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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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unterzeichnete Skelton.
    Kaum hatte er seinen Namenszug darunter gesetzt, nahm der Russe das Blatt an sich und brachte es in ein Zimmer nebenan, kehrte zurück, rutschte an den Tisch heran und legte die Linke auf den geöffneten Katalog mit den Beutestücken. »So, Mister Skelton. Mit Ihrer Erlaubnis beginne ich die Suche nach den Schätzen.«
    »Ich bitte darum, Durchlaucht.« Skelton nahm sein kariertes Taschentuch hervor und tupfte sich das Gesicht ab, es war sicherlich knallrot. Schnell trank er von seinem Wasser, dann betrachtete er Zadornov, dessen Gesicht einen abwesenden Ausdruck annahm, die blauen Augen zuckten kaum merklich hin und her, die Lider flatterten, und der Blick reichte in die Unendlichkeit.
    Urplötzlich breitete sich die hektische Bewegung über den gesamten Leib des Fürsten aus, er zitterte, klapperte mit den Zähnen und ächzte unterdrückt. Die Hand, die auf dem Katalog lag, verkrampfte sich und nahm ein klauenhaftes Äußeres an, zog die Seite knisternd zusammen und zerriss sie zu einem großen Teil.
    »Durchlaucht?« Skelton schluckte nervös. »Durchlaucht, was…?« Er hatte keine Ahnung, ob das Teil einer Vision war oder ob bei Zadornovs Hellsehereiversuch etwas gravierend schief lief.
    Speichel rann aus den Mundwinkeln, der Fürst ächzte, und die blauen Augen rollten nach oben weg, sodass es nur das Weiß in den Höhlen gab. Seine Hand ballte sich zur Faust, die Fingerknöchel färbten sich hell, so sehr presste er die herausgerissene Seite zusammen; dann kippte er nach hinten, riss die Teetasse mit, rutschte vom Diwan und schlug hart auf dem Boden auf.
    Als ein lauter Schrei aus Zadornovs Kehle stieg, der nichts Menschliches besaß, sprang Skelton zum zweiten Mal von seinem Stuhl auf.

1. Januar 1925, Reichshauptstadt Berlin, Königreich Preußen, Deutsches Kaiserreich
     
    Noch eine Suite im Adlon wurde vom Schein vieler kleiner Kerzen erhellt, die alle auf dem großen Tisch im Wohnbereich aufgestellt worden waren.
    Der Rest der Unterkunft lag im Halbdunkel, die Schatten der sieben Männer und Frauen, die an dem Tisch saßen, reichten einige Ellen weit und verschmolzen mit der Dunkelheit, als wollten sie vor dem bevorstehenden Ereignis flüchten.
    »Gibt es noch irgendwelche Fragen mich und meine Methoden betreffend?« An der kurzen, oberen Seite saß Madame Arsenie Sofie Sàtra, das berühmteste Medium und die erfolgreichste Geisterbeschwörerin des französischen Königreichs, wenn nicht sogar Europas.
    Weder der weltberühmte Entfesselungskünstler und Spiritisten-Zweifler Harry Houdini noch das British College of Psychic Science hatten sie eines Schwindels überführen können. Houdini hatte schon Dutzende Seancen von Betrügern platzen lassen – aber bislang keine einzige von Madame Sàtra. Er schaffte es nicht, ihr einen faulen Zauber nachzuweisen. Dies ließ die Skeptiker zwar nicht verstummen, aber die Schar ihrer Anhänger vergrößerte sich stetig.
    Dass sie selbst etwas Gespensterhaftes besaß, war ihrem Ruf nur zuträglich. Sie war für eine Frau recht groß, hatte lange, weißblonde Haare und hellbraune Augen, die ins Rötliche gingen, und die alabasterfarbene Haut nahm kein bisschen Bräune an. Ihr extrem attraktives Äußeres, in das sich sogar die leichte Stupsnase einfügte, hüllte sie entweder in schwarze oder weiße Kleidung, einen anderen Farbton gab es nicht für sie.
    Heute trug sie ein hochgeschlossenes weißes Kleid mit kurzen Armen, dafür reichten die Handschuhe bis an den Ellbogen; die Spitzen am Kragen und über dem Dekolleté gaben dem an sich züchtigen Kleid etwas Verruchtes, man sah viel schimmernde Haut.
    Eine Dame in einem weißen Kleid, um die fünfzig und mehr Geschmeide um den faltigen Hals, Handgelenke und an den Ohren als die Queen, hob die Hand.
    »Ja, bitte, Frau von Schomus?«
    »Werden wir das Bewusstsein verlieren, Madame Sàtra?«
    »Wieso sollte das geschehen, meine Dame?«
    Die Frau errötete. »Nun, man hört so einiges, Madame. Es ist meine erste Seance, und ich habe empörende Dinge gehört, die sich dabei zutrugen.« Als sie den scharfen Blick bemerkte, fügte sie rasch hinzu: »Nicht von Ihren Seancen, Madame.«
    »Ah, ich verstehe, was Sie meinen. Sie spielen auf die Orgien an, die sich zugetragen haben sollen.«
    Einer der jüngeren Männer am Tisch hob den Kopf und sah Arsenie verlangend an, sein Blick huschte von ihrem hübschen Gesicht hinab auf die Brüste. »Ich hörte ebenfalls davon, Madame.«
    »Ich kann Sie beruhigen.

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