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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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im Mittelalter. Folglich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass sich solche Sprünge jederzeit wiederholen können.« Er raffte seine Unterlagen zusammen, nahm sowohl den Megenberg als auch den Gessner an sich. »Ich darf mich zurückziehen? Das Officium in München muss von der Entwicklung unterrichtet werden.« Er eilte zur Tür.
    »Richten Sie dem Erzbischof aus, dass ich ihn später anrufen werde, Mister Withworth«, trug ihm Silena auf, ehe er aus dem Raum verschwunden war und die Tür hinter sich zuzog. Sie erhob sich ebenfalls. »Ich muss noch einige Besorgungen machen«, entschuldigte sie sich bei den drei. »Wir sehen uns in zwei Stunden wieder hier. Sie sind natürlich auf Kosten des Officiums eingeladen. Es steht Ihnen frei, etwas in einem der umliegenden Restaurants zu essen, aber ich empfehle Ihnen, sich angesichts der Lage nicht zu weit zu entfernen.« Sie nickte ihnen zu und verließ den Raum.
    Skelton schaute auf seine Uhr. »Dann werde ich mal die Gelegenheit nutzen, Hamsbridge & Coopers von den Geschehnissen zu berichten.« Er stand auf. »Wir sehen uns, Herrschaften. Ich bin sehr gespannt, wie wir das Rätsel lösen.« Er verbeugte sich vor der Französin und dem Russen, dann ging er.
    Arsenie sah Zadornov an. »Mein lieber Grigorij, was meinen Sie? Haben wir Hunger?«
    »Und wie«, grinste er und stand auf, stülpte den Zylinder, der wie durch ein Wunder ebenfalls unversehrt geblieben war, auf den schwarzen Schopf und bot ihr den Arm an. »Ich schlage vor, Sie und ich ziehen uns in einer kleinen Kammer um, um den Londonern zu zeigen, was echter Chic ist.«
    »Gemeinsam, mein lieber Grigorij?« Sie schlug andeutungsweise nach ihm. »Sie Lüstling.«
    »Ich richte mich ganz nach Ihren Wünschen, Arsenie«, erwiderte er mit einem Lächeln. »Wir treffen uns vor der Tür, und ich zeige Ihnen einen hervorragenden kleinen Salon, nicht weit von hier, wo man ausgezeichnete Sandwiches bekommt.«
    »Ziehen wir uns zunächst einmal um.« Sie hakte sich ein, gemeinsam verließen sie den Besprechungsraum.

21. Januar 1925, Hauptstadt London, Königreich Großbritannien
     
    »Wir arbeiten zwar für den gleichen Mann, aber geben Sie ruhig zu, dass Sie im eigenen Interesse unterwegs sind.«
    Grigorij sagte es hinreißend beiläufig und verständnisvoll, sodass Arsenie gar nicht anders konnte, als zu nicken. Zumal sie nach dem gemeinsamen ›Umziehen‹ in einem kleinen Zimmer des Officiums mit ihren Gedanken noch nicht bei der Sache war. Alles, was man hinter vorgehaltener Hand über seine männliche Anatomie und die Liebeskünste berichtete, stimmte. Selten hatte sie sich derart über die Wahrheit gefreut. Es war ein sehr gediegener Salon, in dem sie die Pause verbrachten, mehr ein Tea Room für die High Society, zu der sich der Fürst zählte. Man kannte ihn, und da er auch das Äußere eines Gentleman besaß, jedenfalls was die Kleidung anbelangte, und dazu noch Arsenie an seiner Seite hatte, gab es keinen Grund, ihm den Zutritt zu verweigern.
    Um sie herum saßen Aristokraten, entweder durch Geblüt oder durch Geld, samt ihrer Frauen oder Geliebten und lauschten den Klängen der drei Mann starken Band: Piano, Klarinette und Violine. Dargeboten wurden eher beschaulichere Töne, die zum Tee passten und niemanden durch aufdringliche, wilde Tonfolgen verschreckten.
    Arsenie hatte ein Club-Sandwich und ein Kännchen Kaffee vor sich, während der Russe tatsächlich ein fast rohes Steak zerteilte und es genüsslich aß. Es passte sehr zu ihm. »Genau wie Sie, mein Lieber«, zwinkerte sie. »Ich habe mich die ganze Zeit schon darauf gefreut, endlich mit Ihnen allein zu sein.«
    Er schluckte, sah nach rechts und links zu den voll besetzten Tischen. »Allein, Arsenie? Das waren wir vorhin in der Kammer.«
    »Ohne unsere Großmeisterin und das Versicherungsmännlein«, präzisierte sie und schenkte ihm ein verführerisches Lächeln. »Stimmt es denn, dass Sie der Sohn von Zarin Alexandra und dem Mönch Rasputin sind?« Sie blickte ihm in die Augen. »Dieses betörende Blau und die Wirkung auf Frauen, die man Ihnen zu Recht nachsagt, sprechen jedenfalls für Rasputin.«
    Er lächelte sie an. »Liebe Arsenie, fragen Sie doch die Seele des toten Rasputin. Bei Ihren Verbindungen und Ihrem Können ist die Suche doch ein Leichtes für Sie, oder?«
    »Ich verstehe, dass Sie mir nicht antworten möchten. Ich nehme an, dass Sie unentwegt um Ihr Leben fürchten müssen. Das Ende Ihres Vaters war schrecklich, und die Feinde

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