Die Mächte des Feuers
erschien im Mauerdurchbruch, hatte ihr Schwert gezückt. »Das … kann doch nicht mehr mit rechten Dingen zugehen«, sagte sie entgeistert und tat einen Schritt zurück.
»Sie kennen das Wesen, Großmeisterin?« Grigorij sah, dass Arsenies Lider flatterten. Die Französin erlangte das Bewusstsein zurück.
»Das ist Cyrano, die Statue aus dem Officium!« Silena überlegte kurz, ehe sie das Schwert wegsteckte und sich nach einem Holzbalken bückte, der im Schutt lag. »Kommen Sie her, Fürst. Wir schlagen ihm den steinernen Kopf in Stücke. Dann wollen wir sehen, ob er sich noch bewegen kann.«
Zadornov sprang an ihre Seite, und sogar Onslow eilte zu ihnen. Er bildete das Schlusslicht und packte den rissigen Balken. Sie führten ihn mit gemeinsamem Schwung wie eine schwere Lanze, das stumpfe Ende zielte genau auf das breite Gesicht.
Und traf.
Die Wucht reichte aus, um die Statue nach hinten auf die Flügel zu werfen. Der Sturz wirbelte eine neue Wolke aus dichtem Staub auf, in dem sie und Arsenie verschwanden.
»Skelton, suchen Sie Sàtra!«, befahl Silena. »Fürst, wir rücken vor. Balken bereithalten.«
Um sie herum hatte das Rufen und Schreien nachgelassen. Die Gäste des Cafés hatten sich überwiegend in Sicherheit gebracht. Am Boden wurden die schemenhaften Umrisse von Menschen sichtbar, die durch umherfliegende Trümmer getroffen worden waren und das Bewusstsein verloren hatten. Über den Marienplatz huschten die Strahlen von Suchscheinwerfern, die auf dem Dach des Officiums installiert waren, und erleuchteten die große Fläche bis in den letzten Winkel.
Durch den sich setzenden Staub des Cafés näherten sich zwei Polizisten; den Uniformen nach gehörten sie zu den Münchner Ordnungshütern und nicht zur überörtlichen Gendarmerie. Der vorderste von ihnen erkannte in Silena eine Drachentöterin. »Was geht hier vor, Großmeisterin?«
»Das weiß ich auch noch nicht, Wachtmeister. Bleiben Sie…«
Ein Schatten schnellte vor ihnen in die Höhe, Schwingen schlugen nach vorn und trafen die Polizisten. Sie wurden von den Beinen gefegt, fielen in die Trümmer.
Als die steinerne Bestie nachsetzen wollte, schlug Grigorij mit dem Balken nach ihr und versetzte ihr einen Treffer gegen den Unterleib; aufbrüllend taumelte sie rückwärts. »Weg mit dir, Gargoyle!« Ein kurzer Blick hatte ihm beruhigenderweise gezeigt, dass Arsenie nicht mehr in dessen Klauen hing. Und dass die Attacke mit dem Balken sehr wohl Spuren am Kopf hinterlassen hatte. Die Nase war weggeplatzt und nur noch als Ansatz zwischen den Augen zu erkennen, Stücke waren aus der rechten Wange und aus dem Auge herausgebrochen. Aus den beschädigten Stellen trat kein Blut, stattdessen war grauer, schwarz geäderter Stein zum Vorschein gekommen. Grigorij versuchte, sich seine Abscheu nicht anmerken zu lassen. »Mister Skelton? Wie steht es?«
»Ich habe Madame«, kam es aus dem umherflirrenden Staub.
Durch das Loch in der Wand rannten ein halbes Dutzend Männer und Frauen, alle in den Uniformen des Officiums und mit den verschiedensten, mitunter merkwürdigsten Waffen ausgestattet. Sie fächerten auseinander und bildeten einen Halbkreis um den Gegner, schnitten ihm den Fluchtweg ab, während Silena sich erhob und einen schweren, massiven Kerzenleuchter in der Hand hielt. Noch immer konnte sie einfach nicht fassen, wie es Cyrano gelungen war, zum Leben zu erwachen. »Mal sehen, ob wir dich damit beschädigen können.«
Die Statue schnaubte sie mit funkelnden Augen an, stieß sich vom Boden ab und brach mit angelegten Schwingen durch die Decke in den ersten Stock; gleich darauf erklang das Bersten von Glas, und draußen zischte eine Gestalt im Tiefflug über den Marienplatz, verfolgt von drei gleißenden Lichtkegeln. Die lebendig gewordene Statue war geflüchtet.
Silena rannte durch die Reihe der Drachentöter, schaute in den grauen Himmel zu der Gestalt, die sich in den Strahlen sich überkreuzender Scheinwerfer mit mächtigen Flügelschlägen entfernte. Sie sah zum Dach des Officiums, wo die Geschütze und Katapulte ausgerichtet und feuerbereit waren. Doch der Angreifer sank im Zickzackflug nach unten und verschwand vor den Dächern, um den Abwehrbatterien, die gegen einen Drachenangriff gedacht waren, zu entkommen.
»Verdammt!«, fluchte sie und schleuderte den Kerzenleuchter voller Zorn von sich. Dann kehrte sie in das Café zurück, wo sie Arsenie an einem Tisch in einer unbeschädigten Ecke sitzen sah. Die Kellnerin brachte ihr soeben
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