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Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Madonna von Murano: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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sie nah zu sich heran, bis sie seinen säuerlichen Atem riechen konnte. Mit trüben Augen starrte er ihr ins Gesicht.
    »Damit verbessert Ihr Eure Position ganz sicher nicht!« Sie ballte die Faust, um ihn zu schlagen. Wie konnte er sich erdreisten, sie anzufassen!
    Sie packte seine Finger, um seinen Griff zu lösen, und dabei wurde sie gewahr, dass seine Haut glühend heiß war.
    »Ihr seid krank«, sagte sie, erstaunt und zugleich verärgert, wie ihr das hatte entgehen können. Tatsächlich sah er aus wie der wandelnde Tod, und sie hatte es auf seine Aufregung und eine schlaflose Nacht geschoben.
    Er widersprach ihr nicht, sondern schluckte nur krampfartig. Er packte ihr Pectorale fester und versuchte, sich an ihr hochzuziehen. Seine Augen verdrehten sich, bis fast nur noch das Weiße zu sehen war. Dann brach er mit einem erstickten Röcheln vor ihren Füßen zusammen.
    Sie schleifte den Bewusstlosen eigenhändig die Treppe hoch in eine Kammer neben ihrem Schlafraum, wo sie eine Decke auf dem Boden ausrollte und ihn darauf niederlegte, bevor sie ihn auskleidete und untersuchte. Unter seiner rechten Achselhöhle fand sie mehrere Beulen. Ein weiterer Herd saß in der Nähe seiner Leistenbeuge, auch hier waren schon Schwellungen zu sehen. Sein Fieber war gewaltig. Es war erstaunlich, dass er es überhaupt noch geschafft hatte, sich zu ihrer Besprechung zu schleppen.
    Albiera kämpfte gegen die Aufwallung von Panik. Sie hatte schon andere Fälle dieser Krankheit gesehen und sie auch behandelt, aber niemals hier innerhalb der Klostermauern.
    Sie ging zum Fenster und befahl einer der Nonnen, die sich im Garten aufhielten, einen Bottich mit Wasser, eine Schale mit unverdünntem Essig sowie einen Korb mit frischen Leinentüchern zu bringen.
    Als wenig später zwei Converse mit dem Gewünschten auf der Treppe auftauchten, wies Albiera sie mit scharfer Stimme an, zurückzubleiben und alles unter dem Rundbogen abzustellen.
    Die Mädchen sahen den nackten, ausgestreckt auf dem Fußboden liegenden Mönch und wichen furchtsam zurück.    
    »Schickt einen Boten zu Simon, dem Arzt. Er soll sofort ins Kloster kommen.«
    Die Mädchen rannten bereits wieder die Treppe hinunter, und Albiera rief ihnen nach: »Und holt mir auf der Stelle Annunziata her!«
    Die rundliche Nonne kam wenig später, nur Augenblicke vor dem Arzt. Beide waren außer Atem, es war ihnen anzumerken, dass sie auf Albieras Befehl hin sofort aufgebrochen waren. Der Arzt hatte nicht einmal seinen Arbeitskittel ausgezogen, und Annunziata hatte ihr Haar offen bis zur Hüfte hängen. Entsetzen und Sorge standen in ihren Gesichtern, als sie den Kranken sahen.
    Simon beugte sich über den schlaff daliegenden Körper. »Wurde sein Quartier schon durchsucht?«
    »Noch nicht«, sagte Annunziata. »Ich will mich selbst darum kümmern.« Sie wusch ihre Hände in Essig.
    »Es ist besser, wenn du nicht mehr herkommst«, sagte Annunziata. »Simon und ich können uns mit der Pflege abwechseln. Wir hatten es beide schon, du noch nicht.«
    »Wenn er mich angesteckt hat, ist es schon passiert«, sagte Albiera mit mehr Gelassenheit, als sie empfand. »Alles, was wir tun können, ist, die Seuche einzudämmen.«
    Sie dachte nach. »Die Mädchen und Frauen müssen die nächste Woche in ihren Zellen bleiben. Kein gemeinschaftliches Essen und Arbeiten mehr.«
    »Kümmere du dich um die Mädchen, wir machen das hier.« Simon untersuchte die Beulen. Sie waren noch zu flach, um geöffnet zu werden. In einigen Tagen, wenn sich der Eiter herausbildete, würde er sie aufschneiden. Dann hatte der Mönch vielleicht Glück und überlebte, falls die Krankheit nicht vorher auf die Lunge übergriff. War die Lunge erst befallen, endete es unweigerlich mit dem Tod. Traten schwarze Flecken auf, endete es mit dem Tod. Brachen die Beulen nicht auf oder wurden sie nicht zerschnitten, endete es mit dem Tod.
    Acht von zehn Kranken starben ohnehin. Beim letzten großen Ausbruch vor fast hundertvierzig Jahren hatte der schwarze Tod fast die Hälfte der europäischen Bevölkerung dahingerafft und drei Viertel der Menschen in Venedig. Seitdem war die Seuche immer wieder aufgeflackert, hatte hier eine Ortschaft, dort einen Straßenzug entvölkert oder auch nur eine einzelne Familie geholt, je nachdem, wie es im ewigen Plan des Schöpfers stand.
    Albiera trat aus der schattigen Säulenhalle des Palazzo hinaus in die grelle Vormittagssonne.
    Die Sommerhitze lag brütend über der Stadt und würde noch

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