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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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eingetauscht hätte.   
    Zu guter Letzt war da noch Behrend,
der Schwule. Dabei hatte er zunächst gar nicht gewusst, dass er schwul war und
seinen Kollegen war es nicht anders gegangen. Er musste zugeben, dass man es
ihm weder ansah noch anmerkte und für seine Karriere als Polizist hatte er da sicherlich
den richtigen Weg eingeschlagen. Seine Vorliebe war nicht offiziell, auch wenn
das Team mittlerweile über ihn Bescheid wusste. Funke hatte ihn vom Kriminaldauerdienst
in seine Abteilung geholt und unter seine Fittiche genommen. Frohloff war
damals nicht begeistert gewesen, zumal der junge Mann Funke zu vergöttern
schien, aber er hatte sich recht schnell an ihn gewöhnt. Als er dann von seinem
Schwulsein erfahren hatte, wäre es ihm lieber gewesen, er hätte die Abteilung
gewechselt. Das hatte nichts mit Behrend persönlich zu tun, aber er fühlte sich
in Gegenwart eines Schwulen irgendwie unwohl. Funke hatte jedoch darauf
bestanden, dass er blieb und Siewers fuhr ohnehin total auf ihn ab, sodass er
schlechte Karten hatte und wohl oder übel in den sauren Apfel beißen musste.
Glücklicherweise hatte Behrend nichts von dem affektiertem Gehabe an sich, das
so viele Vorzeigeschwule im Fernsehen aufwiesen, sonst wäre es für ihn
unerträglich geworden.
    Die Wende kam vor ein paar Monaten,
als Johanna sich beinahe von ihm getrennt hatte. Gemeinsam mit Siewers hatte
Behrend einen Plan geschmiedet, wie er seine Frau zurückerobern konnte. Er
hatte seine gesamte Freizeit geopfert, um dabei zu helfen, den Plan in die Tat
umzusetzen und es hatte funktioniert. Dabei hatte Behrend das nicht etwa getan,
damit er ihn akzeptierte, sondern weil er ihm wirklich hatte helfen wollen und
das hatte ihm imponiert. Das war etwas, was er ihm nie vergessen würde. Man
konnte beinahe sagen, er hatte ihn erobert. Seitdem betrachtete er ihn als
Freund. Er konnte seine Lebensweise nicht nachvollziehen, aber er würde sich
immer schützend vor ihn stellen, sollte es wegen seiner Homosexualität mal zu
Anfeindungen aus dem Kollegenkreis kommen.   
    „Herr Grothe hat angerufen und die
Vermisstenanzeige zurückgezogen“, eröffnete Funke die Runde und schüttelte
immer noch sichtlich entgeistert den Kopf. „Merle ist wieder da.“
    „Und das ist sicher?“
    Funke nickte Frohloff zu. „Die
Kollegen von der Streife sind kurz vorbeigefahren und haben sich davon
überzeugt. Sie ist wieder zu Hause.“
    „Wo war sie?“
    Funke zuckte mit den Achseln. „Ist
nicht mehr unsere Sache.“ Er seufzte. „Obwohl ich schon nicht übel Lust hätte,
den Eltern mal kräftig den Kopf zu waschen, dass sie besser auf ihre Tochter
aufpassen. Ich meine, eine Vierzehnjährige, die über Nacht wegbleibt und
niemandem sagt, wo sie ist? Versteht mich nicht falsch, ich bin wirklich mehr
als erleichtert, dass das Mädchen wieder da ist. Aber sie hat uns im Fall Sina
wertvolle Zeit gekostet.“
    Frohloff verspürte auch ein Gefühl,
wenn er daran dachte, dass Merle unbeschadet aufgetaucht war, aber
Erleichterung war das nicht. Er war vielmehr enttäuscht, dass Siewers und er im
Grunde genommen fast den ganzen Tag für den Papierkorb gearbeitet hatten. Er
hätte nicht in ihrer Haut stecken mögen, wenn man ihm die Gelegenheit gegeben
hätte, sie in die Finger zu bekommen. Er konnte seine Enttäuschung nur schlecht
verbergen.
    „Dann gibt es also keine Verbindung
zwischen den beiden Fällen.“
    „Gott sei Dank nicht. Und das nimmt
uns natürlich den Druck. Wir sind die Verantwortung für das Mädchen los und
können uns ganz auf Sina Keller konzentrieren. Somit haben wir auch wieder mehr
Leute zur Verfügung, die die Nachbarschaft bei Herrn und Frau Keller abklappern
können. Wir haben ja immer noch keine Idee, wohin Sina gegangen ist, nachdem
ihre Schwester sie zu Hause zurückgelassen hat.“
    „Na toll, dann können wir unsere
Notizen wegschmeißen.“ Frohloff sah verstohlen auf die Uhr, was Funke nicht
entging.
    „Roman, wenn du jetzt lieber bei
deiner Frau sein möchtest, versteh ich das.“
    Frohloff winkte ab. Das kam für ihn
gar nicht in Frage. Johanna wusste schließlich, mit wem sie verheiratet war. Er
würde nie seine Arbeit vernachlässigen und sie hätte das auch nicht gewollt.
Außerdem ging es ihr gut und die Schwangerschaft war bislang ohne
Komplikationen verlaufen. Sie arbeitete immer noch voll und hatte aufsummiert
gerade mal eine Woche gefehlt und das auch nur, weil bestimmte Untersuchungen
anlagen, die eben nicht nach der Arbeit gelegt

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