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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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Wangen färbten sich rot, ob vor Wut oder Scham, war allerdings schlecht zu sagen. Wenig später in ihrer gemeinsamen Kammer stellte sich heraus, dass es eine Mischung aus beidem gewesen war.
    »Ich habe mich vor ihm lächerlich gemacht«, meinte sie vorwurfsvoll. »Du hättest mir sagen können, dass er sich in Zeichensprache unterhält. Warum hat er mit mir nie so geredet?«
    »Vielleicht gab es bisher nichts Wichtiges. Ich beherrsche die Zeichensprache genauso wenig wie du. Meist muss er es zweimal machen, und selbst dann kann ich oft nur raten, was er meint.«
    Sie schälten sich aus ihren feuchten Kleidungsstücken und hängten sie zum Trocknen an den Ofen. Eine Conversa erschien und schaute nach dem Rechten. Als sie sah, dass beide Mädchen wohlauf waren, zog sie sich wieder zurück, um der Äbtissin Bescheid zu geben.
    »Du denkst also, der Spiegelmacher hat die Unwahrheit gesagt?«, vergewisserte sich Eleonora.
    »Das nicht. Aber vielleicht hat er mir etwas verschwiegen.«
    »Was denn?«
    »Wenn ich das wüsste, würde ich ja nicht darüber nachdenken.«
    Eleonora schürzte die vollen Lippen, und Sanchia, die sich schon auf eine erboste Bemerkung gefasst gemacht hatte, atmete erleichtert aus, als Eleonora lachte. »Ich bin manchmal so dumm, dass es eigentlich wehtun müsste. Und so eine Person ziehst du ins Vertrauen.«
    »Nein. Du bist genau richtig.« Verlegen fügte Sanchia hinzu: »Und wem sollte ich sonst vertrauen, wenn nicht dir? Ich habe ja nur dich.«
    »Und ich habe nur dich.«
    Sanchia lachte unsicher. »Komisch, dass wir so lange gebraucht haben, um es zu merken, oder?«
    »Du vielleicht. Ich habe es schon die ganze Zeit gewusst.«
    Lorenzo und sein Vater überquerten den Ponte della Paglia und betraten den Dogenpalast über die ebenerdige Loggia an der Seite des Hafenbeckens. Linker Hand fiel der Blick auf die Piazetta mit den Säulen, von deren vorderer sich der geflügelte Löwe scharf gegen den blauen Himmel abzeichnete. Aus dieser Perspektive, seitlich vom Palast aus, schien es Lorenzo immer, als habe sich die grinsende Chimäre soeben zum Sprung geduckt, bereit, sich aus der Luft auf jeden zu stürzen, der sich der Serenissima auf unbotmäßige Weise näherte.
    »Geht es dir auch so, dass du beim Anblick dieser Figuren merkwürdige Gefühle bekommst?«, fragte Giovanni belustigt.
    »Ich glaube nicht, dass ich ein Kandidat für die Prozedur zwischen den Säulen bin«, erwiderte Lorenzo lachend. »Jedenfalls jetzt noch nicht.«
    Giovanni lachte ebenfalls. »Ich meinte nicht die Säulen, sondern den Säufer.«
    »Oh.« Lorenzo schaute leicht unbehaglich nach oben.
    In Höhe der Einmündung des Arkadengangs wurde die Fassade oberhalb der von steinernem Schnitzwerk gerahmten Kapitellzone von einer Marmorgruppe beherrscht, deren Figuren förmlich aus der Wand zu treten schienen. Der betrunkene Noah stand halb nackt unter einer kunstvoll verästelten Weinrebe und hing dabei so jammervoll zur Seite, als wolle er im nächsten Augenblick von der Ecke des Palastes niederstürzen, während seine Söhne verzweifelt versuchten, ihn am rutschenden Lendenschurz festzuhalten.
    »Wenn du damit auf Onkel Francesco anspielst – ich weiß, dass er viel getrunken hat, aber ich habe davon nicht viel mitbekommen. Zwei, drei Mal habe ich ihn vielleicht richtig betrunken erlebt, und manchmal fiel mir einfach nur der Schnapsgeruch auf. Mehr nicht.«
    »Darüber kannst du froh sein. Diese Jahre waren sehr schlimm.«
    »Wir haben zu Hause eigentlich nie richtig darüber gesprochen«, meinte Lorenzo. »Ich meine, über den Grund seines Trinkens. Was war der Auslöser? Und warum hat er so plötzlich wieder damit aufgehört?« Als er merkte, dass sein Vater zögerte, fügte er rasch hinzu: »Du musst es mir nicht sagen. Im Grunde gehen seine privaten Probleme mich nichts an.«
    »Es ist kein Geheimnis«, sagte Giovanni. »Bei Francesco ging es immer nur um eines: Frauen. Er fasziniert sie, verführt sie, liebt sie, schwängert sie – und verliert sie.«
    Lorenzo erinnerte sich an die Geschichte, obwohl er nur vom Hörensagen davon wusste. Sein Onkel hatte einen kleinen Sohn mit einem der Dienstmädchen gehabt, und beide, die Frau und das Kind, waren vor acht Jahren bei dem Brand, der den alten Familienpalazzo zerstört hatte, ums Leben gekommen. Doch Francesco hatte angeblich schon in der Zeit davor getrunken. War nun aus der Bemerkung seines Vaters zu schließen, dass es schon zu jener Zeit ähnliche Probleme in

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