Die Mächte des Feuers
der umliegenden Dörfer waren entsetzt, als beim Auftauchen der Drachentöter klar wurde, dass sich unter den Segeltüchern, mit denen die Burg während der angeblichen Sanierungsarbeiten vor der Witterung geschützt worden war, nichts mehr befand. Und es hatte Tote gegeben, wie den Verwalter Tobias und Sir Jasper Aubyn. Den vermeintlichen Sir Jasper.
Es stellte sich bald heraus, dass es sich um einen Schauspieler gehandelt hatte. Der echte Schlossbesitzer kehrte am gleichen Tag von einer langen Seereise nach Marazion zurück und war not amused , sein gesamtes Anwesen und die Angestellten verloren zu haben. Sie waren vermutlich zu Drachenfutter geworden.
Niemand konnte sich die Vorgänge erklären.
Auch nicht Silena, die den Auftrag bekommen hatte, den Berg für den Fall nicht aus den Augen zu lassen, falls Mandrake aus irgendeinem Grund zurückkehrte. Der Prior war nach kurzem Aufenthalt mit den restlichen Drachentötern abgereist. Jetzt saß sie da, ließ die Münze zwischen den Fingern wandern und sinnierte. Sinnlos.
Schritte näherten sich ihr, sie wandte sich nicht um.
»Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich einen Hellseher wünschen«, sagte eine dunkle Männerstimme, und schon setzte sich Grigorij neben sie. Er hatte sich den Bart rasiert und die Haare gestutzt, außerdem trug er die Sachen eines einfachen Fischers. Die Gummistiefel und die Pfeife im Mund ließen ihn wie einen Einheimischen aussehen. Und dennoch umgab ihn eine Aura, die ihn auf der Stelle aus einer Ansammlung von Fischern hervorheben würde.
Sie starrte ihn an. »Sind Sie das wirklich, Fürst?«
Er grinste und stocherte mit einem eisernen Häkchen in der Pfeife herum, bis Rauch gleichmäßig und voll aus dem Kopf stieg. »Ich lasse mir nichts von dem Abenteuer entgehen, Großmeisterin. Sie…«
Sie hob die Hand. »Tun Sie mir einen Gefallen, Fürst, und nennen Sie mich nicht Großmeisterin«, unterbrach sie ihn. »Ich habe seit dem Auftauchen von Prior Prokop eine Abneigung dagegen entwickelt.«
»Wie Sie möchten… Dann sagen Sie aber Grigorij, und wir vergessen die Titel gänzlich.« Er hielt ihr die Hand hin, sie schlug ein und hielt seine Hand lange fest. Silena war froh, den Mann an ihrer Seite zu haben. Jemand, mit dem sie über die vergangenen Tage reden konnte. »Was ist nach meiner Abreise geschehen? Nur an Ihrem neuen Vorgesetzten wird es nicht liegen.«
Sie schaute auf die Wellen, die in gleichmäßigem Turnus den Strand hinaufliefen, zurückfielen, hinaufliefen, zurückkehrten… »Er hat mir die Inquisition auf den Hals gehetzt«, wisperte sie und schluckte schwer.
»Wer?«
»Der Erzbischof.«
»Wegen mir?«
»Wegen allem.« Sie sah ihn an und lächelte ihm zu. »Aber in erster Linie, weil ich Kontakt zu Eris Mandrake hatte. Oder Gorynytsch. Und dann gab es noch Sie, Fürst…«
»…Grigorij.«
»…und Sàtra. Weil sie offenkundig unter den Einfluss von Mandrake geriet, wollte man bei mir sichergehen, dass es sich nicht so verhält.« Silena schüttelte sich. »Dass ich frei von allem Übel bin. Unbefleckt, wie die es nannten.«
»Verzeihen Sie mir, wenn ich so direkt danach frage, aber hat die Inquisition des Officiums noch in irgendeiner Weise etwas mit der frühneuzeitlichen Vorgehensweise zu tun?« Er schenkte ihr einen mitfühlenden Blick. »Folter?«
»Nein, glücklicherweise. Sonst gäbe es an vielen Stellen meines Körpers Wunden. Heutzutage machen sie es mit Verhören. Endlosen, stundenlangen Verhören, ohne dass man etwas zu essen und zu trinken bekommt, während die gleichen Fragen wieder und immer wieder gestellt werden.« Sie presste die Lippen zusammen und betrachtete die See. »Das Schlimme daran ist, dass ich maßlos enttäuscht bin. Ich habe den Erzbischof immer für einen Freund gehalten. Er kennt mich von Kindesbeinen an, daher sollte er wissen, wie es um mich bestellt ist.« Sie schloss die Augen für eine Weile. »Ich fühle mich verraten. Von meinen eigenen Leuten, Grigorij.«
Er blickte den Strand entlang, und als er sicher war, dass keiner zu ihnen schaute, nahm er ihre Hand und drückte sie. »Es tut mir leid, Silena.«
Sie wandte ihm den Kopf zu, dabei hob sie die Lider und ließ das Grün erstrahlen. Es war einer von diesen Augenblicken, die entweder genutzt wurden oder aber vorbeizogen und an die man ewig zurückdachte.
Grigorij hasste Verschwendung. Er ließ ihre Hand los, legte den Arm um ihre Schulter und zog sie zu sich heran. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und
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