Die Mädchen (German Edition)
werden konnten. Da wollte er
lieber mit Extrawürsten warten, wenn er sie wirklich brauchte.
„Nein, lass man. Johanna rechnet
sowieso noch nicht mit mir. Ist ja nicht das erste Mal, dass wir einen Mord
haben.“
Funke nickte. Es war sicherlich die
Antwort, die er von ihm erwartet hatte. Sie kannten sich schließlich seit
Jahren, man konnte sagen Jahrzehnten, und er wusste genau, dass wie bei ihm die
Arbeit immer oberste Priorität hatte. Auch wenn er seine Karriere nicht mehr um
jeden Preis vorantrieb, hieß das ja nicht gleichzeitig, dass er keine gute
Arbeit mehr leisten wollte.
„Dann lasst uns mal anfangen“,
meinte Siewers. „Wir haben ja nur noch unser Gespräch mit Tuchel übrig.“
„Und?“
„Doreen findet ihn toll.“ Er
erntete einen vernichtenden Blick von ihr für die Bemerkung, während die
anderen neugierig aufsahen.
„Roman übertreibt. Aber ich muss
sagen, dass er mich beeindruckt hat.“ Sie berichtete, wie er sie aus dem Haus
geworfen hatte, ohne eine ihrer Fragen beantwortet zu haben.
„Was ist er für ein Typ?“ wollte
Funke wissen.
„Ganz attraktiv und irgendwie
nicht, wie man sich einen Triebtäter vorstellt.“
„Das ist deine Sichtweise“, gab
Frohloff zu bedenken. „Ich fand ihn arrogant. Und außerdem ziemlich dämlich.
Uns rauszuschmeißen, also wirklich. Damit hat er sich doch nur verdächtig
gemacht.“
„Na schön. Dann fahrt ihr morgen zu
ihm und bringt ihn zur Befragung her. Wenn er es denn nicht anders haben will.“
Funke zuckte mit den Achseln. „Sonst noch etwas?
„Leider nicht. Aber ich würde mir
gern mal die Akten über ihn genauer durchlesen.“
Funke sah sie erstaunt an. „Warum?“
„Ich weiß auch nicht. Nur so ein
Gefühl.“
„Ich hab ja gesagt, sie findet ihn
toll.“ Frohloff verdrehte die Augen.
„Das ist es nicht. Und das weiß er
auch ganz genau.“ Sie schlug ihm neckend auf den Arm, was er mit einem
übertriebenen „Au!“ quittierte. Ach, er liebte diese kleinen Zergeleien. „Aber
er hat mein Interesse geweckt. Ich denke, er glaubt, dass man ihm damals nicht
wirklich eine Chance gegeben hat.“
„Hatte er die denn verdient?“ Auch
Behrend klang skeptisch. „Immerhin hat er ein junges Mädchen vergewaltigt und
umgebracht.“
„Das weiß ich auch. Aber trotzdem
würd ich halt gern wissen, wie das damals abgelaufen ist.“ Sie klang ein
bisschen wie ein störrisches Kind, das etwas haben wollte, das ihm die Mutter
aber nicht kaufen wollte.
Funke zuckte mit den Achseln.
„Meinetwegen können Sie sich die Akte ruhig ansehen. Ich hab sie ohnehin schon
angefordert. Ich glaub zwar nicht, dass uns das weiterbringen wird, aber schaden
kann es auch nicht, solange nichts Wichtiges liegen bleibt.“
„Alles klar“, sagte Siewers und
warf Frohloff einen triumphierenden Blick zu, woraufhin er ihr die Zunge
herausstreckte. Da hatte sie ihren Willen bekommen. Na, was sollte es? Er würde
ihr nicht im Weg stehen.
„Was anderes in dem Zusammenhang.
Frau Thaler war mal wieder fleißig. Der Artikel über Tuchels Entlassung stammt
von einer Frau Doerner. Vielleicht könnt ihr Tuchel morgen ja mal fragen, ob er
die kennt.“
„Und nach Hachmeister sollen wir
ihn auch fragen, oder nicht?“
„Hier wird es interessant.“ Funke
machte eine kunstvolle Pause. „Anscheinend gibt es keinen Mirco Hachmeister.“
„Dann arbeitet er also nicht für
die Presse.“
Funke sah Frohloff an. „Du hast
mich falsch verstanden. Es gibt niemanden, der Mirco Hachmeister heißt. Nicht
bei der Presse und auch sonst nirgends.“
„Der Name ist Fake?“
„Du hast es erfasst.“
Siewers runzelte die Stirn. „Aber
was hat das zu bedeuten?“
„Keine Ahnung. Er wollte uns auf
Tuchel aufmerksam machen, aber verhindern, dass wir uns mit ihm beschäftigen
können.“
„Dann gibt es zwei Leute, die
Tuchel wieder im Knast sehen wollen. Die Doerner und diesen Unbekannten.“
„Sieht ganz so aus.“ Funke hob und
senkte die Schultern. „Aber was immer das auch für eine Privatfehde ist, mit
unserem Fall hat sie wahrscheinlich nichts zu tun. Ich würde zwar zu gerne
wissen, was diesen angeblichen Hachmeister antreibt, aber wir wollen uns auf
das Wesentliche konzentrieren. Wo waren wir? Glen, möchtest du weitermachen?“
Auch das zeichnete Funke als
Führungspersönlichkeit aus. Er hatte klar das Sagen, aber er war immer bereit,
abzugeben und stellte sich ungern lange in den Vordergrund. Es sei denn, er
hatte eine Schlussfolgerung gezogen, auf die
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