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Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ihm ohne einen Vorwurf in der Stimme und ging voraus. »Bei mir gibt es auch etwas zu tun.«

22. Januar 1925, Innsbruck (Zisleithanien), Kaiserreich Österreich-Ungarn
     
    Arsenie war zum ersten Mal in ihrem Leben als erwachsene Frau geschlagen worden. Und dazu noch von einem Mann, und genau das waren seltsamerweise ihre Gedanken, während sie rücklings fiel und glücklicherweise auf dem weichen Drachenbett landete.
    Erst dann kam der Schmerz mit voller Wucht. Sterne tanzten vor ihren Augen, sie schmeckte Blut im Mund und spürte es über die aufgesprungene Unterlippe das Kinn entlang rinnen; empört richtete sie sich auf und stützte sich auf die Ellbogen. Die Benommenheit lähmte sie.
    »Hilfe!«, schrie Arsenie und sah durch den Schleier der Halbohnmacht, wie der Mann den perplexen Onslow Skelton einhändig am Kragen packte, ihn auf die Teppiche schleuderte und ihm mit einem Tritt in den Nacken das Genick brach; das Knirschen bescherte ihr Übelkeit.
    Dann wandte er sich ihr zu, auf dem männlich-markanten Gesicht stand ein gleichgültiges Lächeln. Er leckte das Blut, das an seinen Knöcheln haftete, genießerisch ab. »Madame Sàtra, Sie schmecken ausgezeichnet, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.«
    Sie rutschte nach hinten über das Bett, weg von dem Mann. »Bleiben Sie mir vom Leib, Sie Irrer!«
    »Mein Name ist Mandrake, Madame Sàtra. So schwer ist es nicht, ihn zu behalten, also haben Sie die Güte und merken Sie sich ihn«, sagte er tadelnd in reinstem Oxfordenglisch. Im Vorbeigehen nahm er die Teekanne auf, wog sie abschätzend in der Hand. »Schreien Sie bitte nicht, oder ich sehe mich gezwungen, Sie zum Schweigen zu bringen.«
    Arsenie hatte das andere Ende der Schlafstätte erreicht und fünf Meter zwischen sich und den Mann gebracht.
    Sie sah wieder klarer. Es musste genügen, um ihre Kräfte zu mobilisieren. »Ich weiß nicht, wer Sie sind…«
    »Oh, hat Großmeisterin Silena nichts über mich erzählt? Wie bedauerlich. Wir standen in losem Kontakt.« Eris betrachtete sie aufmerksam. »Wo ist sie, und wo ist der Russe?«
    »Nicht hier.« Arsenie hob die Arme, um Mandrake mit Ektoplasmastößen zu versehen.
    »Lassen Sie das, Madame.« Eris machte einen Schritt zur Seite und schleuderte die Teekanne nach ihr.
    Das Geschoss flog zu schnell, es gab keine Gelegenheit für eine Abwehr. Die weißen Energiebahnen verfehlten sowohl den Mann als auch das Behältnis. Die Kanne traf sie gegen den Kopf und zerbarst, und der heiße Tee überschüttete ihr Gesicht, ihre Arme und ihr Dekolleté.
    Aufschreiend stürzte Arsenie mit dem Oberkörper vom Bett und kam halb auf dem Boden zum Liegen. Jemand griff ihr ins Haar und zerrte sie auf die Beine. Sie folgte den kräftigen Bewegungen willenlos, war nicht in der Lage, sich dagegen zu erwehren.
    »Madame, wohin ist Silena unterwegs?«, sagte Eris' Stimme neben ihr. »Was haben Sie und die anderen über den Weltenstein herausgefunden?«
    »Von mir erfahren Sie nichts.« Sie hatte noch etwas hinzufügen wollen, aber schon flog sie durch die Luft und stürzte auf den Tisch, auf dem noch immer die Getränke standen. Sie schlitterte über die Platte und fiel auf der anderen Seite herab; um sie herum kullerten die Gläser und Flaschen. Durch die Schmerzen, die ihr die Verbrühungen bescherten, spürte sie die Schnittverletzungen an den Händen kaum mehr; sie wurden zu Nadelstichen. Arsenie hatte Wein in die Augen bekommen und sah nichts mehr, hörte aber, dass sich ihr Schritte näherten. »Nein, Gnade. Ich…«
    »Gnade. Dieses Wort höre ich in letzter Zeit sehr oft, Madame.« Eris griff in die Ösen des Mieders und zog sie nach oben, legte ihren Oberkörper über den Tisch. »Und es ist immer das letzte Wort derer, die es in den Mund nehmen.« Er drehte ihren Kopf auf die linke Seite, schüttete ihr die Reste des Wassers ins Gesicht. »Bei Ihnen mache ich eine Ausnahme.«
    Arsenie blinzelte; sie hatte furchtbare Angst, die schrecklichste in ihrem Leben. Sie sah in die dunkelbraunen Augen und erkannte, dass dahinter etwas lauerte, das nichts mit einem Menschen gemein hatte. Sie wollte sprechen, doch ihre geschwollenen Lippen waren taub, sie stammelte lediglich.
    »Denken Sie, dass Sie es auf diese Weise vermeiden, mir meine Antworten zu geben?« Er lächelte sie an. Wir können uns auch auf diese Weise unterhalten, wenn Ihnen das lieber ist, Madame. Mit der Kraft der Gedanken.
    Sie erschrak, als sie die Stimme im Kopf vernahm. Eine Macht drang in ihren

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