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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Mann trat ein, den man auf den ersten Blick für einen Buchhalter hielt. Eine schwarze Hose, ein weißes Hemd mit schwarzen Ellbogenschonern und die sehr präsente schwarze Brille in seinem Gesicht gaben ihm etwas Unscheinbares; nichts an ihm war in irgendeiner Weise auffällig. Unter seinem Arm hielt er einige Bücher und einen Ordner mit verschiedenen Akten.
    »Entschuldigen Sie, Großmeisterin«, verneigte er sich, »ich habe noch rasch einige Dinge überprüft.« Er sprach reinstes Oxfordenglisch, und bei jedem Wort erwartete man ein ›my dear‹, eine Tasse Tee oder einen Schirm in seiner Hand.
    »Darf ich Ihnen allen Mister Withworth vorstellen? Er ist der Archivar des hiesigen Officiums. Er wird uns etwas mehr über das Mysterium berichten«, sagte Silena und forderte ihn auf, sich zu ihnen zu setzen. »Wären Sie so freundlich, Mister Withworth?« Sie bemerkte, dass Zadornov auf ihr Dekolleté schaute. Unauffällig tastete sie nach ihrer Bluse, und die Finger trafen auf Seide! Ein Brandloch gab den Blick auf ihr geheimes Inneres frei, die raue Schale war beschädigt worden. Hastig zog sie die Jacke wieder an, errötete.
    »Aber sicher, Großmeisterin.« Withworth sah freundlich in die Runde und wich den Blicken von Madame Sàtra aus. Er fand sie unschicklich attraktiv. »Es gab in der Vergangenheit immer wieder Hinweise auf Drachensteine«, begann er und schlug das oberste Buch auf. »Damals gingen die mittelalterlichen Forscher fälschlicherweise davon aus, dass solche Steine nur von Bergdrachen stammen könnten. Berühmt wurde der Luzerner Drachenstein, der schon vor einhundertelf Jahren verschwunden ist.« Er blätterte, bis er einen Holzschnitt gefunden hatte.
    »Es ist demnach wahrscheinlich, dass man damals schon nach ihnen gesucht hat?«, meinte Zadornov und betrachtete die Abbildung. Darauf war ein Mann in einer Bergregion zu sehen; über ihm flog ein Drache und ließ eine Kugel fallen.
    »Sie galten als Heilmittel. Von daher ist es anzunehmen, dass jeder Mensch danach trachtete.« Arsenie nahm wieder einen Zug, lächelte hintergründig. »Und die Kirche hat sich per Gesetz alle Drachenteile gesichert. Wozu, frage ich mich?«
    Silena überhörte den Einwurf. »Der Drache flog von der Rigi zum Pilatus bei Rothenburg, angeblich um das Jahr 1420, also zu der Zeit, als die letzten Großen noch zu finden waren«, fasste sie zusammen, was geschrieben stand.
    Withworth übersprang einige Seiten. »Johann Leopold Cysat hat in einer Beschreibung um 1661 notiert: ›Er ist trefflich gut contra pestem, den Schaden mit dem Stein bestrichen oder umfahren und dann vierundzwanzig Stund darüber gebunden oder also ist der Schaden under der Achsel so bind den Stein mit einem Tüchlein in die rechte Hand so ziechts von Stund an das Gifft auss dass der Schaden ausgehet ist er am Schenckel so thu gleichfals und bindts auff die Füss . Item den Weibern so ihr Monat zu streng haben; wer den Bauchfluss die rothe Ruhr und rothen Schaden hat der soll disen Stein gleicher gstalt in die Hand binden vierundzwanzig Stund item der sonsten bös Kranckheiten mit Flüssen hat.‹ «
    »Klingt für mich nach einem sehr mächtigen Drachenstein.« Skelton schielte auf das Buch. »Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gab.«
    »Ich gestehe, dass ich es bis vor kurzem auch nicht wusste«, sagte Silena. »Um dem Rätsel der Überfälle auf die Spur zu kommen, habe ich mir die entsprechenden Abschriften der Bücher von Mister Withworth besorgen lassen.«
    »Schön, dass Sie uns an dem Wissen teilhaben lassen.« Zadornov deutete eine Verbeugung an. »Allmählich bekomme ich einen Eindruck davon, warum man auf der Suche nach ihnen ist. Wenn sie wirklich so heilsam sind, kann man viel Geld damit verdienen.«
    »Und ich weiß, warum die Kirche Anspruch auf jedes Drachenteil erhebt.« Arsenie nahm ohne zu fragen das Buch aus Withworths Fingern, wälzte die Seiten, bis sie die Stelle gefunden hatte. »Reiskius schrieb 1688: ›Man hält insgemein davor dass dieser Drachenstein sonderbahre Krafft bey Hexerey habe sonderlich wann die Kühe ihre Milch nicht geben oder von Hexen durch Satans B e trug ausgemolken werden: Alsdann wird in den Melkpot dieser Stein gelegt und darauf die vorige Milch bey der Kuh verhofft wie sie dann sich wieder einfindet.‹«
    Sie schob das Buch mit einem wissenden Lächeln von sich. »Die Kirche fürchtet sich noch immer davor. Hexerei, Großmeisterin.«
    »Aberglaube«, korrigierte Silena ruhig. »Wir alle wissen,

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