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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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nicht von der Stelle.«
    »Es ist unschicklich!« Eleonora, die auf der gegenüberliegenden Bettkante saß, bedachte ihn mit verärgerten Blicken. »Väter haben nichts bei der Geburt verloren.« Sie besann sich und legte die Hand auf ihren eigenen Fünfmonatsbauch. »Außer, wenn es sich zufällig um einen Arzt handelt.«
    »Ich bleibe hier«, sagte er eigensinnig. »Wenigstens so lange, bis die Hebamme kommt. Wo bleibt sie denn nur?«
    Im nächsten Moment zuckte er zusammen, denn Sanchia schrie unter der nächsten Wehe so laut auf, dass Lorenzo sicher war, ihre Stimme hätte den Krug in der Waschschüssel zum Klirren gebracht.
    »Sie hat entsetzliche Schmerzen!«, rief er, einen panischen Ausdruck im Gesicht.
    »Das kannst du glauben«, stieß Sanchia hervor, gepresst den Atem ausstoßend, während die Wehe langsam wieder abflaute. »Und es wird bestimmt noch Stunden dauern!« Sie starrte ihn böse an, als wäre er an allem schuld, und er duckte sich unter ihrem Blick, als wollte er diese Einschätzung nicht wirklich infrage stellen.
    Verzweifelt blickte er sich um und fragte sich, ob es normal war, dass eine Frau im Bett lag und sich die Lunge aus dem Hals stöhnte und schrie, während eine Hand voll anderer Frauen scheinbar ungerührt durchs Zimmer wuselten. Waren sie denn völlig gefühllos?
    Die neue Zofe heizte summend den Kamin, das Zimmermädchen warf lächelnd Kräuter in das Kohlenbecken, die Köchin brachte mit unbeteiligter Miene einen Zuber Wasser, und Eleonora thronte auf der gegenüberliegenden Bettseite wie ein Zerberus und warf ihm empörte Blicke zu, weil er es gegen alle Konventionen ablehnte, das Zimmer zu verlassen.
    Dabei hätte er nichts lieber getan als das. Es brachte ihn beinahe um, seine Frau so leiden zu sehen. Sein Inneres war wie erstarrt vor Furcht, und zusehen und hören zu müssen, wie sich ihre Schmerzen von Wehe zu Wehe steigerten, und das schon seit fast zwei Stunden, war mehr, als er je hatte ertragen müssen. Dagegen waren die Situationen, in denen er selbst fast ums Leben gekommen war, geradezu harmlos. Der beinahe tödliche Ausflug unter das Eis der zugefrorenen Lagune, die schweren Verletzungen, die ihm Enrico Grimani vor dem Dogenpalast zugefügt hatte, sogar die scheußliche Wunde an seinem Bein, die er diesem blutrünstigen Türken zu verdanken hatte – all das zusammengenommen war nur halb so schlimm wie seine Machtlosigkeit in diesem Moment.
    Sanchia schrie erneut auf.
    »Was kann ich denn tun?«, fragte er außer sich, nachdem sie ein wenig leiser geworden war. »Sag mir doch, wie ich dir helfen kann!«
    »Indem du verschwindest«, ächzte sie.
    »Nie und nimmer.«
    Doch gleich darauf besann er sich eines Besseren, denn noch vor der nächsten Wehe traf endlich Maddalena ein.
    Erleichtert sprang er vom Bett auf, als die junge Nonne zur Tür hereinplatzte, die Wangen rot von der Winterkälte und die Augen leuchtend vor erwartungsvoller Aufregung. Sie streifte im Gehen ihren wollenen Umhang ab, warf ihn achtlos zur Seite und kam mit wehendem Habit näher.
    »Tut mir leid, dass ich jetzt erst komme. Ich hatte eine ziemlich schwere Sturzgeburt.«
    Betroffen überlegte Lorenzo, was das wohl sein mochte, doch er verkniff es sich, danach zu fragen, denn er war sicher, dass die Antwort nicht dazu beitragen würde, ihn zu beruhigen.
    »Es ist nicht unbedingt vernünftig, wenn werdende Väter bei der Geburt zusehen«, sagte Maddalena munter.
    »Ja, ich weiß. Es ist unschicklich.«
    »Das sowieso, aber da wäre ich persönlich nicht so kritisch. Oft ist es eine heilsame Erfahrung.«
    »Heilsam für wen?«, erkundigte sich Eleonora. Sie erhob sich und strich das teure dunkelgrüne Samtkleid glatt, das ihre füllige Figur betonte und die Schwangerschaft eher hervorhob als kaschierte.
    »Für die Männer. Wenn sie zusehen, überlegen sie vielleicht hinterher, ob sie das ihrer Frau unbedingt so schnell nochmals antun müssen.« Maddalena lächelte schief. »Aber natürlich machen sie es trotzdem. Sie sind Sklaven der Fleischeslust.« Kopfschüttelnd fügte sie hinzu: »Und sie fallen in Ohnmacht, wenn sie Blut sehen. Dann habe ich doppelte Arbeit, und das schätze ich nicht sonderlich. Deshalb ist es unvernünftig, wenn sie dabei sind.«
    Lorenzo glaubte ihr unbesehen. Sie hatte Recht. Mit bedauerndem Lächeln beugte er sich über seine Frau. »Es ist wohl besser, wenn ich jetzt hinausgehe. Aber ich warte in unmittelbarer Nähe. Sobald du mich brauchst, bin ich sofort da.« Er

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