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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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weißblonden Haare. »Mein albinohaftes Äußeres trug zu meinem Ruf bei, und da entschied ich mich, meine Fähigkeiten anzunehmen und mit ihnen Geld zu verdienen. Ähnlich wie Sie, Großmeisterin.«
    Marie erschien mit den Getränken, stellte ein Silbertablett mit Keksen dazu auf den Tisch und zog sich zurück.
    »Die Geisterwelt habe ich durch Zufall erschlossen. Ich behaupte nicht, ins Paradies oder in die Hölle vordringen zu können, aber ich schaffe eine Art Zwischenraum, einen neutralen Ort, wo mich die Seelen hören können. Sie entscheiden selbst, ob sie den Raum betreten und für alle sichtbar werden oder sich sonst irgendwie bemerkbar machen«, erklärte Arsenie weiter, nahm den Cognac und kippte ihn in den Kaffee, danach trank sie ihren Gin.
    »Vorsichtig wäre ich bei Geisterfotografien, die man bewundern kann. Da ist viel Manipulation im Spiel.« Ihre rötlichen Augen fixierten Silena. »Ich garantiere Ihnen, Großmeisterin, dass meine Kräfte echt sind, auch wenn ich nicht genau weiß, wie ich sie auslöse. Aber weder benötige ich abstruse Formeln oder das Blut von Kindern, noch tanze ich nackt im Mondenschein um ein Feuer und reite auf Besen.«
    Grigorij gab vier Löffel Zucker in seinen Kaffee, rührte um. »Das klingt sehr spannend, liebe Arsenie«, sagte er bedächtig. »Bei mir setzten die Visionen mit drei Jahren ein. Jedenfalls kann ich mich ab diesem Zeitpunkt an alle erinnern, aber es unterscheidet sich von Ihrer Kunst beträchtlich, Arsenie. Kein Ektoplasma, keine Geisterwelt und keine schwebenden Klaviere. Leider«, grinste er. »Ich konzentriere mich, berühre Bilder, Fotografien, Gegenstände oder Menschen, und bald darauf sendet mir…« Er dachte nach. »Nun, wer oder was auch immer sendet mir meine Visionen. Manche Wissenschaftler nennen sie auch präkognitive Träume.«
    Silena nippte an ihrem Tee. »Was haben Sie denn alles vorhergeträumt, Fürst?«
    »Vieles. Von Hochwasser in meinem Heimatdorf über den Unfalltod des Popen, einem Erdrutsch, der ein Eisenbahnunglück auslöste, bis zu dem Erdbeben 1923 in China…«
    »Gab es auch etwas Schönes?«, fiel sie ihm ins Wort.
    »Sicherlich. Mir gelang es, einige Verschwundene wieder zu finden und einige Mörder zu überführen. Bekannt gemacht hat mich die Vorhersage des Scheiterns der Revolution gegen den Zaren und des Todes des Rädelsführers. Lenin. Und seiner Freunde.«
    »Was Ihnen nicht nur Bewunderer gebracht hat«, erinnerte sich Silena an die Todesdrohungen der Revolutionäre, die den zaristischen Truppen entkommen waren. »Sie werden für das Scheitern verantwortlich gemacht, weil Sie den Zaren warnten.«
    »Das tat ich nicht, Großmeisterin. Eine Zeitung wollte meine Meinung zu den Unruhen im Land wissen und legte mir ein Bild von Lenin hin. Was ich sagte, druckten sie. Ich bin nicht selbst zum Zar gelaufen und habe es ihm ins Ohr geflüstert.« Grigorij leerte seinen Wodka und bedeutete Marie, ihm eine ganze Flasche zu bringen.
    »Es gab keine Belohnung«, fügte er versonnen hinzu und starrte auf den Salzstreuer.
    »Ich bin dann wohl der Langweiligste von Ihnen in der Runde«, bemerkte Skelton und richtete sich von seiner Lektüre auf. »Schule, Lehrjahre – und seitdem bin ich Versicherungsdetektiv. Nicht mehr und nicht weniger.«
    »Einmal abgesehen von Ihrem Unterarm, Mister Skelton«, warf Arsenie ein. »Machen Sie sich nicht uninteressant. Das kommt bei den Frauen nicht an.« Sie zwinkerte. »Außerdem reisen Sie gewiss viel und erleben einiges. Spätestens jetzt.«
    »Was sagt eigentlich Misses Skelton zu Ihren Abenteuern?«, wollte Grigorij wissen. »Sie wird vor Angst umkommen, schätze ich?«
    Skelton schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Ehefrau. Überhaupt keine Frau in meinem Leben. Es war nie Zeit, die Richtige zu finden.«
    »Hat das Suchen wenigstens Spaß gemacht?«, lachte Grigorij und bedankte sich bei Marie, die ihm seine Bestellung brachte. »Mir macht es das jedenfalls.«
    »Ich suche nicht wie Sie, Fürst«, antwortete Skelton und errötete.
    »Grigorij, bitte! Wir haben es hier mit einem britischen Gentleman zu tun«, wies ihn Arsenie zurecht.
    »Sie könnten sich ein Beispiel nehmen«, fügte Silena halblaut hinzu und erhob sich. »Ich gehe ins Officium, um dem Erzbischof Rede und Antwort zu stehen.«
    Grigorij beugte sich rasch nach vorn. »Nicht so schnell, Großmeisterin. Nachdem Sie von unserer Vergangenheit gehört haben, würde es mich sehr interessieren, wie das Leben als Drachentöterin

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