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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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misstrauisch.
    Grigorij lachte dunkel. »Sie haben die Leichen im Hospital gesehen, Großmeisterin. Was wollen Sie bezweifeln?«
    »Dieses Blutbad wurde von dem Fünfender angerichtet, auch wenn ich nicht verstehe, wie es ihm gelungen ist und über welche Macht er verfügt«, räumte sie ein. »Er war nicht … greifbar und doch sehr real.«
    »Kann es sein, dass Sie sich weigern, die Fertigkeiten der Französin anzuerkennen, weil sie Ihren Ansichten zuwiderlaufen?« Er stützte sich mit beiden Händen auf den Gehstock. »Ignoranz, Großmeisterin, überlassen wir doch bitte den Priestern und Engstirnigen. Sie sollten sich hingegen öffnen und akzeptieren. Wie Sie gesehen haben, ist uns Madame Sàtra von Nutzen.«
    »Ich dachte, Sie würden sie beim Vornamen nennen?«, sagte Silena spitz. »Was hat denn die Freundschaft getrübt?«
    »Nichts, Großmeisterin. Arsenie und ich stehen uns immer noch nahe.« Er rückte näher an sie heran, die Stockspitze hob sich und zeigte auf die Wolken. »Sind sie nicht wunderschön? Man möchte aussteigen und einen Spaziergang unternehmen.«
    »Fragen Sie vorher lieber die Madame nach ein paar Geistern, die Sie stützen. Sie würden sonst abstürzen und wie ein Stein auf den Boden aufschlagen, Fürst.« Silena stand nicht der Sinn nach romantischen Gesprächen. Erstens war die Lage unpassend, außerdem hegte sie noch immer zarte Gefühle für einen anderen. Wie es aussah, konnte sie leider weder Eris noch dem Fürsten trauen.
    »Oh, das nenne ich einen Korb«, grinste er. »Verraten Sie mir doch: Wie kommt es, dass Sie mir gegenüber unentwegt unfreundlich sind, Großmeisterin?«
    »Das fragen Sie allen Ernstes?« Sie schaute auf seine Nasenspitze, um nicht in seine Augen sehen zu müssen. »Sie haben in aller Ruhe zugesehen, wie sich der Fünfender auf mich gestürzt hat.«
    Er presste die Rechte an seine Hüfte. »Sie haben die Schüsse meiner Pistole nicht gehört? Ich habe…«
    »Ich meinte nicht den Vorfall im Hospital. Sondern in jener Nacht, als Sie die Uhr bei Scottings gekauft haben. Denn Sie waren vor mir bei ihm und haben ihn wohl ausspioniert. Deswegen nahm ich sogar zuerst an, dass Sie mit dem Drachen zusammenarbeiten.« Jetzt sah sie ihn doch an, und ihre Wut verhinderte, dass sie sich in seinen Augen verlor. »Höre ich eine Erklärung, Fürst?«
    Jetzt wich er ihr aus. Er richtete den Blick auf die Wolken. »Es stimmt. Ich stand in jener Nacht hinter dem Fenster auf der anderen Seite des Hofes und sah Sie gegen den Drachen kämpfen.« Er schluckte. »Halten Sie mich nicht für feige. Ich wusste nicht, was ich tun sollte…«
    »Eine Warnung wäre freundlich gewesen.«
    »Das ging nicht.« Er presste die Lippen zusammen.
    Sie stellte sich dicht vor ihn. »Fürst, wieso?«
    »Ich wollte sehen … was geschieht«, antwortete er zögernd. »Ich kannte Sie und das Monstrum aus meiner Vision. Der Weltenstein war nicht aufgetaucht, weder bei mir noch bei Ihnen, noch bei dem Drachen. Ich war mir daher sicher, dass Ihnen nichts geschehen würde.«
    »Gegen einen solchen Teufel? Diese Gewissheit müssen Sie mir genauer erklären.«
    »Ihre Zeit war noch nicht … reif zum Sterben, Großmeisterin.« Er sah sie an, die Augen baten um Verzeihung. »Weder sah ich den asiatischen Drachen noch den Weltenstein. Ich war mir sicher, dass Sie lebend aus dem Kampf hervorgehen würden. Außerdem habe ich gesehen, wie wendig Sie sind…«
    »Um ein Haar hätte mich das schwarze Feuer verbrannt, Fürst!«, rief sie ihm ins Gesicht. »Er hat meinen Fahrer gefressen, Edinburgh in Schutt und Asche gelegt, ein Massaker im Hospital angerichtet, und Sie denken noch immer, es kann mir … uns nichts geschehen, weil dieser andere Drache noch nicht … erschienen ist? Weil der Weltenstein fehlt?« Mit einem Mal spürte sie wieder dieses Verlangen, einen Menschen zu schlagen. Den Russen zu schlagen.
    »Nein. Inzwischen nicht mehr, Großmeisterin«, gestand er leise und senkte den Kopf; die langen schwarzen Haare fielen ihm strähnenweise in die Stirn. »Das ist der Grund, warum ich Ihnen beistehe, wo ich es nur vermag. Die Visionen gaben mir eine trügerische Sicherheit.«
    Sie trat so dicht an ihn heran, dass nicht einmal mehr eine flache Säbelklinge zwischen sie gepasst hätte. »Dann machen Sie sich Gedanken darüber, wo es in Sankt Petersburg ein Goldenes Dach, eine Herrengasse und einen großen Keller gibt, Fürst«, befahl sie tonlos und merkte, dass ihre Hände sich zu Fäusten geballt hatten.

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