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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Hässlichkeit her erinnerte es ihn an die Wasserspeier, die man an und auf den Bauwerken fand. Trotz der immensen Bedrohung verharrte er und betrachtete wie gebannt das Gesicht. In dem chimärenhaften Antlitz lag etwas Unseliges und zugleich Menschliches. Es war mehr als ein lebendig gewordener Gargoyle…
    Der Fürst löste sich von dem Anblick.
    »He, du … Ding!«, schrie er und setzte die Klingenspitze auf die Brust des Wesens. »Zurück mit dir!«
    Es lief einfach weiter – und das geschliffene Eisen brach ab. Ein sehniger, kräftiger Arm fegte herbei. Grigorij duckte sich und tauchte darunter hinweg.
    »Ich kann sie nicht finden, Fürst«, rief Skelton.
    »Suchen Sie schneller, Mister Skelton. Ich weiß nämlich nicht…«, er ließ den Stock fallen, nahm einen Stuhl und warf damit nach dem Wesen, doch das Möbelstück zerschellte, »…wie ich diese Kreatur dazu überreden könnte zu verschwinden.« Er packte den nächstbesten Tisch und warf ihn gegen den Angreifer. Der aber parierte die Attacke mit einem beidhändigen Schlag und zerschmetterte die dicke Holzplatte mühelos. Unaufhaltsam wie ein Panzer walzte er weiter ins Café. Bis er plötzlich innehielt.
    »Mister Skelton, rasch! Mir gehen die Tische aus«, rief Grigorij nach hinten.
    Abrupt bückte sich das Wesen, die Finger wühlten im Schutt und bekamen einen Arm zu fassen, an dem es seinen Fund hervorzog. Zum Vorschein kam Arsenie, deren Kleid an verschiedenen Stellen zerrissen war; sie blutete aus vielen kleinen Schrammen. Die weißblonden Haare hingen zerzaust herab, die Augen waren geschlossen.
    »O nein«, entfuhr es Grigorij, und er suchte nach etwas, mit dem er dem Wesen wehtun konnte. »Lass sie in Frieden, hörst du? Nimm mich stattdessen.«
    Die grünen Augen richteten sich auf ihn. »Du bist keiner von ihnen.« Unvermittelt klappte eine Schwinge nach vorn, gleich darauf knallte es mehrmals hinter Grigorij, und Kugeln schlugen gegen die dünne Haut, die enorm widerstandsfähig war.
    Am Eingang standen zwei Polizisten, wie Grigorij mit einem kurzen Blick über die Schulter feststellte; sie hatten ihre Pistolen gezückt und schossen auf das Wesen, ohne sich um die Ohnmächtige zu kümmern.
    »Aufhören!«, schrie der Fürst sie auf Deutsch an und wandte sich wieder dem Wesen zu. »Was meinst du damit?« Doch die Kreatur hatte sich bereits dem Ausgang zugewandt – und verharrte.
    Arsenie verdrängte die Dunkelheit, in der ihr Bewusstsein schwamm, war aber zu schwach, um die Lider zu heben. Sie roch Staub und fühlte gleichzeitig, dass sie jemand am Arm gepackt hielt und wie ein Spielzeug durch die Gegend trug; weit entfernt vernahm sie die Stimme von Grigorij, dann hörte sie lautes Knallen. Jemand hatte geschossen. Sie konzentrierte sich und rief Geister aus dem Jenseits. »Kommt zu mir!«, bat sie. »Steht mir bei und rettet mich.«
    Zu ihrem Erstaunen tat sich nichts.
    Gar nichts.
    »Was tust du da?«, wurde sie von einer Stimme gefragt, die sandig und uralt klang.
    »Wer bist du?«
    »Cyrano. Du bist die weißhaarige Frau, richtig?«
    »Ja, ich bin Arsenie…«
    »Du sprichst zu mir wie die einstigen Herren«, redete die Stimme weiter. »Das ist ein gutes Zeichen, Arsenie. Es scheint, als hätte ich endlich Glück. Du bist der erste gute Fang, den ich mache.«
    »Wer bist du?«, wiederholte sie und versuchte, befehlshaberisch zu klingen und sich die Furcht nicht anmerken zu lassen. »Sag es mir auf der Stelle!«
    »Du weißt es doch schon.«
    »Aber warum kann ich dich nicht sehen, wenn du eine Seele bist?«
    »Ich bin keine Seele.« Wieder krachte es. »Wir müssen unsere Unterredung später fortsetzen. Ich bringe dich von hier weg, und wir unterhalten uns. Ich zähle auf dich und deine Kräfte, Arsenie. Du wirst gebraucht, und wenn du dich nicht widersetzt, wird dir nicht das gleiche Leid geschehen wie den anderen.«
    »Den anderen? Welchen…«
    »Den anderen deiner Art.« Die Stimme schwieg abrupt, und Arsenie trieb allein in dem Zwielicht umher.
    Sie zog ihre Energien zusammen und verwendete sie darauf, die Augen zu öffnen. Nur wenn sie sah, was mit ihr geschah, konnte sie eingreifen. Allerdings zweifelte sie daran, dass sie sich selbst zu retten im Stande war.
    Das Wesen stand still wie eine Statue, ließ seine Beute nicht los, während der Körper der Frau sachte hin und her pendelte. Die grün leuchtenden Augen waren weit geöffnet, und es machte den Anschein, als lausche das Wesen einer für Menschen unhörbaren Melodie.
    Silena

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