Die Mächte des Feuers
einem See, mal als Herrscher, vor dem ein halbes Dutzend europäischer Könige auf die Knie sanken, mal als Feldherr, der beobachtete, wie Schlachten aus verschiedenen Epochen zwischen Menschen ausgetragen wurden. Öllampen und Kerzenleuchter spendeten Wärme und Licht.
Ddraig und Iffnar schauten einander an und verstanden sich. Hier gab es viele schmerzliche Hinweise auf die Niederlagen, die sie dem silbernen Wurmdrachen zu verdanken hatten.
»Ein Aufschneider, nach wie vor«, meinte die rote Drachin und ließ sich in der Mitte nieder. Sofort eilten Diener herbei, die ohne Scheu zwischen den gewaltigen, uralten Wesen umherliefen, ausgeweidete und vom Fell befreite Schafe anboten, Rinderhälften anschleppten und entborstete Schweine hübsch angerichtet präsentierten.
»Ist es nicht mehr erlaubt, sich im Glanz des Ruhmes zu sonnen, liebe Ddraig?«, gab Vouivre süffisant zurück und nahm sich eine Rinderhälfte. »Gebt es zu: Ihr habt auch solche schönen Malereien von Euren glorreichsten Siegen.«
»Mir gefällt das Bild von Waterloo in meiner Sammlung fast am besten«, bemerkte Iffnar mit einem Grinsen. »Und auch der tapfere Arminius bekam ein passendes Gemälde für seinen Triumph über die Römer.«
»Varus war vor meiner Zeit«, wischte Vouivre den Hinweis weg, auch wenn es ihn traf. »Kommen wir zu einer nicht weniger bedeutsamen Schlacht…«
»…wie der von Waterloo«, schlug Iffnar nochmals in die Kerbe und schlang ein Schwein hinunter. Ddraig musste lachen. Sie wusste, wie sehr Vouivre den Untergang von Napoleon bedauerte.
»Hört mit diesen Kindereien auf«, polterte Grendelson und verschmähte die angebotenen Leckereien. »Pratiwin hat versagt und ist vermutlich gegen Gorynytsch gefallen, habe ich Recht?« Die Augen richteten sich auf Vouivre. »Euer Verbündeter hat nichts getaugt.«
»Das würde ich so nicht sagen.« Der silberne Drache bemühte sich um Haltung und zog die Perigord-Trüffeln zu sich heran. »Er hat immerhin herausgefunden, dass Gorynytsch sich in Gestalt von Eris Mandrake unter den Menschen bewegt und wohin er sich mit seinen Verbündeten begeben hat.« Er nannte ihnen den Ort. »Soweit ich weiß, hat das Officium bereits seine Leute ausgesandt.«
»Gut. Dann nehmen sie uns die Arbeit ab.« Iffnar ließ Vouivre nicht aus den Augen. »Da Pratiwin tot ist, sollten wir über die Aufteilung des Zarenreichs…«
»Ihr seid zu schnell. Die Menschen werden es nicht alleine schaffen. Gorynytsch wird sie zusammen mit seinen Verbündeten auslöschen.« Ddraig hatte keine Hemmungen, dem grauen Drachen ins Wort zu fallen. »Wir sollten ihnen helfen. In unserem eigenen Interesse.«
»Niemals!«, fauchte Grendelson. »Das Officium wird die Gelegenheit nutzen, uns ebenfalls anzugreifen, sobald Gorynytsch besiegt ist.«
»Zudem ist es nicht gut, dass wir uns ihnen zeigen«, warf Vouivre ein. »Wir würden sie und vor allem die Menschheit aufschrecken.«
»Andernfalls steht uns der Krieg gegen die Asiaten bevor«, warnte sie. Dabei glaubte sie zu bemerken, dass Grendelsons Augen sich rasch von ihr abwandten. »Lieber nehme ich in Kauf, dass die Menschen von uns wissen, als alles zu verlieren.«
Iffnars Schweif peitschte. »Ihr malt sehr schwarz.«
»Ich sehe es, wie es ist, Iffnar.« Ddraig nahm sich ebenfalls von den Trüffeln und spie sie nach kurzem Probieren aus. »Widerlich«, ächzte sie und wählte ein Schwein, um den Geschmack des Pilzes von der Zunge zu bekommen. »Wie könnt Ihr nur so etwas mögen, Vouivre?«
»Er ist Franzose. Sie essen auch verschimmelten Käse«, fügte Iffnar spitz hinzu.
Grendelsons Kopf schnellte herum, die Augen sahen zum Eingang. »Es kommt jemand. Ich höre…«
Schon gab es eine gewaltige Detonation.
Der Eingang verschwand in einem Feuerblitz. Felsbrocken und herausgerissene Eisentrümmer flogen durch den Gang bis hin zu ihnen, beschädigten die Malereien, rissen das Blattgold vom Gestein und zerstörten etliche Ölleuchten. Auf der Stelle brach Feuer aus. Vier Diener waren von der brennenden Flüssigkeit überschüttet worden und taumelten als lebendige, schreiende Fackeln umher.
Die Drachen erhoben sich, bereiteten sich auf den kommenden Angriff vor – und sahen nichts als drei menschengroße, aus Eisenblech geformte Kugeln, die zu ihnen in den Thronsaal rollten. Gleich darauf ereigneten sich die nächsten Explosionen, noch bevor einer der Diener oder Drachen etwas unternehmen konnte.
Die Sprengladungen waren gewaltig. Die Druckwellen
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