Die Macht
nicht in die Wohnung.«
»Warum?«
»Bitte keine Diskussionen. Ich muss schnell etwas überprüfen.« Rapp verlangsamte seine Schritte und bog nach rechts ab.
»Ich kann schon auf mich aufpassen. Keine Sorge.«
Rapp atmete nun etwas schwerer. »Gib mir nur eine Minute.«
»Wenn jemand so dumm ist, in meiner Wohnung auf mich zu warten, dann tun mir die Kerle jetzt schon Leid.«
»Okay«, sagte Rapp und bog in die nächste Straße ein. Er war fast da; zwei Blocks noch, dann war er hinter dem Mann, der in dem Wagen vor ihrem Haus saß. »Also gut, machen wir ein Geschäft. Du sagst mir, wer dich angeheuert hat, dafür kannst du in deine Wohnung gehen.«
Donatella lachte. »Ich fürchte, du bist nicht in der Position, um so ein Geschäft vorzuschlagen.«
Ihre Wohnung lag im dritten Stock. Rapp wusste, dass sie kaum jemals den Aufzug benutzte; heute würde sie es jedenfalls ganz sicher nicht tun. Schließlich bestand die Möglichkeit, dass im Haus jemand auf sie wartete. »Ich bin fast da. Warte noch eine halbe Minute auf mich.«
»Zu spät. Ich stehe schon vor meiner Wohnungstür.«
»Donny, sag mir bitte, wer dir den Auftrag gegeben hat.« Im nächsten Augenblick war die Verbindung unterbrochen. »Scheiße«, stieß er hervor und sprintete, so schnell er konnte. Seine Lunge brannte bereits, als er um die nächste Ecke bog. Er wusste, dass er jetzt schnell handeln musste.
Capitol Hill, Donnerstagvormittag
Norbert Steveken hatte beschlossen, seinen Wagen in der Nähe des Hart Senate Office Building stehen zu lassen, um nicht in die Verlegenheit zu kommen, beim Rayburn House Office Building einen Parkplatz suchen zu müssen. Die Büroräume des Senats waren in drei Gebäuden an der Nordseite des Kapitols untergebracht, während die Büros des Repräsentantenhauses auf vier Häuser an der Südseite verteilt waren. Der Novemberwind war empfindlich kalt, sodass Steveken es bald bereute, dass er zu Fuß gegangen war.
Als er schließlich beim Rayburn Building ankam, waren seine Wangen und Ohren glühend rot. Der ehemalige Special Agent des FBI gab seine Pistole in der Lobby bei der Capitol Hill Police ab und ging durch den Metalldetektor und weiter die Treppe zum Büro des Abgeordneten Rudin hinauf.
Steveken freute sich nicht gerade auf das Treffen, das ihm bevorstand. Wenn es nicht Hank Clarks ausdrücklicher Wunsch gewesen wäre, dass er den Job übernahm, hätte er bestimmt abgelehnt, aber dem Senator konnte er das nicht antun. Der Mann hatte einfach zu viel für ihn getan. Steveken war sich ziemlich sicher, dass er zwei Drittel seiner Klienten nur durch Clark gewonnen hatte.
Steveken sagte sich, dass es schon nicht so schlimm werden würde. Er würde sich nur kurz mit Rudin unterhalten und dann gleich mit der Arbeit beginnen, indem er zuerst einmal ein paar Informationen über Brown einholte. Die Bürotür stand offen, und Steveken betrat den kleinen Warteraum. Eine dicke Frau mit einem großen grauen Haarknoten blickte über den Brillenrand hinweg zu ihm auf. »Ja?«, fragte sie.
Steveken lächelte und grüßte erst einmal.
Der alte Drache sah ihn prüfend an. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich bin hier, um mich mit dem Herrn Abgeordneten zu treffen.«
»Haben Sie einen Termin?«
»Nein«, sagte Steveken und ahnte schon, worauf das Ganze hinauslief.
»Der Herr Abgeordnete empfängt keine Besucher ohne Termin«, stellte die Frau fest und widmete sich wieder ihrer Arbeit – in der Erwartung, dass der Mann vor ihr wieder gehen würde.
»Ich glaube, er wird mich sehr wohl empfangen.«
»Ach ja?«, sagte die Frau in etwas schärferem Ton.
»Ja. Wir haben einen gemeinsamen Freund, der mich gebeten hat, mit dem Herrn Abgeordneten zu sprechen.«
»Und wer genau ist dieser gemeinsame Freund?«, fragte die Frau mit schneidender Stimme.
Steveken beugte sich zu ihr hinunter und legte beide Hände auf den Schreibtisch. Er hatte in seinem Leben schon mit genug Leuten dieser Art zu tun gehabt, um zu wissen, wie er mit dieser Frau umgehen musste. »Das geht Sie nichts an. Ich bin außerdem sehr beschäftigt und würde Ihnen deshalb vorschlagen, dass Sie Ihren Hintern in Bewegung setzen und dem Herrn Abgeordneten sagen, dass Norbert Steveken hier ist, um ihn zu sprechen.«
Die Frau sprang von ihrem Stuhl auf und stapfte sichtlich beleidigt um den Schreibtisch herum und zu Rudins Büro hinüber. Sie öffnete die Tür, trat ein und knallte sie hinter sich zu. Mit verschränkten Armen stand Steveken da und wartete,
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