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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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stürmten. Scherben knackten unter den Stiefelsohlen der Flüchtenden.
    »Das wird die teuerste Rechnung, die mir das Adlon jemals ausstellt«, murmelte sie angesichts der Verwüstung und erhob sich vorsichtig. Ihre Beine zitterten, denn obwohl sie bereits so einige schreckliche Begebenheiten mit den Geistern hinter sich gebracht hatte, übertraf das eben Erlebte alles. Es blieb unerklärlich. Ein schwarzer Drache mit fünf Köpfen und gelben Augen. Arsenie wusste die Erscheinung nicht einzuordnen. Warum sollte er ihr nachstellen?
    Sie ging ins Schlafzimmer, in dem ihre Kleider wild verstreut umher lagen, suchte ihr silbernes Etui und nahm sich eine Zigarette heraus. Sie brauchte dringend einen ihrer Traumbolzen, wie sie die mit Haschischöl behandelten Zigaretten nannte, um sich zu beruhigen.
    Arsenie setzte einen Glimmstängel auf eine dreißig Zentimeter lange Spitze, zündete ihn mit einem Streichholz an und inhalierte hastig das Nikotin und Haschisch.
    Ohne Frage würde dieses Ereignis ihren Ruhm mehren. Ein solches Durcheinander konnte keine einzelne Person inszenieren, nicht in einer Suite und nicht ohne ein Heer aus verborgenen Helfern. Die Echtheit war nicht anzuzweifeln.
    Langsam ließ sie sich auf ihr großes Bett sinken, zählte die Herzschläge und versuchte, sich durch langsames Ein- und Ausatmen zu beruhigen.
    In diesem Augenblick erklang der schauderhafte Schrei eines Mannes auf dem Gang, dessen Seele Schreckliches widerfahren sein musste.

1. Januar 1925, nahe München, Königreich Bayern, Deutsches Kaiserreich
     
    Silena stand mit den Händen in den Taschen des langen, schwarzen Ledermantels vor den rauchenden Trümmern der Fokker Dr-I. Sie verstand es nicht. Der Dreifachdecker gehörte zu den sichersten und wendigsten Ausbildungsmaschinen ihrer Drachentöter-Staffel Saint George. Nur ein schlafender Pilot rammte ihn senkrecht in den Boden.
    Schwarzer, fettiger Qualm stieg auf, ein kleines Feuer wütete in dem Überbleibsel des Motors und zehrte vom Öl und Treibstoff, ohne sich an den Sturzbächen zu stören, die aus den dunkelgrauen Wolken stürzten.
    Hoffnung wich der Erkenntnis, der Schock traf sie und machte sie starr. Regen rann in den Kragen des Mantels, tränkte ihr weißes Hemd und rann bis in den Bund der beigefarbenen Knickerbockerhose.
    Um die junge Frau herum waren Rettungskräfte am Werk. Männer in dunkelblauen Uniformen mit dem roten Abzeichen der Staffel auf dem linken Ärmel wühlten in dem verbogenen Wrack nach den beiden Piloten, um sie noch vor den sich ausbreitenden Flammen zu erreichen.
    Silena beteiligte sich nicht daran, obwohl irgendwo im Durcheinander aus Metall, Holz und Blech ihre beiden Flieger verborgen lagen. Sie hatte beim ersten Anblick der Fokker gesehen, dass es keinerlei Aussichten gab, den Absturz zu überleben.
    Nach dem fürchterlichen Kreischen der abschmierenden Maschine und dem lauten Krachen des Einschlags, den alle aus der Staffel gehört hatten, war sie so schnell sie nur konnte aus dem Zelthangar aufs Feld gelaufen. Der Dreck hing an ihren schwarzen Stiefeln, Lehmspritzer hatten es durch das Rennen bis auf den Rücken des Mantels geschafft und zogen von dort helle Schlieren abwärts. Silena hatte helfen und ihre Piloten retten wollen, aber als sie als Erste vor der Fokker gestanden hatte, hatte sie sich nicht mehr bewegen können.
    Eilige Schritte näherten sich ihr, Stiefel platschten in Pfützen und aufgeweichte Erde. »Was, zum Teufel, geht hier vor, Großmeisterin?« Neben Silena erschien Leutnant Bloom, der Ausbilder der Bodeneinheiten der Staffel und der beste Techniker, dem sie jemals in ihrer Laufbahn als Drachentöterin begegnet war. »Welche armen Schweine haben denn versucht, mit der Fokker nach Öl zu bohren?« Er zog den dunkelblauen Uniformmantel zusammen, damit er nicht durchnässt wurde.
    »Meine Brüder, Leutnant.«
    »Was?« Der Mann wandte ihr erschrocken das faltige, gebräunte Gesicht zu. Der mächtige graue Schnauzbart hing nass auf der Oberlippe. Dann schaute der Leutnant wieder nach vorn. »Das kann nicht sein. Großmeister Demetrius war gleich nach Ihnen der beste Pilot der Staffel…«
    »Ein Übungsflug«, fiel sie ihm tonlos ins Wort. »Er bat mich, mit Theodor einen Tiefflugangriff unter schlechten Bedingungen üben zu dürfen.« Sie schluckte, wischte sich Regen und Tränen aus den Augen. »Wir wissen, dass Theodor nicht zu den Besten gehörte, Leutnant.«
    Bloom strich sich die grauen Haare aus dem Gesicht. »Er hätte

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