Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mächte des Feuers

Die Mächte des Feuers

Titel: Die Mächte des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
reichten aus, um die Altvorderen von den Beinen zu fegen und sie an die Wände der Halle zu schleudern. Der Pic de Aneto war auf eine solche Attacke nicht vorbereitet, und bei aller Festigkeit des Berggesteins brach der riesige Raum an einigen Stellen ein. Drachenglieder wurden getroffen, und durch das dröhnende Krachen erklang ihr wütendes, hasserfülltes Brüllen, in das sich das Rufen der überlebenden Diener mischte.
    Ddraig wühlte sich aus dem Schutt hervor, sie verspürte am Rücken enorme Schmerzen; ein scharfkantiges Bruchstück hatte das Schuppenkleid durchbohrt und ihr eine Wunde zugefügt.
    »Das wird Gorynytsch mir büßen!«, schrie sie und strengte sich an, um aus der Kare zu gelangen. Kaum hob sie die Schnauze und schob die Trümmer zur Seite, schoss eine weiße Lohe auf sie zu und überzog sie mit Hitze.
    Rasch schloss die rote Drachin die Augen und schob die Schutzdeckel über die Nasenöffnungen. Weiße Flammen ließen sich ertragen und standen weit unter ihrem vernichtenden Feuer. Als der Angriff verebbte, hob sie die Lider und erkannte einen bräunlich weißen Drachenschädel, der sich durch den Gang in die eingestürzte Höhle schob. Gorynytschs Verbündete überprüften wohl, ob die Altvorderen dem Anschlag zum Opfer gefallen waren.
    Ddraig schnappte nach dem Hals des unerfahrenen Gegners und riss ihn zur Hälfte auf. Aufkreischend zuckte der Drache zurück und starb durch den Klauenhieb, den Ddraig folgen ließ. Mit zerschmettertem Genick brach er im Gang zusammen.
    Die rote Drachin wollte über den Kadaver hinwegsteigen – als zwei weitere Kugeln zu ihr geschleudert wurden.
    Sie waren noch größer als die ersten.

4. März 1925, sieben Kilometer nördlich von Kiew, Zarenreich Russland
     
    Der etwa zwanzig Meter lange Zeppelin Staaken R-VI rauschte auf Geheiß von Silena im Tiefflug über die Ebene und näherte sich Kiew unaufhaltsam. Der umgebaute ehemalige Bomber lag stabil in der Luft und transportierte anstelle von Sprengkörpern nun Menschen, und das recht komfortabel. Einst war er im Weltkrieg für das deutsche Kaiserreich über England gezogen und hatte bei jedem Überflug zwei Tonnen Bomben auf die britischen Städte geworfen. Die sieben MG-Kanzeln in Bug-, Rücken- und Bauchpositionen erinnerten an die Luftkämpfe. Dieses beeindruckende Modell mit einer Spannweite von mehr als zweiundvierzig Metern hatte jedoch kurz vor Ende des Krieges notlanden müssen und war von der Royal Air Force sichergestellt worden. Nun verkehrte es gewöhnlich zwischen London und Berlin.
    Das Brummen der vier starken Mercedes-Reihenmotoren und das Röhren der Propeller erzeugten ein einschläferndes Geräusch. Grigorij musste mit sich ringen, um nicht einzudösen.
    »Es war eine gute Entscheidung, die restlichen Drachentöter mitzunehmen«, sagte er zu Silena und rührte in seinem Kaffee. Die Staaken besaß einige Annehmlichkeiten, darunter auch einen Bordservice mit einer Flugbegleiterin. Es war die neueste Errungenschaft, die den Flug gleich viel angenehmer machte – auch wenn alle Passagiere geistig beim bevorstehenden Kampf waren.
    »Wir hatten Glück, dass wir in London diese Maschine von der Royal Air Force auftreiben konnten. Eine gute Idee, einen alten Bomber umzubauen und damit Menschen durch die Gegend zu fliegen.« Silena bedauerte, dass sie nicht in der Saint saß, doch es hatte sich herausgestellt, dass der Motor einen nicht schnell zu reparierenden Schaden aufwies. Sie glaubte nicht an einen Zufall. Prior Prokop hatte dafür sorgen wollen, dass sie am Boden blieb.
    »Ich kann mich nicht beschweren«, stimmte Grigorij ihr zu und kostete von dem Getränk. Es war einer der seltenen Augenblicke, in dem Silena ihn keinen Alkohol trinken sah. Sie wartete darauf, dass er gleich einen Flachmann mit Wodka aus dem Gehrock zog oder sich einen Whiskey von der Flugbegleiterin erbat. »Ich bemerke, dass ich dich verwundere«, meinte er und grinste über den Rand des Bechers hinweg. »Weil ich nüchtern bin wie schon lange nicht mehr?«
    »Ja. Ich muss mir deswegen keine Sorgen machen, oder, Grigorij?« Sie sagte es halb im Ernst und halb im Scherz. »Wenn du schon enthaltsam bist, was kommt dann auf dem Triglav auf uns zu?«
    »Eine Schlacht, wie es zuvor noch keine gab, fürchte ich.« Er schaute aus dem bullaugengroßen Fenster, vor dem nette, kleine Vorhänge baumelten und dem Flugzeuginnenraum einen häuslichen Eindruck gaben. »Ich möchte all meine Sinne zusammenhaben.«
    Silena rutschte tiefer

Weitere Kostenlose Bücher