Die Mächte des Feuers
Verluste, um die Macht zu erhalten und uns in Sicherheit zu wiegen.«
Leida schüttelte langsam den Kopf, und die Bewegungen wirkten so, als fielen sie ihr sehr schwer und als wäre der Kopf mit zusätzlichen Gewichten behängt. »Unmöglich«, flüsterte sie. »Das ist unmöglich.« Sie schaute Silena an. »Das Officium muss doch etwas davon gewusst haben.«
»Nein. Wir alle waren blind. Besser gesagt: Wir wurden absichtlich in Blindheit gehalten. Wie hätten wir da suchen sollen?« Es fiel ihr nicht leicht, die Niederlage vor aller Augen und Ohren einzugestehen, aber sie zu verleugnen, funktionierte ebenso wenig. Es lag auf der Hand, dass die Drachen übermächtig waren. »Wenn Sie mir nicht glauben«, sie zeigte auf Cyrano, »fragen Sie ihn.«
Auf das Stichwort hin erwachte der Gargoyle und ließ die Augen grün aufleuchten. Dann machte er einen Schritt und stand mitten unter den Offizieren. Die Männer sprangen laut rufend auseinander und griffen nach ihren Pistolen. Leida langte an ihren Holster, auch ihre Begleiter machten sich kampfbereit.
»Keine Angst, er tut nichts«, beruhigte Silena feixend die Männer und die Drachenjägerin. »Er ist einer unserer Verbündeten gegen die Drachen.«
Leida hatte die Hand am Waffengriff und staunte den Gargoyle an. »Eine lebendige Statue! Was, zum Teufel, geht hier vor?«
»Ich bin keine Statue, sondern ein Wesen, das von euch den Namen Gargoyle bekam«, erklärte Cyrano mit tönender Stimme. »Wir waren einst die Diener der Drachen, ehe sie uns verfluchten und zu Stein verwandelten. Dafür wollen wir Rache.«
Sie blinzelte verwundert. »Das soll jetzt heißen, dass all diese Wasserspeier und anderen Steinfiguren an den Kirchen, auf den Dächern und sonst wo in Wirklichkeit lebendig sind und nur darauf warten, sich auf die Drachen zu stürzen?«
»Nein, nicht alle.« Cyrano ging an den murmelnden Offizieren vorbei und sah auf die Karte. »Wenn wir die Festung erreichen und dort den Fluch brechen können, haben die Drachen ihre Leben verwirkt.«
Leida entspannte sich etwas. »Ich verstehe nicht einmal die Hälfte von dem, was ich eben gehört habe, aber solange es bedeutet, dass wir Kreaturen wie dich zur Verfügung haben, ist es gut. Über den Rest mache ich mir nach der Schlacht Gedanken.« Sie schaute auf die Muskeln. »Bist du stark?«
Cyrano streckte den Zeigefinger aus und hob damit so mühelos den Kartentisch an, als bestünde er aus Papier.
»Na schön. Das ist stark.« Leida wies ihre Begleiter an, die Waffen zu verstauen. »Wie viele von euch haben wir?«
»Wir sind insgesamt noch sieben. Vier von uns können fliegen, die drei anderen müssen laufen. Aber sie sind sehr schnell.« Er hatte den Tisch nicht abgestellt, um seine Kraft zu demonstrieren, nichts in seiner Stimme verriet, dass es ihn anstrengte. »Und um dich zu verbessern, Menschenfrau: Ihr habt keinen von uns. Wir sind Kampfgefährten, keine Diener.« Jetzt klang er einschüchternd düster. »Wir werden niemals mehr jemandes Diener sein.« Cyrano ließ den Tisch los. Krachend landeten die Beine auf dem Boden.
Silena fragte sich, wie sehr sie die Drachenjägerin wegen ihrer Bedenken zu den Gargoyles ins Vertrauen ziehen durfte.
»Sie werden heute Abend nicht allein gehen, oder?« Leida sah sie an. »Nicht, dass ich Sie besonders gut leiden könnte, aber wir benötigen Ihre Pilotierfähigkeit.«
»Das war mir schon klar, Misses Havock.« Silena deutete auf Cyrano. »Er und seine geflügelten Freunde werden in der Nähe sein und mir Deckung geben, außerdem habe ich den Fürsten an meiner Seite.«
Einer der Offiziere trat vor. »Mit Verlaub, Großmeisterin, aber wir könnten die Artillerie anweisen, auf diesen Punkt, an dem Sie warten, auf Ihr Funkzeichen hin zu feuern. Damit wäre es uns möglich, eines der Scheusale auszuschalten. Was meinen Sie dazu?«
Silena sah sich auf einem freien Feld, umgeben von unaufhörlichen Explosionen, scharfkantigen Schrapnellen und haushohen Dreck- und Staubwolken. »Nein, das ist kein sonderlich verlockender Gedanke, Oberst. Selbst wenn mich Cyrano hinausflöge, wäre mir das Risiko zu groß, dabei verletzt zu werden.« Sie schob die Karte zurecht, die durch den Aufprall des Tisches ein wenig verrutscht war. »Befassen wir uns mit einer ersten Planung, was die Strategie angeht. Wenn es an der Zeit ist, werde ich mich auf den Weg zum Treffpunkt machen.« Sie nickte Grigorij zu. »Ich bin sehr gespannt, was uns da erwartet.«
Cyrano ballte eine Faust.
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