Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)
war solcher erst unterwegs, gab es in den Augen der Kirche keinen triftigen Grund, weiterhin der Fleischeslust zu frönen.
Doch es war nichts, was nicht eine kurze Beichte und ein paar Avemaria zur Buße wieder in Ordnung bringen konnten.
Mit langsamen Bewegungen zog er die Schnüre ihrer Gamurra auseinander und streifte sie über ihre Schultern und den ausladenden Bauch nach unten ab. Sanchia trat achtlos aus dem Kleid heraus und stand im Hemd vor ihm, und sie merkte, dass sie vor Erwartung anfing zu zittern, als er ihr das dünne Leinengewand vom Körper zog.
»Wie schön du bist!« Er legte die Hand gegen ihre Wange und streichelte mit dem Daumen über den Jochbogen bis hinab zum Kinn, bevor er sie sacht auf die Stirn küsste.
Die unerwartet zärtliche Geste brachte etwas in ihr zum Schmelzen, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie umfasste sein Handgelenk, um die Berührung auszukosten und ihn daran zu hindern, sie loszulassen.
»Woran denkst du?«, fragte er leise.
»An dich. An uns. Wie schön es mit uns ist, immer noch. Manchmal scheint es mir fast zu vollkommen, um wahr zu sein. In solchen Momenten frage ich mich, ob wir es wirklich verdient haben, so glücklich zu sein.«
»Warum sollten wir es nicht verdient haben?«
»Weil … Es ist den wenigsten Menschen vergönnt. Kaum jemand kann aus Liebe heiraten, doch wir haben es getan.«
»Es gibt viele andere, die auch aus Liebe heiraten.«
»Ja, aber die meisten sind nach sieben Jahren trotzdem unglücklich miteinander. Wir nicht.« Sie schluckte und holte heftig Luft, als er ihre Wange losließ, sacht mit der Hand über ihren Hals fuhr und ihre rechte Brust umfasste.
»Nein. Wir nicht.« Er löste ihr Haar und fuhr mit den Fingern behutsam durch die welligen Strähnen.
»Lorenzo … Hast du manchmal Angst? Dass wir einander verlieren könnten, wie schon einmal?«
»Immer.« Er hob eine Strähne ihres Haares und rieb damit über sein Gesicht. »Ich fürchte mich jeden Tag neu davor. Deshalb wird es auch niemals aufhören, da bin ich ganz sicher.«
»Was wird nie aufhören?«
»Dass ich verrückt nach dir bin.« Er verschränkte seine Hand mit ihrer und betrachtete ihren nackten Körper, ihre Perlmutthaut über dem prall gespannten Leib, in dem sein Kind ruhte, und während sein Atem schneller wurde, verdunkelten sich seine Augen, bis das klare Azurblau sich in ein beinahe rauchiges Violett verwandelt hatte.
Er ließ sie los und riss sich hastig die Kleider vom Leib. »Wenn du mich so anschaust, bin ich gleich so weit, ohne dich richtig angefasst zu haben!«
Sie gab ein zittriges kleines Lachen von sich und fragte sich, ob der Hunger nach seinen Berührungen und die Schamlosigkeit, mit der sie ihn begehrte, wohl in ihrem Gesicht zu lesen waren. Zögernd warf sie einen Blick in den Spiegel, der immer noch an derselben Stelle hing wie damals in der Zeit vor ihrer Ehe, als sie sich heimlich hier getroffen hatten. Ihre Augen waren hell wie Kristall, fast durchsichtig, und ihr Haar floss in seidigen Bahnen über ihre Brüste und Schultern. Es war gewachsen in den letzten paar Jahren, denn sie hatte es seit ihrer Hochzeit nicht mehr abgeschnitten, weil Lorenzo sie darum gebeten hatte. Es umspielte ihren Bauch wie ein Vorhang und kitzelte mit den Spitzen das feine Vlies unter der Wölbung.
Ja, sie war schön, ein kurzer Blick reichte, um es zu erkennen. Schön und anders. Fremdartig wie ein seltener Vogel, der sich in die Lagune verflogen hatte, so wie ihre Mutter, die aus einem fernen, kalten Land gekommen war, aus dem Norden der Welt, wo im Winter Schnee die Erde bedeckte und im Sommer die Sonne nie unterging. Bizarre, unheimliche Lichter erhellten dort zuweilen den Himmel, und die Menschen hüllten sich in Felle und segelten auf flachen schnellen Booten, deren Bugspriete die Form von Drachenköpfen hatten.
Er warf das letzte Kleidungsstück von sich, fasste sie bei den Schultern und zog sie an sich. Ihre Gedanken verflüchtigten sich so rasch, wie sie gekommen waren, und ein Blick in seine Augen ließ die letzten Schatten verschwinden. Sie blähte die Nüstern und fing seinen Geruch auf, die erhitzte Bereitschaft seines Körpers, die moschusartige Wärme, die seiner Haut entströmte. Sie nahm jede Einzelheit von ihm wahr, die lange, muskulöse Eleganz seiner Arme und Beine, die straffe Spannung seines Brustkorbs und seines Bauchs, die kühne Steilheit seiner Erektion.
Sein Griff wurde fester, als er mit halb geschlossenen Augen auf
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