Cameron her war.
Hand in Hand gingen sie schweigend durch den Park. Währenddessen überlegte Rapp fieberhaft, wie er Donatella dazu bringen konnte, ihm doch noch zu sagen, was er wissen musste. Als sie schließlich das andere Ende des Parks erreichten, sagte Rapp schließlich: »Donny, ich tue alles, was nötig ist, um dir zu helfen. Ich kann dafür sorgen, dass du schon morgen früh in einem Flugzeug nach Amerika sitzt.«
Sie sah ihn kurz an, ohne stehen zu bleiben. »Ich kann selbst auf mich aufpassen.«
»Das bestreite ich ja gar nicht, ich will dir nur meine Hilfe anbieten.«
»Wenn ich dein Angebot annehme, dann müsste ich alles hier aufgeben. Ich liebe diese Stadt. Ich liebe Italien. Ich will mich nicht irgendwo in Amerika verstecken.«
Rapp dachte über die schwierige Lage nach, in der sie steckte. »Donny«, sagte er kurz entschlossen, »wenn du mir sagst, vor wem du Angst hast, dann werde ich denjenigen besuchen. Ich werde auf irgendeine Weise dafür sorgen, dass du dir keine Sorgen mehr zu machen brauchst.«
Sie lachte kurz auf angesichts der Vorstellung, dass Mitch Rapp nach Tel Aviv fliegen und Ben Freidman bedrohen könnte. Wenn es irgendeinen Mann gab, der kühn genug dafür war, dann war es Rapp.
»Du findest das lustig?«
»Nein, ich finde das alles überhaupt nicht lustig. Trotzdem brauche ich ein wenig Zeit, um über alles nachzudenken. Ich sage ja nicht, dass ich dir die Information nicht gebe – ich muss mir nur überlegen, wie ich es mache.«
Während sie schweigend durch den Park gegangen waren, hatte Donatella darüber nachgedacht, wie sie Mitch sagen konnte, was er wissen wollte, ohne ihm zu verraten, dass Ben Freidman ihr Auftraggeber war. Sie hätte ihm ohne zu zögern alles gesagt, wenn es nicht ausgerechnet um Ben Freidman gegangen wäre. Doch leider ging es nun einmal um ihn – um den Direktor des Mossad. Wenn die CIA erfuhr, dass der Chef des Mossad amerikanische Staatsbürger umbringen ließ, würde das nicht ohne Folgen bleiben. Nein, sie musste sich irgendeinen Weg einfallen lassen, wie sie Rapp weiterhelfen konnte, ohne Bens Namen zu erwähnen. Schließlich hatte Ben sie von ihrer Heroinsucht befreit und ihr ein Selbstwertgefühl gegeben, das sie allein nie gefunden hätte.
Donatella kannte Mitch genau; sie wusste, dass er alles tun würde, um herauszufinden, wer Cameron auf ihn angesetzt hatte. Sie würde Freidman überreden müssen, dass er ihr den Auftraggeber verriet. Sie würde ihm von ihrer Wohnung aus eine verschlüsselte E-Mail schicken, und wenn sie Glück hatte, war seine Antwort bis morgen früh da.
Donatella wollte schon etwas sagen, als Rapp plötzlich dreimal kurz ihre Hand drückte. Sie blickte sich unauffällig um; Mitch hatte offenbar irgendetwas bemerkt, sonst hätte er nicht das zwischen ihnen vereinbarte Signal gegeben, dass jemand sie beobachtete.
Sie waren nur noch etwa hundert Meter von ihrer Wohnung entfernt. Donatella blickte sich um, konnte jedoch nichts Auffälliges entdecken.
Es war schon das dritte Mal, dass Rapp der Wagen auffiel. Das erste Mal hatte er ihn einige Stunden zuvor vor Donatellas Büro gesehen, das zweite Mal, als sie das Café verlassen hatten, und jetzt tauchte er auch noch in der Nähe ihrer Wohnung auf. Rapp begann sofort ein belangloses Gespräch – für den Fall, dass ihre Unterhaltung mit einem Richtmikrofon belauscht
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