Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)
sie niederschaute und sie dazu brachte, ihren Willen zu verlieren, sodass ihre eigene Begierde sich an der schieren Kraft seiner Wollust entzündete, ohne dass er dazu mehr tun musste, als sie einfach nur anzusehen.
Sie streckte die Hand aus und berührte die große Narbe an seinem Schenkel, und als er leise aufstöhnte, blickte sie erschrocken auf. »Tut es weh?«
»Nicht an dieser Stelle.«
Er beugte sich vor und küsste sie mit offenem Mund, spielte mit ihrer Zunge und biss sie sacht in die Lippe, während er hart in ihren Nacken griff, um den Kuss zu vertiefen. Seine Finger strichen über ihre Brüste, bis die Spitzen sich zu harten kleinen Beeren versteiften.
Sie glaubte zu verglühen wie die schnell brennende Lunte eines Feuerwerks, und sie umfasste sein Glied, das sich ihr entgegenreckte und in ihrer Handfläche zuckte.
»Pass auf«, sagte er zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch. »Nicht.«
»Doch«, stieß sie hervor, »ich will es! Ich will dich, jetzt sofort!«
Er hielt ihre Hand fest, und mit den Fingerspitzen zog er sacht eine Linie von ihrem Nabel abwärts, bis er schließlich die geschwollene Perle zwischen ihren Schenkeln berührte und die Nässe auf ihrem Fleisch verrieb.
Sie keuchte und wand sich an seiner Hand, wollte ihn so sehr, dass es sie bis in die Seele hinein schmerzte, weit über alle körperlichen Belange hinaus. Sie schaute ihn an, sein Gesicht im Licht des Wintertages, die strahlenden Augen, das Kinn mit der winzigen Kerbe, die klaren Linien seiner Wangen und seiner Stirn, umrahmt von den schwarzen Locken, die seine Züge so ungezähmt wirken ließen wie bei einem Krieger auf Beutezug. Für einen endlosen Moment hielten seine Blicke die ihren fest und bannten sie, bis ihr Inneres ihm ausgeliefert war wie ein flatternder Vogel, den er in seiner hohlen Hand hielt. Er konnte ebenso gut verletzen wie liebkosen, doch sie wusste, dass sie sich bei ihm immer sicher fühlen konnte.
Sie schrie auf, befreit und zugleich betäubt, als er sie schwungvoll auf die Arme hob, um sie zum Bett zu tragen. Sie hielt ihn fest und sog ihn mit allen Facetten in sich auf, in einem Wirbel aus Gerüchen, Geräuschen und Berührungen. Als er sie nahm, überlagerten die Umrisse ihrer Gestalten einander im Spiegel und bewegten sich, bis sie vollständig eins wurden und sich schließlich in goldenen Schleiern auflösten.
Er ließ sie in seinen Armen schlafen und starrte an die Decke, wo sich die bleichen Sonnenstrahlen in den Stuckornamenten sammelten, um von dort wie dünne Finger an den Wänden abwärtszustreichen. Den bestickten Betthimmel hatten sie vorhin zurückgeschlagen, um einander sehen zu können. Von irgendwoher kam ein schwacher Luftzug und bewegte den Vorhangstoff wie ein riesiges Blütenblatt, obwohl das Fenster fest geschlossen war.
Der Spiegel, der eben noch das Licht zurückgeworfen hatte, schien in Mattigkeit versunken zu sein, so wie er selbst. Nach der Raserei der Leidenschaft fühlte er sich schwach, wie ausgehöhlt, und er musste sich gegen seinen Willen eingestehen, dass er sich ängstigte.
Ja, die Ängste … Sie schienen immer mehr zu werden statt weniger, und je weiter die Schwangerschaft fortgeschritten war, umso mehr Raum nahmen sie ein. Er hatte vorhin die Wahrheit gesagt; die Angst war sein ständiger Begleiter. Er schlief abends mit ihr ein und morgens war sie eine der ersten bewussten Empfindungen. Meist versuchte er, das unliebsame Gefühl zu verdrängen, oder er redete sich ein, dass schon alles gut ausgehen würde; warum auch nicht, nachdem sie doch bereits so viel Glück gehabt hatten in den letzten Jahren. Aber er wusste genau, dass das nicht mehr war als ein frommer Wunsch. Wie konnte er sicher sein, dass sie nicht alles Glück, das ihnen vom Schicksal vergönnt war, schon aufgebraucht hatten?
Frauen bekamen Kinder und lebten glücklich und zufrieden bis zur nächsten Schwangerschaft, aber fast ebenso viele Frauen starben auch daran. Sanchia musste ihm nicht einen ihrer gelehrten Vorträge halten, damit er darüber im Bilde war. Er hatte schließlich Augen und Ohren, und er hatte genug Frauen gekannt, für die Mutterschaft das Todesurteil bedeutet hatte.
Er lauschte Sanchias leisen Atemzügen und fragte sich: Wie lange noch? Wie lange durften sie sich noch aneinander erfreuen? Einen Tag, zwei, vielleicht sogar eine Woche? Und was kam danach? Sie hatte gesagt, dass alles in Ordnung war. Aber viele andere Frauen hatten dasselbe gedacht, und dann waren sie
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